Martin Luther King steht Kopf

Es war eine bunte, wenn auch im Vergleich zum vergangenen Jahr etwas übersichtlichere Gruppe an Menschen, die sich am Sonntagnachmittag im Marienpark zur fünften „interreligiösen Wallfahrt“ versammelte. Etwas mehr als Hundert Menschen waren zusammengekommen, um auf Einladung von Elke Kleuren-Schryvers von der „Aktion pro Humanität“ für den Frieden zu beten.
Auch Klarissenschwestern hatten den Weg zum gemeinsamen Innehalten unter dem Motto „Friede sei in Euren Mauern – Geborgenheit in Deinen Häusern“ gefunden. „Es ist ganz wichtig, dass wir auch globaler denken. Wir sind alle Geschöpfe Gottes und sind aufgerufen, uns gemeinsam auf den Weg zu machen, um den Frieden wiederherzustellen“, machte Schwester Marlies deutlich.
„Dass alle Religionen in Frieden leben“, war auch der Wunsch des eines Lehrers, der mit seiner Frau vor einem Jahr aus der Türkei nach Bedburg-Hau geflüchtet war und gemeinsam mit ihr und dem Ausländer-Initiativkreis der Stadt zur Wallfahrt erschien.
Den Themenkreis hatte Kleuren-Schryvers im Vorfeld der Wallfahrt schon hervorgehoben: „Wie mit Flüchtlingen in Europa umgegangen wird, die hier ja nur ihr Leben und das ihrer Familien leben wollen – und wie wir vermeiden, dass Menschen zu Flüchtlingen werden.“
Vor der eigentlichen Prozession bat Michael Rubinstein vom jüdischen Landesverband Nordrhein die Anwesenden, die verschiedenfarbigen Zettel auszufüllen, die verteilt wurden. Auf diesen Zetteln standen Leitgedanken der diversen Religionen. Diese sollten mit eigenen Gedanken ergänzt werden.
Wallfahrtsrektor Gregor Kauling bezeichnete die „interreligiöse Wallfahrt“ als „wunderbaren Impuls, zurückgehend auf Rupert Neudeck“, den verstorbenen Begründer der Hilfsorganisation „Cap Anamur“. Dessen Geist sei „mit uns hier“, unterstrich der Erzbischof des Niger, Laurent Lompo. Es sei „wichtig, dass alle Religionen die Hände zusammen einschlagen, dass Gott ein Gott der Einheit ist.“ Im Niger lebten nur 1,5 Prozent Christen, die unter anderem in einer interreligiösen Gruppe hart dafür arbeiten, dass Frieden in dem Land herrscht, in dem Dschihadisten immer wieder für Tote sorgen.
Deutlich wurde, wie sehr die Geistlichen aller Religionen die aktuelle Weltlage umtrieb. „Wir spüren immer mehr, dass Nationalismen und Egoismen die Welt in einer Weise auseinander treiben, die wir so lange nicht mehr kannten“, sagte Kauling in seinem Grußwort. Umso wichtiger sei es, sich als Mensch zu begegnen, „egal welche Rasse, Religion oder Nationalität uns voneinander trennt.“
Die evangelische Pastorin Karin Dembek meinte später, dass ihr Angst mache, dass der Traum Martin Luther Kings, dass alle Menschen gleich miteinander leben können, umgekehrt scheine.
Vom Marienpark aus zogen die Menschen los, sangen beim Gang durch die Hauptstraße „Hevenu shalom alejchem“. Sie trugen Schilder wie „Juden, Christen, Muslime – guter Wille verbindet“ und hielten an den Stufen der Basilika. Dort empfing sie der Familienchor mit dem Lied „Come let us sing“.
Was Menschen an Gutem tun können, um in den Himmel zu kommen, darum gehe es, unterstrich der Dialog- und Kirchenbeauftragte des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Ahmad Aweimer.
Das diesjährige Motto könne nicht besser gewählt sein, verwies Michael Rubinstein auf ein Zitat Salomon Korns: „Wer ein Haus baut, will bleiben.“ Viele Juden zweifelten, ob Deutschland noch ihr Zuhause sei. „Ja, es ist Zuhause, aber das funktioniert nicht von allein.“ Er dankte deshalb allen, dass sie immer wieder kommen und diesen Gedanken damit stützen.
Der Pfarrer der evangelisch-freiheitlichen Kirche, David Burau, unterstrich, wie wichtig allein schon der gemeinsame Weg zum Kapellenplatz sei. „Frieden und Geborgenheit gibt es nur, wenn wir nicht aneinander vorbeigehen.“ In dem Sinne war auch die Idee zu verstehen, dass sich die Anwesenden vor Ort untereinander begrüßten und vorstellten.
Zum Abschluss führte der Weg an die Friedensstele nahe dem Forum Pax Christi. Dort trugen die Gläubigen ihre Gedanken auf den eingangs ausgeteilten Zetteln vor: „Keine Atomwaffen mehr“, „Offenheit gegenüber allen Menschen“, „Freiheit für allen Muslime“ oder „Türen öffnen, wo Kevelaer ein sicherer Hafen geworden ist“.