„Music meets Bio“

Dass in seinem Ziegenstall mal die Klänge von Fritz Kreislers „Schön Rosmarin“ erklingen, das hätte sich der Kervenheimer Bio-Bauer Bernd Verhoeven sicher auch nicht so ohne Weiteres träumen lassen – und das dazu noch mit einer klassischen Geige. „Ich bin heute als Musikerin auf einer besonderen Mission unterwegs – und zwar werde ich an einem außergewöhnlichen Ort Geige spielen und zu einem spannenden Thema ein Interview führen“, hatte zuvor Lea Brückner bei der Fahrt nach Kervendonk auf ihrem Video angekündigt. Für sie selbst sei es eine „interessante Erfahrung“ gewesen, als sie im Kervendonker Rouenhof erstmals vor Ziegen gespielt habe. „Ich habe noch nie im Ziegenstall gespielt, das macht man nicht so oft“, lacht die junge Musikerin, wenn sie über ihr Erlebnis dort berichtet.    

„Weil die da auch sehr gut gehalten werden, waren sie sehr entspannt. Ich hab erstmal leise angefangen. Sie waren neugierig und kamen auch alle, schnupperten an der Geige.“ Auch das anschließende Interview mit dem Bio-Bauern aus Kervendonk hat ihr neue Erkenntnisse gebracht: „Es war schön – und ein sehr interessantes Gespräch, wo ich, auch wenn ich mich da privat mit beschäftige, viele interessante Infos zur Nachhaltigkeit von Bernd Verhoeven bekam.“

Der Anlass für den Besuch der jungen Musikerin, die lange Jahre in Kevelaer gelebt und aktiv musiziert hat, bei Verhoeven und den Tieren vorbeizuschauen, war ihre neue Aktion „Music meets Bio“, die Lea Brückner spontan aus dem Hut gezaubert hat. 

Die Bühnen sind gesperrt

Sie habe sich dieses neue Online-Projekt überlegt, „weil für Künstler die Bühnen gesperrt sind“, sagt die Musikerin. „Sonst versuche ich ja auch, soziale Themen einzubinden“ in die eigene Kunst, erklärt die junge Frau – wie bei ihren Sommerkonzerten vor Altenheimen wie in Kevelaer oder den drei Schlosskonzerten im Herbst. 

So dachte sie sich, „es muss doch machbar sein, dass man trotz Abstand mit Musik was machen kann.“ Sie kam auf die Idee, Videos zu drehen, „wo ich zu den Höfen in der Region fahre, die biologische und nachhaltige Landwirtschaft betreiben, meine Geige mitnehme, vor Ort spiele und mit den Personen vor Ort Interviews mache.“ Lea Brückner rief spontan einfach mal ein paar Höfe an. „Die Resonanz ist total gut. Zwei Videos haben wir schon gemacht“, erzählt sie. 

Eines davon war beim „La´Bio“ in Straelen. „Bei Biokräutern dachte ich: wie oft benutze ich Kräuter? Man hat kaum noch ein Gericht mehr, dass man nicht mit Kräutern oder Gewürzen isst. Da ist mir klar geworden: Der Pflanzenbetrieb kann ein großer Umweltfaktor sein, mit dem ganzen Wässern zum Beispiel. Da habe ich sehr interessante Sachen erfahren.“ 

Und das zweite „Meeting“ machte sie am Rouenhof. Dort konnte „Bio-Bernd“ Verhoeven im Interview ausführlich Stellung nehmen zu seiner Motivation für die Tierhaltung, dem Ansatz des Kreislaufsystems, wo es durch die Tierhaltung keine Umweltbelastungen gibt, wie der Klimawandel den Futteranteil von Klee und Harz verringert und über Stechmücken neue Krankheiten für die Tiere hervorbringt. Lea Brückner durfte dort einen der drei Elektrotrecker zum Abschluss fahren, die Bio-Bernd mit seiner Photovoltaikanlage speist: „Die Fahrt war toll. Ich liebe sowieso solche handwerklichen, maschinellen Tätigkeiten. Und man hat wirklich nichts gehört von dem Motor, wenn man anfährt. Da gibt es überhaupt kein Geräusch, dadurch dass er elek­trisch fährt.“

Eine ganze Weide für die Schweine

Am vergangenen Wochenende besuchte sie den Biolandhof Frohnenbruch in Kamp-Lintfort. „Da gibt es Schweinehaltung und die Hähne – also einen Hof, wo auch die männlichen Küken aufgezogen und nicht geschlachtet werden. Und bei der Schweinehaltung gehen sie über die Biorichtlinie hinaus. Die haben neben dem Stall eine ganze Weide für die Schweine.“ 

Nächste Woche soll ein Betrieb in Schermbeck drankommen, der einen Lieferservice mit Produkten vom Niederrhein anbietet. Nach Möglichkeit möchte sie in der nächsten Zeit pro Woche mindestens ein Video produzieren. „Die Videos sollen dabei immer so zwischen sechs und 15 Minuten lang sein.“ Der Kervendonker Clip dauert sieben Minuten, der Straelener 13.

Zukunftsfragen

Ihre Mutter fungiert dabei als ,provisorische Kamerafrau‘, „die wegen Corona als einzige Person aus meinem Haushalt dabei ist. Man will sich ja auch an die Regeln halten.“ Bei den Interviews sei ihr wichtig herauszuarbeiten, „was ist wichtig an Bio. Warum ist es wichtig für die Umwelt, für den Konsum.“ Denn auch nach Corona, „wenn es normaler wird“, seien Fragen wie „was wann wie konsumiert wird und woher alles kommt“, in Zukunft weiter wichtig. 

… und im Kräutergewächshaus in Straelen.

Es gehe nicht darum, selbst im Gespräch zu bleiben, sondern den Fokus auf die noch neben Corona existierenden Themen zu lenken. „Corona heißt nicht, dass es nicht auch noch Tierleid, den Klimawandel und den CO2-Ausstoß gibt. Die bleiben nicht stehen, aber sind ein Jahr auf der Strecke geblieben.“ Und es genüge nicht, „wenn der World Wildlife Fund aktuell berichtet, dass ein Drittel aller Pflanzen und Tiere auf der Welt um das Überleben kämpfen, alle nur mal kurz sagen, wie schlimm das ist – und dann geht alles so weiter.“ 

Man könne überall eine Plattform finden, um über Videos oder wenn man bei sich selbst anfange, Menschen zu beeinflussen. „Dann wäre der Entwicklung mit Umwelt und Klima am besten geholfen.“ Nicht nur bei Corona heiße es: „Wir sitzen alle im gleichen Boot.“ Diese Grundhaltung würde sie sich auch beim Thema Klimawandel wünschen.

Neben „Music meets Bio“ hat Lea Brückner aber noch weitere Themenfelder im Blick, die sie noch in den öffentlichen Fokus rücken will. Als „UN-Women“-Mitglied soll es um Gleichstellung gehen. Sie denke auch daran, „mit Wissenschaftlern eine Reihe zu machen, wo es um Klima und Umwelt geht, dazu Institute, die mit dem Land zusammenarbeiten, einzubinden.“ Und als Idee für eine Video-Fortsetzung schwebt ihr das Thema „Kosmetikbranche und Tierversuche“ vor. „Da lasse ich mir was Spannendes einfallen. Da wird noch mehr kommen“, verspricht sie.