Lesermeinung
Kürzung bei Schulgebäuden und Kultur
KB-Leser Paul Wans schreibt zum Artikel über „Haushalt 2025“ im KB Nr. 42:
„Wenn ich über die Aussagen unseres Kämmerers lese, „… Kostensteigerungen… könnten nur durch Kürzungen bei Instandhaltungen und … Dienstleistungen, Beispiel Stadtmarketing, aufgefangen werden“, dann stehen mir meine restlichen drei goldenen Kopfhaare wirklich zu Berge.
Nach vier Jahrzehnten Kevelaerer Kulturarbeit und knapp 45 Jahren am KvGG darf ich als jetzt frisch „Außenstehender“ mal ein paar erlebte Fakten in diese Diskussion einbringen: Verwaltungs- und Abteilungschefs, Parteispitzen und Ratsmitglieder wechseln in jedem Jahrzehnt mitunter mehrfach und die fachlichen Anforderungen vor allem in einem Bereich wie Schule ändern sich rasant schnell; das hat Vor- und Nachteile. Aber seit Jahrzehnten finden Kürzungen bei Instandhaltungen und Kultur/Marketing am schnellsten Mehrheiten. Warum eigentlich? In den letzten vier Jahrzehnten wurde bei uns am KvGG zweimal die komplette Fassade erneuert, aus ästhetischen und energetischen Gründen, obwohl es auf der West- und Nordseite im Gebäude nach wie vor deutlich kälter ist als im Inneren; zweimal wurde das komplette Dach erneuert; in meinen letzten 5 Jahren gabs allein im Kunstbereich dreimal einen Wasserschaden wegen gerissener, zu alter Rohre in der Zwischendecke, jedes Mal mit Folgeschäden an Möbeln, Decken, Wänden und Böden. Doch jedes Mal hieß es, es könne nicht das komplette System, sondern nur diese 3 Meter erneuert werden, es würde den derzeitigen Haushaltsansatz sonst übersteigen. Dort, wo nur teilweise repariert werden konnte, wurden zunächst einmal weiß beschichtete Platten vor die geöffneten Wände geschraubt, so auch im zuletzt erneuerten Verwaltungsbereich, sogar im neuen Büro der Schulleiterin. Gehen Verwaltungsfachleute, Ratsmitglieder, gehen wir mit unseren eigenen Wohnungen und Häusern auch so um? Bereits vor 20 Jahren sagten mir Insider aus der Kevelaerer Verwaltung, die Art der stückweisen Instandhaltungen der oft maroden Bausubstanz der städtischen Gebäude werde uns irgendwann auffressen. Bevor der einstige KvGG-Schulleiter Dr. Anton Willkomm bei der Verwaltung erfolgreich durchgesetzt hatte, dass alle Naturwissenschaftsräume von Grund auf umgebaut und neu ausgestattet wurden, meinte er 2006 zu mir: „Die planen und arbeiten ja überhaupt nicht langfristig. Die sollten den ganzen Kasten hinten auf der Wiese am Hallenbad neu bauen, das wäre sinnvoller.“ Hatte er Recht?
Zuletzt verdiente das bekannte Straelener Architektenbüro als Kevelaers Hofberater in Sachen Architektur Zigtausende mit Planungen und endlosen Meetings, in denen wir Lehrer, Eltern, Schüler uns in der „Phase 0“ abstimmen sollten, was man aus den KvGG-Räumen und Fluren wünschenswert zukünftig alles machen könnte, – und das in einer Zeit, in der das Geld für Instandhaltung schon lange fehlt. Ich bin weiß Gott offen für Neues, aber das war der schlimmste Verwaltungsquatsch, den ich in Kevelaer je erlebt habe; mir wird jetzt noch schlecht, wenn ich an diese Wünschdirwas-Sitzungen denke. Von all dem bis heute nie mehr etwas gehört. Seitdem wird regelmäßig an verschiedenen Stellen sehr gut und sehr schön renoviert; hier eine neue Verwaltung, dort ein riesiges, absolut tolles, neues Lehrerzimmer, über das sich meine ehemaligen Kolleg*innen jetzt freuen. Damit hält man die Leute ja auch gut bei Laune :)
Und was Kultur und Marketing angeht: Bis vor rund 5 Jahren hieß es in Kevelaer ständig „Hier ist nichts los, für die und die wird nichts angeboten, leere Straßen…“. Nie zuvor gabs in Kevelaer so viele unterschiedliche, attraktive und niveauvoll ansprechende Veranstaltungen und Events mit so großer, auch überregionaler Resonanz wie in den letzten Jahren unter den Verwaltungs- und Marketingteams von Dominik Pichler und Verena Rohde, die mit viel Herzblut, Sachverstand und mutiger Innovation versucht, sich um alle Generationen und Kulturbereiche zu kümmern und sich zudem nicht zu schade ist, bei möglichen Sponsoren Klinken zu putzen, damit das Stadtsäckel möglichst geschont wird. Und ausgerechnet bei Instandhaltung und Kultur/Marketing soll gekürzt werden? BITTE NICHT SCHON WIEDER! Ich vermisse außerdem in der Debatte alle Heiligen Kühe der Vergangenheit und Gegenwart, die gar nicht mehr angesprochen werden (dürfen). Projekte mit Landes- oder Bundesfördermitteln werden uns Steuerzahlern gerne als Schnäppchen verkauft, dabei müssen doch wir immer den „Rest“ bezahlen. Ja, der neue Marktplatz wird sicher schön, aber brauchten wir wirklich unbedingt einen neuen Peter-Plümpe-Platz? Brauchen wir unbedingt ein Parkleitsystem? Brauchen wir KURORT Kevelaer, den man nicht kostenlos bekommt? Brauchten wir unbedingt das Solegartengelände (jetzt eines der schönsten Kevelaer-Stückchen) mit Gradierwerk? Brauchten wir unbedingt einen neuen Europabusparkplatz, wo der riesige Parkplatz Hüls neben dem Solegarten doch nahezu täglich mindestens halb leer ist?
Man merkt, der Kämmerer hat schließlich Recht mit seiner Frage: „Ganz ehrlich, geht es uns tatsächlich so schlecht?“ Und ich bin ihm äußerst dankbar dafür, dass er als Kevelaers Finanzchef das Defizit von 1,8 Millionen im Flüchtlingsbereich selbst fachlich nüchtern betrachtet vergleichsweise als „Klacks“ bezeichnet.“
Paul Wans


