Kevelaerer LVR-Wohnverbünde feierten „die erste Inklusion“

Kevelaer. Kaum ein Platz war frei bei dem Festakt in der Josef-Schotten-Schützenhalle, den die LVR-Wohnverbünde Lindenstraße und Dietrich-Bonhoeffer-Straße miteinander organisiert hatten. „Das ist ein ganz, ganz großer Ehrentag für uns“, kam die Leiterin beider Einrichtungen, Anja Booltink, an diesem Nachmittags aus dem Strahlen nicht mehr heraus.
Anlässlich der Feierlichkeiten waren auch einige der Mitarbeiter und Verantwortlichen gekommen, die vor zwanzig Jahren die beiden HPH-Häuser mitbegründet hatten. „Was man heute Inklusion nennt, war damals der Schritt, Menschen mit geistiger Behinderung hier unterzubringen“, erinnerte sich Dietrich Buß als einer der Betreuer der ersten Stunde in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße.
Zuvor hatten die Behinderten auf dem Gelände der Kliniken in Bedburg-Hau gewohnt, dann wurden unter dem Stichwort „Dezentralisierung“ die Betroffenen in Wohngruppen aufgeteilt. „Die Stadtgesellschaft musste sich daran auch gewöhnen“, ergänzte sein Kollege Johannes Janßen. Agnes Peters vom Wohnverbund Lindenstraße erinnerte sich an den ersten Spaziergang der Bewohner auf der Hauptstraße. „Die haben uns begafft, als hätten die nie Behinderte vorher gesehen. Die Bürger waren unsicher, das war schon erst schwierig.“
Heute sei es für alle selbstverständlich, wenn beide Einrichtungen bei „Jacobs“ gemeinsam kegeln oder Konzerte im Bühnenhaus besuchen und Nachbarn und Besucher zu den Festen der Einrichtung kommen. „Die Kevelaerer sind sehr offen und nehmen die Leute sehr gut auf, die Fußläufigkeit ist gut für die Kunden und hier hat man auch wegen der Besucher, die kommen, oft Ältere und Gebrechliche besser im Blick“, meinte die LVR-Regionalleiterin Petra Schilling.
„Wir laden sie einmal pro Monat zu uns in den Garten, um die Hauptamtlichen zu entlasten“, erzählte Karin Renard vom Sozialdienst katholischer Frauen und zeigte ein Foto. Als Wermutstropfen sahen alle, dass man die Behinderten auf ihren Wegen in die City persönlich begleiten muss, was in Bedburg-Hau so nicht der Fall war.
Für die Menschen sei das positiv hier zu leben, fand die Duisburgerin Sonja Cyrus, deren Onkel in der Lindenstraße lebt. „Das ist positiv, dass sie aus dem Wald da raus sind und bei Leuten in der Stadt – das ist wie eine Familie hier“, feierte die 41-Jährige fröhlich mit.
„Einige freuen sich schon das ganze Jahr auf das Sommerfest – und heute ist es noch größer“, führte Moderator Patrick Böttcher durch das vielfältige, zweieinhalbstündige Programm, bei dem Tanz, Unterhaltung und Musik im Vordergrund standen.
Den Auftakt machte die Musikgruppe der Wohngruppe Holbeinstraße Gelderland, die mit ihren schmissigen Gassenhauern wie dem „Schneewalzer“ für den Einstieg sorgten.
Anschließend sorgte Hilla Heien für eine ausgelassene Partystimmung, reichte ihren Regenschirm an einen Gast weiter, animierte das Publikum mit einer Gruppe verkleideter männlicher „Nonnen“ zur Musik von „Sister Act“ und mehreren Gassenhauern zum Mitklatschen und zum kollektiven Schunkeln. „Dass die einen erkennen und dass die mitmachen, das ist mehr wert als Gage“, zeigte auch die Künstlerin angesichts der Resonanz, dass der Auftritt für sie etwas Besonderes war. Später durfte die Tanzgruppe „Finesse“ aus Kleve -Materborn dann noch zeigen, was sie auf der Bühne tänzerisch leisten kann und rundete einen abwechslungsreichen Nachmittag für alle ab.