Nachwuchs der SSG will in der Bundesliga für Furore sorgen

Den Blick auf das Ziel gerichtet, das Gewehr ruhig im Anschlag, stehen Alison Bollen, Anna und Franka Janshen auf der Trainingsanlage der SSG. Optisch ist kaum ein Unterschied zu der Bundesliga-Mannschaft des SSG zu erkennen, die sich im gleichen Moment auf den bevorstehenden Wettkampf am kommenden Wochenende in Kevelaer vorbereitet.
„Wir sind alle gut drauf, den Rest klären wir am Samstag“, zeigt sich Alexander Thomas von der ersten Mannschaft zuversichtlich, dass man sich mit Siegen über Rautheim und Gölzau für die Finalrunde qualifizieren wird. So etwas wollen auch die drei Nachwuchs-Schützinnen erleben, die jede für sich schon relativ früh mit dem Schießsport begonnen haben. „Meine Oma brachte mich auf die Idee“, sagt die heute 14-jährige Alison Bollen, die mit zehn Jahren zur SSG kam. „Ich wollte früher Polizistin werden, kannte hier einige von den Älteren.“
Für die junge Kevelaererin war das Schießen von vornherein „etwas Besonderes, vorher war ich nur am Lasergewehr.“ Zuvor hatte sie durchaus auch andere Sportarten ausgeübt – Reiten und Ballett. „Aber ich habe mich dann bewusst hierfür entschieden.“
Was sie an dem Sport reizt? „Dass man im Team und für sich schießen kann, dabei sich immer konzentrieren muss – das ist alles anders als in anderen Sportarten.“ Und es sei schön zu sehen, wie stolz Eltern und Trainer sind, wenn sich der Erfolg einstellt.
Die Wettenerin Anna Janshen fing 2010 mit dem Schießsport an an, „als mein Bruder Deutscher Meister wurde.“ Die ganze Familie insgesamt unterstützt diesen Sport. „Mein Vater schießt auch selber.“
Am Anfang habe ihr das Ganze nicht so gefallen, „aber dann bin ich häufiger mit der Schwester und dem Bruder mitgegangen“, und das Interesse blieb. „Hauptsächlich, dass man auf den Punkt konzen­triert sein muss“, das sei für sie die Herausforderung. „Und ich habe gemerkt, dass ich mich generell besser konzentrieren kann, seitdem ich schieße.“
Zwillingsschwester Franka Janshen fing zeitgleich mit ihrer Schwester Anna an, hörte zwischenzeitlich 2012 auf, weil sie damals noch Fußball spielte. Dann wurde sie wieder gefragt, die Leidenschaft flammte wieder auf.
„Beim Fußball konnte ich mich auslassen, da muss man sich auch irgendwie konzentrieren“, erklärt die 15-Jährige. „Aber beim Schießen kehrt man in sich.“ Und man schließe Freundschaften mit Schützinnen, die in anderen Mannschaften aktiv sind. Das sei irgendwie das Schönste, bestätigt ihre Schwester Anna. „Wir kommen dann nach den Wettbewerben alle zusammen.“
Die drei opfern viel Zeit für ihren Sport. „Die ganzen Turniere in München, Frankfurt, Hannover – da kommen schon mehrere tausend Kilometer zusammen“, unterstreicht Nicole Bollen, Alisons Mutter und SSG-Vorstandsmitglied. Die Schulen kämen einem da schon entgegen, sagen alle drei unisono – ob nun das Gymnasium wie bei Alison oder die Gaesdonck bei den Zwillingschwestern. „Das geht, solange die Noten nicht absinken“, meint Franka Janshen.
Angesichts dessen erscheint es naheliegend, dass alle drei den Sport nicht nur als Hobby betreiben wollen. „Nur mit Spaß kommt man nicht soweit“, unterstreicht Franka Janshen. Niederlagen, da sind sich alle einig, bringen einen in jedem Fall weiter. „Da denkt man schon drüber nach“, erinnert sich Franka an eine Situation bei den deutschen Meisterschaften 2016. „Der letzte Schuss war eine Neun, bei einer Zehn wären wir auf´s Treppchen gekommen. Da hab ich etwas geheult.“
Bislang sind solche Situationen aber tendenziell eher selten. Das Trio holte 2015 gemeinsam bei den Deutschen Meisterschaften Gold. Anna Janshen gewann 2015 und 2016 insgesamt drei Einzel-Silbermedailen und eine Einzel-Goldmedaille. Anna steht in der 2. Mannschaft des SSG in der Rheinlandliga als beste Mannschaftsschützin auf Position eins. „Wir haben da im Januar noch zwei Wettbewerbe und wollen in die Relegation für die zweite Liga“, formuliert die 15-Jährige das klare Ziel. Außerdem wird sie Ende Januar in München am EM-Sichtungsschießen teilnehmen – und vielleicht mit den Juniorinnen zur EM nach Slowenien im März fahren.
Ihre Zwillingsschwester Franka Janshen schießt in der dritten SSG-Ligamannschaft – Landesoberliga – an zweiter Stelle. Und Alison Bollen zeigt in der Landesoberliga auf Positon eins mit dem besten Ligaschnitt in der gesamten Liga ihre Treffsicherheit.
Beide wollen das Team in die Rheinlandliga führen, wo Bollen in der zweiten Mannschaft als Ersatzschützin hinter Anna Janshen auf Position zwei steht. Kleiner Wermutstropfen, falls das alles gelingt: 2017 dürften die beiden Schwestern schon in der zweiten Liga schießen, die ein Jahr jüngere Alison aber noch nicht.
Hilfreich ist, dass die drei auch privat ausserhalb der Schießanlage viel miteinander unternehmen. „Wenn man sich gut versteht, versteht jeder, wenn man mal nicht so gut ist“, unterstreicht Alison Bollen. Bei den Deutschen Meisterschaften 2017 will das Trio als Team wieder für Furore sorgen – und langfristig natürlich auch in der ersten Mannschaft.
„Da arbeiten sie drauf hin – man muss nicht nur den Moment sehen, sondern seine Technik weiterentwickeln mit dem Ziel Bundesliga“, sieht Coach Rudi Joosten bei allen drei Nachwuchsschützinnen das Potenzial. „Die sind richtig gut.“ Und die drei sind Vorbilder für die Jugend, die nachkommt.


Liveübertragung
Am kommenden Wochenende, 7. und 8. Januar 2017, kämpft das Bundesligateam der SSG in der Zweifachturnhalle auf der Hüls um den Einzug in die Finalrunde. Erstmals wird der Wettbewerb im Sportzentrum Kevelaer via Internet live übertragen. „Das ist totales Neuland, aber wir hoffen, dass das für den gesamten Schießsport greift“, glaubt SSG-Coach Rudi Joosten an einen Erfolg des Unterfangens. „Wir haben bei Olympia gesehen, wo da die Einschaltquoten liegen“, ist er zuversichtlich, dass das „kein einmaliges Experiment“ bleiben wird. „Andere Vereine sind daran interessiert, wir machen da nur den Anfang.“