Leidenschaft für die Bohne

Wer nach einem Gespräch mit Angelo Carbone immer noch kein überzeugter Kaffeetrinker ist, ist entweder in seiner Liebe zum englischen Breakfast- und Fünf-Uhr-Tee besonders glaubensstark oder ein konsequenter Verweigerer derartiger Genüsse. Die Begeisterung für seine Profession sprudelt aus dem gebürtigen Neapolitaner jedenfalls nur so heraus und man kann sich ihr wirklich nur schwer entziehen. Kürzer als es Angelo Carbone selbst tut, ist es auch kaum zusammenfassen: „Das sind irgendwie meine Wurzeln: Ein Italiener in Deutschland und Kaffee ist immer ein gutes Thema.“
Nunmehr 30 Jahre ist Carbone im Kaffeegeschäft tätig, nachdem er zunächst als Chefeinkäufer im Lebensmittelgroßhandel im Grunde fest im Sattel saß. Das Aufgabenumfeld stimmte, das Einkommen auch, aber wie er selbst sagt: „Es lief zu gut und wurde langweilig“. Da war der Schritt in die Selbstständigkeit logische Konsequenz.
Angefangen hat er mit dem Vertrieb von Kaffees an Großkunden, später kamen Kaffeemaschinen und jüngst auch Kaffeeröster hinzu. Was Letztere angeht, so verspürt man bei ihm einen besonderen Stolz, besetzt er mit seinen Showröstern doch eine Marktnische. Kundschaft für diese inzwischen immer häufiger in der Gastronomie und in Kaffeegeschäften zu findenden Röstmaschinen für Kleinmengen hat er in ganz Europa. Aber nicht nur die Maschine als solche zählt zu seiner Angebotspalette, sondern es ist das Gesamtpaket „All about coffee“, das alles zu einer stimmigen Sache macht, gewissermaßen die Einheit aus Hard- und Software – aus Maschine und Knowhow.
Eine eigene Plantage
Alles in eine stimmige Geschichte zu betten, ist für Angelo Carbone wichtig – man könnte es auch genetisch verankertes Verkaufstalent nennen. Und so stellte er sich irgendwann auch die Frage nach den eigentlichen Wurzeln seines Geschäftes: „Wo kommt denn Kaffee eigentlich her? Was steckt dahinter? Wieviel Arbeit ist das? Wer macht das? Wie sind die Strukturen?“ So etwas ist bekanntlich immer ein längerer gedanklicher Prozess, der für Carbone schließlich in dem Wunsch mündete, eine eigene Kaffeeplantage zu erwerben.
Erste Versuche dazu in Kuba scheiterten an postsozialistischen Strukturen oder besser gesagt an der Abwesenheit derselben. In der Dominikanischen Republik schließlich waren seine Bemühungen erfolgreich und gemeinsam mit zehn weiteren Teilhabern konnte er vor acht Jahren eine elf Hektar große Kaffeeplantage käuflich erwerben – die „Finca Fuente Vieja“
Eines stellt Angelo Carbone gleich klar: Um Rendite und Profitmaximierung geht es ihm bei diesem Projekt nicht und diese Denkweise war auch Bedingung für alle anderen Teilhaber, um miteinsteigen zu können. Der qualitativ sehr hochwertige Kaffee wächst auf Höhen um 800 Meter in der für die Tropen so typischen üppigen Vegetation. Die „lichtscheuen“ Kaffeepflanzen werden von Bananenpflanzen wie auch von Avocado- und Kakaobäumen beschattet. Ein Verwalter und sechs bis sieben Arbeiter kümmern sich im Jahreslauf um die Pflege der Plantage. Momentan befindet sich der durch eine Krankheit geschädigte Pflanzenbestand im Wiederaufbau, aber es wird auch schon geerntet. Perspektivisch ist es für Angelo Carbone und seine Miteigentümer natürlich das Ziel, den geernteten Kaffee auch hier verbrauchsfertig anzubieten und damit die gesamte Produktionskette unter Kontrolle zu haben. Maximale Qualität, Nachhaltigkeit im Anbau und menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Plantagenarbeiter sind dabei die drei tragenden Säulen.
Letzteres liegt Carbone besonders am Herzen, was in einem Schwellenland wie der Dominikanischen Republik keine Selbstverständlichkeit ist. So sind die Arbeiter auf der „Finca Fuente Vieja“ kranken- und rentenversichert und erhalten eine gute Bezahlung. Und Geld ist viel wert, aber die sprichwörtliche „Hilfe zur Selbsthilfe“ meist wertvoller. Daher sind auch Kunden von Carbones Marke „Macafe“ mit im Boot und unterstützen das Projekt durch Spenden für Werkzeuge, die Sanierung des Verwalterhauses oder aber mit Geld für den Kauf von zwei Mulis als Arbeitstiere für die Farm. Der Kevelaerer Karl-Heinz Hornbergs („Alt Derp“) zählt auch zu diesen Kunden.
Infrastruktur sanieren

Doch wo soll die Reise hingehen? An Ideen mangelt es Angelo Carbone nicht und so sprudelt es weiter fröhlich aus ihm heraus. Nächster Schritt wird wohl der Bau einer Betonplatte sein, um den Kaffee vor Ort trocknen zu können. Auch soll die Farm weiter ausgebaut werden, um Kunden und Interessenten vor Ort das „Erlebnis Kaffeeplantage“ präsentieren zu können. Doch auch die Sanierung der Infrastruktur und der örtlichen Schule soll weitergehen, um die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern, ohne das gewachsene soziale Gefüge zu zerstören.
Das klingt alles schön weihnachtlich – bleibt nur noch als Wunsch, vielleicht in ein paar Jahren hier in Kevelaer den Duft frischen Kaffees aus der „Finca Fuente Vieja“ in der Nase zu haben.