Maria hat den Mantel ausgebreitet

Ein Ereignis von Seltenheitswert: die Marientracht. Das Gnadenbild der Consolatrix Afflictorum wurde nur wenige Male durch die Wallfahrtsstadt getragen: zum 200-Jahre-Jubiläum 1842, am Tag seiner Krönung 1892, nach dem II. Weltkrieg im Jahr 1951 und zum 350-jährigen Jubiläum 1992. Jetzt, am 3. Juni 2017, war es wieder so weit: Pastor Rolf Lohmann lud ein, das 375-jährige Bestehen der Wallfahrt in gebührender Ehre zu feiern.
Schon am Abend vor der Marientracht war das 7,5 mal 11 Zentimeter große Bild aus seinem Schrein in der Gnadenkapelle herausgenommen und in einen Trageschrein eingesetzt worden. In einer Ansprache erinnerte Pastor Lohmann daran, dass die Menschen zur Entstehungszeit der Wallfahrt bettelarm waren. Viele waren auch im Dreißigjährigen Krieg gestorben. In dieser Zeit der Not flüchteten die Menschen zu diesem kleinen Bild auf Augenhöhe und fanden Schutz, Liebe und Geborgenheit. Auch heute sei Maria als Trösterin der Betrübten für alle da: „Jeder hat hier seinen Platz, alle sind hier willkommen!“, sagte er.
In festlicher Prozession wurde das Bild anschließend nach St. Antonius gebracht. Pastor Andreas Poorten begrüßte die Teilnehmer und das reich mit Blumen geschmückte Gnadenbild und betete zu Maria: „Deine Macht ist die Güte, das Dienen. Lehre uns, unsere Verantwortung in der Welt zu leben. Du trägst Christus auf den Armen, das segnende Kind. So bist du, den Segnenden tragend, selbst zum Segen geworden.“
Während der ganzen Nacht blieb das Gnadenbild in der St.-Antonius-Kirche, wo die Bruderschaft der Consolatrix Afflictorum Wache hielt. Zu Beginn sang der Luxemburger Domchor. Die ganze Nacht hindurch kamen und gingen Beter.
Am folgenden Morgen wurde das Gnadenbild zum Kapellenplatz getragen, wo Kardinal Karl-Josef Rauber, päpstlicher Legat und ehemaliger apostolischer Nuntius in Belgien und Luxemburg, das festliche Pontifikalamt leitete. Weltliche Ehrengäste waren Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks, Landrat Wolfgang Spreen und Bürgermeister Dr. Pichler. In seiner Predigt erinnerte der Kardinal an die Unruhen und Konflikte der heutigen Zeit und empfahl, sich an Maria zu wenden und sie um ihren Schutz, ihre Fürsprache und Hilfe anzuflehen. Schließlich heiße es in einem Kirchenlied: „Dass Maria eine Bitte nicht gewährt, ist unerhört, unerhört in Ewigkeit.“ Die musikalische Gestaltung des Festgottesdienstes unter Leitung von Chordirektor Romano Giefer wurde mit großem Lob bedacht. Ein Teilnehmer sagte: „Der Chor und das Orchester waren wirklich großartig. Ich hatte Gänsehaut ohne Ende.“
Vier Blaskapellen, der Kardinal, der Apostolische Nuntius Dr. Nicola Eterovic und 18 Bischöfe, darunter auch Weihbischof Stefan Zekorn und Erzbischof Laurent Lompo, etwa 60 Geistliche und mehr als 100 Messdiener machten sich dann auf zur Prozession durch die Stadt. Die 31 Brudermeister der Consolatrix Afflictorum gaben mit ihren Stäben den Gebets­takt vor. Die Marientracht kam vorbei an festlich mit Fahnen und Blumen oder kleinen Hausaltären geschmückten Straßen. Viele Menschen säumten den Weg des Gnadenbildes. „Herzlich willkommen, Mutter Maria“, so die Botschaft eines Schildes.
Die internationale Dimension Kevelaers wurde deutlich durch die im Pontifikalamt vorgetragenen Fürbitten in Deutsch, Niederländisch, Englisch, Französisch, Polnisch, Luxemburgisch und Kävels Platt sowie durch die Teilnahme von Pilgergruppen aus Luxemburg und Scherpenheuvel. Aus Altötting war Bürgermeister Herbert Hofauer anwesend. Viele Niederländer waren gekommen, farbenfroh gekleidete Frauen aus Afrika und sogar aus Australien war eine kleine Gruppe angereist. Die Freude und weltweite Strahlkraft des katholischen Glaubens kam an diesem Tag zum Ausdruck.
Petrus spielte bis zum ende der Prozession mit
Obwohl der Wetterbericht für diesen Tag schlecht war, konnte das Pontifikalamt unter blauem Himmel stattfinden und die Prozession blieb genau bis zum Ende trocken. Erst nachdem die Prozession wieder am Kapellenplatz ankam und der Chor „Segne du, Maria“ sang, kam starker Platzregen und viel Wind auf. Das Gnadenbild wurde schnell in der Gnadenkapelle in Sicherheit gebracht und die Teilnehmer flüchteten sich in die Marienbasilika, wo noch Grußworte erfolgten und das Kevelaerer Heimatlied „Wor hör ek t’hüß“ angestimmt wurde.
Schon bei der Marientracht 1992 hatte das Wetter genau bis zum Ende der Prozession gehalten. Die Gottesmutter hat wohl einmal mehr ihren Mantel ausgebreitet.