„Manchmal ist es federleicht“

Dass Christine Westermann über Gelassenheit und Humor verfügt, erwies sich gleich zu Beginn, nachdem sie gemeinsam mit Pfarrerin Karin Dembek die Kirche mit ihren rund 200 Besuchern betreten, über das Altern geplaudert und sich als Kirchenfan geoutet hatte.
Als sich herausstellte, dass sich mit Hocker an dem Vortragspult so schlecht lesen lässt, wartete sie geduldig auf den Stehtisch („Ich gehe erst morgen zur Physiotherapie“) und bat zur Erheiterung des Publikums für das Mikrofon um ein Bibelexemplar und ein Gesangbuch. „Wenn schon Kirche, dann richtig“, meinte sie.
Was dann folgte, war eine 65-minütige Lesung aus ihrem Buch „Manchmal ist es federleicht“ , das sich mal kurzweilig, mal ernst den sehr unterschiedlichen Formen des Abschiedes widmete. „Ich kann Ihnen nicht sagen, wie das geht. Aber ich habe meine Abschiede hier beschrieben – in der Hoffnung, dass sie etwas davon für sich mitnehmen“, machte Westermann zum Einstieg klar. Das Werk habe sie bewusst ihrem Vater gewidmet, der Grundlage des ersten „Abschieds“ war. Er war schon zu Nazizeiten im Zuchthaus gelandet.
Später konnte er auch seine Abneigung gegen den Sozialismus nicht verbergen und war im März 1953 mit einer schmalen Mappe – dem Tagebuch des Vaters – von Ost-Berlin in den Westen geflohen. „Er hat immer neu anfangen müssen.“ Und so musste ein paar Tage später auch die Familie fliehen – inklusive der kleinen Christine und „meiner Puppe Gisela“.
Möglicherweise daraus entsprang im Laufe ihres Lebens das „unerwartete Talent zum Loslassen“, wie sie es bezeichnete. Westermann verband diesen Gedanken mit der eher federleichten „Flucht in ein anderes Leben“, dem zehnjährigen Leben in den USA, bis zum „einzigen“ Umzug von San Francisco nach Köln. Der Abschied sei ihr aber „nicht schwergefallen.“
Danach streifte Westermann den Abschied von der Schönheit, zitierte die Schauspielerin Ida Ehre. „Wenn ich manchmal in den Spiegel gucke, wundere ich mich, wie jung ich bin.“ Westermann berichtete über das Fithalten mit Yoga und ertappte sich für einen Moment selbst, wie sie sich im Erzählen verlor. „Sie merken, ich bin eine Plaudertasche“.
Die Journalistin sprach über den „Abschied“ von Mustern und Vorsätzen. Das Thema „Abschied vom Leben“ beschrieb sie humorvoll und ernst. Zum einen erzählte sie von einem Freund, der als Bestatter arbeitet und den sie einen Tag lang begleitete. Dort stellte sie fest , dass der häufig „Veronika, der Lenz ist da“ zu Beerdigungen spielen darf und er niemals in Urlaub fährt, weil „meine Kundschaft noch herumläuft.“
Der „ernste“ Abschied war der von ihrer am Tumor verstorbenen Freundin Anne, die sich „nicht an das Leben klammerte“. Westermann zitierte dazu Dietrich Bonhoeffer mit den Worten „Es gibt nichts, was uns die Abwesenheit eines uns lieben Menschen ersetzen kann (..) Man muss es einfach aushalten und durchhalten. (..) Je schöner und voller die Erinnerungen, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude.“
Am Ende stand natürlich auch noch der Abschied von „Zimmer frei“, der für sie nicht so dramatisch war wie für viele ihrer Fans, auch wenn sie „auf den letzten Metern“ dann doch bewegt geweint habe. „Leute, es war nur Fernsehen und keine Operation am offenen Herzen.“ Westermann äußerte ihre Dankbarkeit, „meinen Beruf so zu leben und zu lieben.“
Bis heute bekomme sie als Würdigung ihrer 20 „Zimmer frei“-Jahre vom Metzger „eine Rindfleischwurst extra“. So gesehen sei alles richtig gewesen, zitierte sie ihren kongenialen Partner Götz Alsmann mit den Worten: „Es ist besser wie ein König zu gehen, als wie ein Köter vom Hof gejagt zu werden.“