Kein Park, kein Garnix

Zwei Themen, die für das äußere Erscheinungsbild der Stadt von zentraler Bedeutung sind, beschäftigten den Gestaltungsbeirat in seiner jüngsten Sitzung in der vergangenen Woche. Denn Kevelaer ist eben nicht nur Wallfahrtsstadt, das machte die Diskussion um das künftige Gesicht des Peter-Plümpe-Platzes und der Hauptgeschäftsstraßen im Stadtkern deutlich. Zunächst ging es um die Nutzungs- und Strukturkonzepte, in die das Kölner Stadt- und Regionalplanungsbüro Dr. Jansen die Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger gegossen hatte (das KB berichtete). Danach äußerten sich die Experten zu der vom Verkehrsverein beantragten Änderung der im Sommer 2018 vom Rat beschlossenen „Sondernutzungssatzung“ deren Umsetzung nach Auffassung der dort organisierten Kaufleute „gravierende Auswirkungen“ auf den Einzelhandel haben werde.

Dr. Dominik Pichler betonte mit Blick auf die fünf Konzepte für den Peter-Plümpe-Platz, die am 3. Februar bei einer zweiten Bürgerkonferenz zum Thema (18 Uhr, Bühnenhaus) der breiten Öffentlichkeit vorgestellt und am 5. März im Stadtentwicklungsausschuss auf dem poltischen Parkett besprochen werden sollen, zunächst noch einmal, dass es sich hier um Ideen und Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger handele. Hier sei „kein einziger Gedanke der Verwaltung“ eingeflossen, so der Bürgermeister wörtlich.

Dr. Bettina Lelong vom Kölner Planungsbüro erläuterte den Mitgliedern des Gestaltungsbeirates die Grundlagen des Entstehungsprozesses: Es habe „keine Vorfestlegung“ gegeben und bestimmte Einschränkungen bezüglich der Nutzung des Platzes seien beachtet worden. Sie stellte zudem ein weiteres Mal die unterschiedlichen Beteiligungsformate (Verwaltungsrunde, Befragungen, Bürgerkonferenzen, Online-Beteiligung) sowie die fünf Konzepte kurz vor.

Völlig unter Wert

Der Vorsitzende des Gestaltungsbeirates, Prof. Dr. Franz Pesch, sieht Handlungsbedarf: Er habe sich mit Blick auf den Peter-Plümpe-Platz „von Anfang an gefragt, ob es das ist, was Sie da wollen, oder ob es da nicht weitergehen sollte“. „Meine Wahrnehmung ist, dass sich Kevelaer da völlig unter Wert verkauft.“

Sein Stellvertreter Eckehard Winstroer gab allerdings angesichts des Konzeptes „Status Quo +“ einigermaßen verwundert auch zu bedenken: „Es scheint Menschen zu geben, die die Qualität dieses Platzes lieben.“ Doch die Mitglieder des Gestaltungsbeirates waren sich mehr oder weniger einig, dass der Platz angepackt werden und nicht als „Vorratsraum für die nächste Generation“ betrachtet werden solle. Allerdings: „Wenn nicht mehr als ,Status Quo +‘ dabei herauskommt, dann schauen Sie, ob Sie nicht in der Stadt einen Punkt haben, wo Sie das Geld besser ausgeben“, empfahl Prof. Dr. Pesch.

Den weiteren Varianten, bei denen „die Eingriffsintensität höher“ sei, konnten die Experten da schon mehr abgewinnen, ebenso der Verlegung der Pilgerankunft, einer Nord-Süd-Teilung oder einer fassenden Bebauung. Letztere müsse allerdings „dem Platz was geben“, man müsse eine „sinnstiftende Nutzung für ein Gebäude finden“, etwa in Ergänzung zum Rathaus. Eine „multiple Nutzung“ des Platzes müsse aber weiterhin möglich sein, „das ist der größte Platz Kevelaers, das muss der können“, waren sich die Experten einig.

