Rückkehr zur Wehrpflicht, ein allgemeines Pflichtjahr oder einfach alles so lassen, wie es ist? Im politischen Sommerloch wurde diese Debatte neu entfacht und hat auch Kevelaer erreicht. Außerdem wurde dabei die Frage aufgegriffen, wie man den Mangel an Mitarbeitern im Pflegedienst entschärfen könne. Neben einer Befragung von Jugendlichen, wie sie dazu stehen, erkundigte sich das Kevelaerer Blatt auch bei Einrichtungen, die heute vom Freiwilligen Sozialen Jahr profitieren, was sie von einem allgemeinen Pflichtdienst halten.

Leona Minor Foto: JvdH

„Ich fände ein Pflichtjahr für alle eine gute Idee. Alle würden dann einmal etwas Gemeinnütziges machen. Mir wäre es wichtig, dass es eine große Auswahl an Stellen gibt, weil man dann in einem Bereich arbeiten könnte, den man gerne mag, und seine Fähigkeiten einsetzen kann.“
Leona Minor (15) aus Kevelaer

Dominic Hieckmann Foto: JvdH

„Es wäre eine gute Möglichkeit, um in einen Beruf einsteigen zu können. In dem Jahr lernt einen der Arbeitgeber kennen und sieht, was man kann. Er gibt einem dann vielleicht eher die Möglichkeit, eine Ausbildung dort zu machen. Für mich fände ich es klasse, ein Pflichtjahr machen zu können.“
Dominic Hieckmann (20) aus Kevelaer

Timo Maier Foto: JvdH

„So ein Jahr würde vielen beim Start ins Berufsleben helfen, sie könnten Erfahrungen sammeln. Außerdem könnten sie dort lernen etwas weiterzuführen, was sie angefangen haben, ich meine damit Pflichtbewusstsein. Ich denke, es wäre auf jeden Fall keine verlorene Zeit.“
Timo Maier (20) aus Isselburg

Kevin van Besel Foto: JvdH

„Ich habe von der Schule aus in einer Alteneinrichtung gearbeitet und fand es eine sinnvolle Erfahrung. Zur beruflichen Orientierung fände ich ein Pflichtjahr gut. Selbst wenn man dann dort nicht seine berufliche Zukunft sieht, hat man eine sinnvolle Bedenkzeit gehabt.“
Kevin van Besel (18) aus Kevelaer

Virginia Metzen Foto: JvdH

„Ein Pflichtjahr fände ich gut, dann würden manche auf den richtigen Weg gebracht und würden arbeiten lernen. Ich würde in einen Kindergarten oder in die Grundschule gehen, um in einen anderen Bereich hineinzusehen, denn ich möchte dann Krankenschwester werden und in einem Hospiz arbeiten.“
Virginia Mertzen (16) aus Goch

Ulrich Schneider, Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, will keinen Pflichtdienst für junge Erwachsene. Er sei sich sicher, „dass wir keine Menschen brauchen, die wirklich keinen Bock darauf und keine soziale Ader haben“. Was gebraucht werde, so meint er, seien Menschen, die wirklich Lust haben und ihre Erfahrungen sammeln wollen. Mit einem Pflichtdienst den Pflegenotstand zu beheben, hält er für nicht machbar, denn es würde nichts nutzen, wenn 700 000 junge Menschen verpflichtet würden und die Hälfte wäre mit ihren Fähigkeiten dort deplatziert. Noch mehr Freiwillige als die bisher bereits 100 000, die in Altenheimen und anderen Pflegeeinrichtungen ihre Arbeit tun, würden gebraucht. Denen müsse es so viel Spaß machen, dass sie sich anschließend entscheiden, eine Ausbildung in der Pflege oder als Erzieher zu beginnen. Der Freiwilligendienst müsse gestärkt und attraktiver werden, dann würde sich mittelfristig der Notstand in den sozialen Berufen beheben.
Den Forderungen nach einer Wiedereinführung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht widerspricht die Bundesregierung. In der Bundespressekonferenz sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer: „Die Widerrufung der Aussetzung der Wehrpflicht steht überhaupt nicht an. Es handelt sich bei den Gedanken um eine parteipolitische Debatte, die ganz am Anfang steht.“ Auch das Verteidigungsministerium stellte fest: „Es geht nicht um eine Rückkehr zur Wehrpflicht. Ministerin Ursula von der Leyen begrüßt aber die aktuelle Diskussion über eine allgemeine Dienstpflicht als sehr hilfreiche und gute Debatte.“ Das Innenministerium räumte verfassungsrechtliche Bedenken für eine erneute allgemeine Dienstpflicht oder einen Pflichtdienst ein.
Silvia Albat, Direktorin des St.-Elisabeth-Stifts, ist der Meinung, dass ein Pflichtjahr zur Persönlichkeitsbildung von Jugendlichen durchaus positiv zu bewerten sei. „Wir würden niemanden zur Pflege von unseren Bewohnern heranziehen, der Angst vor dem Umgang mit Menschen hat, aber im allgemeinen technischen Dienst, zur Pflege der Anlage oder Einkaufsfahrten wären diese Personen auch geeignet und würden so etwas für die Allgemeinheit leisten. Die Jugendlichen, die momentan ein Freiwilliges Soziales Jahr ableisten, sind überwiegend in der Einzelbetreuung eingesetzt, gehen mit den Bewohnern spazieren oder bieten ein Animationsprogramm an, damit wir für die anderen Bewohner mehr Zeit haben.“
Der Geschäftsführer und Sprecher der Katholischen Karl-Leisner-Trägergesellschaft Bernd Ebbers, der auch für das Marienhospital verantwortlich zeichnet, hält die Frage für eine politische Diskussion, an der sich seine Gesellschaft nicht beteiligen möchte. Er beschrieb in einer Stellungnahme die Probleme mit dem früheren Zivildienst, der immer kürzer wurde und am Ende nur noch neun Monate betrug. Hierdurch seien die Kräfte, mit denen die Einrichtungen grundsätzlich positive Erfahrungen gemacht hätten, dann bereits wieder gegangen, wenn sie gerade eingearbeitet gewesen waren. Mit dem momentanen Freiwilligen Sozialen Jahr mache man positive Erfahrungen, da auf diesem Weg junge Menschen in der Pflege Erfahrungen sammeln könnten und dies dann oft ein Sprungbrett für eine Ausbildung sei