Kunstsalon auf Schloss Wissen

In den 1920er-Jahren galt ein Kunstsalon als Treffpunkt für Künstler, Wissenschaftler, Ökonomen und Politiker. In Begegnung und Austausch wurde hier zur Industrialisierung und der Schnelllebigkeit, die auch damals bereits herrschte, ein Kontrapunkt gesetzt. Die Künstlerin Bettina Hachmann griff am vergangenen Wochenende mit dem 2. Kunstsalon auf Schloss Wissen diesen Gedanken auf und lud Interessierte hierzu in ihr Atelier ein.
„Ich möchte den Gedanken des Kunstsalon der 20er-Jahre aufnehmen und einen Ort schaffen, an dem die Zeit für einen Moment langsamer vergeht; an dem es Neues zu entdecken gibt; an dem Spuren von gelebtem Leben erzählen; an dem gefragt, diskutiert, gezweifelt, gesucht und gefunden werden darf; an dem das Alte wertgeschätzt wird und die Offenheit für Neues zählt; an dem die Schönheit des Unvollkommenen einen Platz hat; an dem sich vieles lebendig entwickeln kann, und von dem auch ich mich immer wieder selber inspirieren lasse“, so Hachmann.
Der Kunstsalon als Privatinitiative zur Förderung von Kunst und Kultur hat das Ziel, Künste erlebbar zu machen und ihre Bedeutung sowie die Notwendigkeit ihrer Förderung zu vermitteln. Er soll in wertschätzender Zuwendung, in Begegnung und Kommunikation, als niederschwelliges Angebot die Möglichkeit eröffnen Menschen zur Ruhe kommen zu lassen und sich selbst zu finden.
Der 2. Kunstsalon zeigte Werke von Hachmann und André Lemmens sowie kunsthandwerkliche Drechslerarbeiten von Markus Nießen. Allein schon durch die Räumlichkeit herrschte ein Ambiente, das für sich schon dazu angetan war den Alltag hinter sich zu lassen. Eine Lesung durch Buchhändler Thomas Hermsen, der unter anderem aus „Ein Portrait des Künstlers als junger Mann“ von James Joyce und „Shakespeare and Company“ von Sylvia Beach las, sowie ein Weinausschank von Nießen rundeten den Salon ab.
Bettina Hachmann zeigte Arbeiten, die in einem Entwicklungsprozess entstehen, der nicht darauf angelegt ist, in begrenzter Zeit zur Vollendung zu gelangen. Ihre zunächst farblos wirkenden Bilder zeigen bei genauer Betrachtungsweise durch unzählige Abstufungen von Weiß- und Schwarzpigmenten geradezu eine vielschichtige Farblichkeit. Sie eröffnen einen Blick unter die Oberfläche des Seins und lassen Zusammenhänge mit der Künstlerin erahnen. Hachmann möchte die Verletzlichkeit der Schönheit, die sie im Zulassen der Spuren unseres Lebens sieht, als Reifeprozess eines gelebten Leben anerkennen.
André Lemmens, Architekt aus Kleve, hat seine Wurzeln durch seine Familie in Twisteden. Noch heute ist er oft in der Marienstadt zu Besuch. Der Ursprung seiner 30-jährigen künstlerischen Tätigkeit liegt in der Fotografie mit Anbindung an seine Sichtweise als Architekt. Er legt auf Plexiglasscheiben strukturminimalistisch Schwarz- und Bunttöne getrennt übereinander und entwickelt so einen 3-D-Effekt in der Betrachtungsweise. So werden die Speicherstadt in Hamburg oder die 5-Höfe in München fast begehbar dargestellt. Auch seine Serie „Heimat“, in der Motive des Niederrhein verarbeitet sind, fesseln den Betrachter und versetzen ihn an das Fenster eines durch die Landschaft fahrenden Zuges, an dem die Realität vorbeihuscht. Lemmens erhielt 1997 den Kulturpreis der Stadt Kevelaer und ist seit vielen Jahren Mitglied des „Deutschen Werkbund“, der wirtschaftskulturellen Vereinigung von Künstlern, Architekten, Unternehmern und Sachverständigen.
Markus Nießen ist als Drechsler, Antiquitäten- und Weinhändler von der Busmannstraße und dem Johanneshof vielen Kevelaerern bekannt. Im Kunstsalon präsentierte er als Schwerpunkt die in kunsthandwerklicher Kevelaerer Tradition hergestellten Drehkugelschreiber „Bootsmann“. Aus einem 400 bis 500 Jahre altem Rheinschute-Balken, der bei Baggerarbeiten am Rhein in Düsseldorf gefunden worden war, entstanden 86 Kugelschreiber, die alle Unikate und durch die Umstände des Holzfundes limitiert sind. Beim Weinausschank konnten die Gäste den Hauswein „Domaine de Gournier“ aus den Cevennen verköstigen. Nießen bietet seit über 20 Jahren hochwertige Weine aus Südfrankreich, Spanien und Deutschland an und füllt so eine Nische im Angebot für anspruchsvolle Gaumen.
Kunst, Lesungen, Musik und Kulinarisches mit der gewollten Begegnungsmöglichkeit soll es auch in Zukunft regelmäßig im Atelier von Bettina Hachmann geben. Als nächste Termine sind schon jetzt geplant: 8./9. Februar, 8./9. März, 5./6. April, 10./11. Mai und 7./8. Juni.