Musikevent mit Abstand

Einige der Heimbewohner des Katharinenhauses in Winnekendonk standen mit den Rollstühlen auf dem abgesperrten Bereich vor der Pflegeeinrichtung. Diejenigen, die sich wegen Corona nicht trauten oder aus körperlichen Gründen nicht konnten, saßen an den Fenster und verfolgten das, was sich vor ihrer Haustür da abspielte.

Ein Mischpult und zwei Akustik-Boxen wiesen darauf hin, dass sich in der kommenden Stunde etwas Klangtechnisches abspielen würde. Und das Transparent an der Häuserwand war die eindeutige Erklärung: „Basta ist im / vorm Katharinenhaus… Herzlich willkommen.“

Tatsächlich stand das bundesweit seit Jahrzehnten bekannte a-cappella-Quintett – bestehend aus William Wahl, Arndt Schmöle, Werner Adelmann, René Overmann und Mirko Schelske – abseits der Wegfläche auf dem Hausrasen und wartete nur auf den Einstieg.

„Frau Püschel hat es möglich gemacht, die ist im Fanclub, der größte Fan dieser Band“, sagte Steffi Schleicher vom Hospizdienst als eine der begeisterten Zuschauer auf Abstand. „Ich finde das super. Das ist für die Bewohner so eine Aufregung und eine Möglichkeit, was außerhalb dieser ganzen Corona-Geschichte zu erleben. Ein richtiges Event.“

Vor dem ersten Ton ließ es sich die Leiterin des Sozialen Dienstes und bekennender „Basta“-Fan nicht nehmen, die Zuschauer und Künstler zu begrüßen. „Wir haben einige Projekte gemacht zum Thema ‚Basta‘“, bezog sie sich auf einen Film, eine Ausstellung, Konzertbesuche und die beiden Videos zu den Basta-Songs „Reggaeton im Altersheim“ und „Personal Trainer.“

Einige „Schauspieler“ aus dem Haus – darunter auch der „DJ“ und „Trainer“ Heinz Walters – verfolgten das Geschehen. „Und dann kam Corona – und dann war nichts mehr so schön. Aber heute bin ich ganz froh, dass Corona da ist – weil heute ist ‚Basta‘. Und die sollen heute für Spaß sorgen.“

Danach betraten William Wahl und Co. die „Freiluftbühne“. „Das ist ein sehr außergewöhnlicher Auftritt – zum einen, weil wir nicht wie die letzten 20 Jahre ‚Guten Abend‘ sagen dürfen und es Nachmittag ist. Und dazu kommen noch andere Dinge, die besonders sind. Wir freuen uns, hier zu sein.“ Dann stiegen die fünf Sänger mit „New-York-Rio-Gütersloh“ rhythmisch-schwungvoll in das Programm ein. Und Wahl bekannte: „Das ist eine Riesenüberraschung, keine Fehler zu machen. Wir haben uns acht Wochen nicht mehr gesehen, das ist das erste Lied seit Anfang März und es hat alles funktioniert – bis jetzt.“ Danach boten die Fünf ein kurzweilig-unterhaltsames Programm – von „Zu spät“ über das textlich-selbstironische „Laktosetolerant“, wo der Tontechniker während des Songs einmal Batterien wechseln musste.

René Overmann konnte bei der angedeuteten Tanzeinlage bedauerlicherweise sein Gleichgewicht nicht halten – was Band und Publikum mit Gelächter quittierten. Anschließend brillierte er als Hauptstimme bei „Wild thing“, legte zum Anheizen des Publikums eine wilde Laufrunde um die Hecke und entlang des Absperrbandes hin.
Wahl dankte am Ende des „offiziellen Teils“ für den Humor, den die Bewohner an den Tag gelegt hatten, um die Videos zu den beiden Songs zu drehen – deshalb auch der Auftritt, den die Gruppe ohne einen einzigen Cent Gage bestritt.

Mit „Reggaeton im Altersheim“ und den Zeilen „Scheiß auf den Schlaganfall, scheiß auf die Arthritis / Weil das hier so ein endgeiler Beat ist“ bedankten sie sich nochmal musikalisch. Damit war aber noch nicht Schluss, denn der Applaus des Publikums motivierte die Jungs. Mit ihrer Helikopter-Elternhilfe-Version des ABBA-Klassikers „Chiquitita“ („Schicke Kita“) und dem Grönemeyer-geknödelten Rosenberg-Song „Sie gehört zu mir“ sorgten sie für feuchte Augen und zuckende Füße.

Freiwillige Gage

Von Hausleiterin Sabine Vohwinkel, die gestand, die Band vor den ganzen Aktionen noch nicht gekannt zu haben („Aber ich bin ganz begeistert“), gab es zum Dank einen Umschlag mit einer kleinen, zusammen gesammelten „Gage“. Den gab William Wahl an den Totechniker Nicolai Plier weiter, der extra aus Hannover gekommen war – nicht ohne den unernst-humorvollen Hinweis: „Den bewahrst Du erst mal für uns auf.“

Zum Abschluss gab Werner Adelmann bei „Personal Trainer“ liegestützemachend nochmal alles, ehe er seine Freude über die Stunde zum Ausdruck brachte. „Das war eine tolle Sache, das machen wir gerne für das Katharinenhaus“, sagte der Sänger. „Das war eine Win-Win-Situation für alle – und für uns ein tolles Wiedererwachen. Denn wir haben ja gar keine Auftrittsmöglichkeit im Moment. Und das ist ja der Job, von dem wir leben.“