Mehr als eine Institution

Es schien an diesem Tag, als nähme es mit den Wellen an Besuchern, die Gertrud Aengenheyster in ihrem Buchladen anlässlich des 40-jährigen Bestehens gratulieren und dort einkaufen wollten, kein Ende. Die herumwuselnde, agile Inhaberin störte das aber wenig. Sie nahm die zahlreichen Blumensträuße entgegen, schüttelte viele Hände, begrüßte alte Stammkunden persönlich und ließ zur Feier des Tages Sekt und kleine Häppchen an den Mann und die Frau bringen. Zwischendurch gab‘s Live-Musik von „ZweiPunkt“ – und bei den Kindern sorgte der „Grüffelo“ für die angemessene Aufmerksamkeit.

Lesen, das habe sie schon als Kind fasziniert, erzählte Aengenheyster. „Damals durfte man nicht stören, wenn ich unter der Decke mit der Taschenlampe las, da war was los.“ Viel zu lesen gab es in ihrer Kindheit nicht. „Ich weiß, dass ich mit Pippi Langstrumpf mit acht Jahren angefangen habe“, erinnerte sie sich. Seitdem hat sie aber das „Gefühl für schöne Bücher“ nicht mehr losgelassen. In Kevelaer machte sie ihre Ausbildung zur Buchhändlerin, war in Düsseldorf und Krefeld angestellt, ehe sie in die alte Heimat zurückkehrte und selbstständig wurde.

Kleingeld, viele Blumen und wenig Bücher

Es war der 17. November 1979, als Gertrud Aengenheyster dann mit 25 Jahren am Kapellenplatz 25 auf bescheidenen 36 Quadratmetern den Sprung wagte. Mehrere Pappfotowände zeugen von der Atmosphäre und der Anmutung der damaligen Zeit. „Ich habe da mit Kleingeld, viel Blumen und wenig Büchern angefangen“, musste die Ladeninhaberin bei dem Gedanken schmunzeln. „Eine Holländerin wollte bei mir sogar einen Blumenstrauß kaufen, weil so wenig Bücher damals da waren, und sie dachte, es ist ein Blumenladen.“

Nach und nach erschloss sie sich die Kunden, erarbeitete sich ein gutes Standing. 1989 erfolgte dann der Umzug ins elterliche Haus auf der Hauptstraße 50 und die Weiterentwicklung zur „Bücherstube im Centrum“ mit 180 Quadratmetern. Ein Jahr später erhielt sie den Marketingpreis der Stadt Kevelaer.

In den 40 Jahren hat sie zahlreiche Autoren – von Rafik Schami bis Cornelia Funke – zur Lesung in ihrem Buchladen begrüßen dürfen und lokalen Autoren, Organisationen und Künstlern die Tore geöffnet. Und sie hat vor allem viele Kunden gewonnen, „die heute Freunde geworden sind“, wie sie persönlich sagt. „Ich kenne Gertrud fast, seitdem ich denken kann. Und seitdem ich lesen kann, kaufe ich hier Bücher. Das ist alles vertraut, man wird gut beraten und schnell beliefert“, stand der Satz des Schravelners Max Schreiner stellvertretend für viele Stammkunden, die an diesem Tag ihre Aufwartung machten. „Wir gehen auch gerne und seit Jahren hierhin“, kam sogar Bürgermeister Dominik Pichler mit seiner Familie kurz auf einen Sprung vorbei.

Die Wünsche der Kunden

Mit ihren Mitarbeiterinnen Biggi Marquardt und Lisa Havrylyschyn kam Aengenheyster auch an diesem Tag den Wünschen der Kunden nach. „Sie schafft, dass im größten Chaos alles gut wird“, beschrieb Havrylyschyn die hervorstechende Eigenschaft ihrer Chefin.

Ans Aufhören daran denkt Gertrud Aengenheyster mit 70 noch lange nicht – dafür macht ihr der Job erkennbar viel zu viel Spaß. „Wenn ich gesund bin, ist es mir egal, wie lange es noch geht“, machte sie unmissverständlich klar. „Und wenn ich im Lotto gewinne, dann werde ich nur noch Bücher verkaufen, die ich mag.“