Sympathiepunkte gab‘s für die Idee eines Bürgerparks: „Die einzig konsequente Idee, da sind wir auf den Dimensionen eines Parks“, lobte Prof. Dr. Pesch. Dennoch waren die Experten einhellig der Auffassung, dass eine solch radikale Lösung nicht umgesetzt werden könne, das Thema zumindest aber aufgegriffen werden sollte. „Der Bürgerpark kann es nicht sein, der Status Quo darf es nicht sein“, fasste der Beiratsvorsitzende schließlich die Diskussion zusammen.

Ein paar Tipps gab die Expertenrunde der Kevelaerer Verwaltung dann noch mit auf den Weg: „Es braucht unbedingt noch eine fachliche Beurteilung“, forderte Michael Arns, Eckehard Winstroer riet eine „konkrete Formulierung der Grundanforderungen“ zu erarbeiten, Franz Pesch bot ein kooperatives Verfahren an, Friederike Proff riet die „Schmerzgrenzen zu definieren“, etwa bei der Anzahl der künftig erforderlichen Parkplätze.

 

Zahlreiche Besucher kamen zur öffentlichen Sitzung. Foto: nick

Bezüglich der vom Verkehrsverein beantragten Änderung der Sondernutzungssatzung blieben die Experten des Gestaltungsbeirates bei ihrer Haltung, die sie schon bei ihrer Zusammenkuft Ende Mai 2018 als fachliche Expertise formuliert hatten: Sie lehnen die von den Einzelhändlern geforderten Änderungen ab. Dies empfliehlt im Übrigen auch die Verwaltung im Beschlussentwurf ihrer Vorlage für den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung, der am 28. Januar zusammenkommen wird. „Wir können nicht über die Gestaltungssatzung die Strukturprobleme des Handels lösen. Wir bleiben konsequent“, formulierte der Gastaltungsbeiratsvorsitzende Prof. Dr. Franz Pesch.

„Es geht um das Ortsbild“, verdeutlichte er die vom Rat 2018 beschlossene strikte Formulierung der Satzung. „Wir haben argumentiert auf die Wertigkeit des Ambientes. Der Wert ist doch die historische Innenstadt. Sie müssen als Kommune konsequent sein und vermitteln: Der Werbeträger ist der Stadtkern“, gab er dem zuständigen Bereichsleiter Ludger Holla mit auf den Weg.

Einen langen Atem forderte auch Beiratsmitglied Michael Arns und führte das Beispiel Maastricht an, wo eine solche restriktive Werbe- und Sondernutzung bereits nach zwei bis drei Jahren erfolgreich umgesetzt werden konnte und heute als Vorzeigeprojekt gilt. „Da gibt‘s für Sie keine Alternative“, sagte Arns.

Zuvor hatte Ludger Holla erläutert, dass bislang noch keine Kontrollen zur Umsetzung der neuen Sondernutzungssatzung erfolgt seien, um insbesondere den Händlern auf der Hauptstraße, die durch die dortigen Umbauarbeiten Einschränkungen und Umsatzeinbußen hätten hinnehmen müssen, entgegenzukommen.

Im Antrag formuliert es Tobias Kocken, Sprecher des Handlungsfelds 2 Einzelhandel/Innenstadt und Vorstand des neuen Wirtschafts- und Verkehrsvereins der Wallfahrtsstadt Kevelaer e.V. aus Sicht der Händler so: „Unsere Besucher genießen und loben den Charme der Innenstadt mit seinen Bäumen, den schönen Fassaden – aber noch öfter hören wir lobende Worte über die tollen, individuellen Läden mit ihrem abwechslungsreichen und außergewöhnlichen Waren- und Dienstleistungsangebot.“ Die Händler befürchten, sollte die Sondernutzungssatzung tatsächlich kontrolliert werden, könnten sie ihren Lebensunterhalt nicht mehr erwirtschaften.

Klare Regeln

Nachdem die Inhalte der Satzung im Sommer vergangenen Jahres auch jenen Teil der Händler erreicht hatte, die bis dato teils nicht einmal von der Existenz „einer solchen Satzung überhaupt“ gewusst hätten, habe man sich in Gesprächen mit Holla als auch innerhalb der Straßen-, Werbe- und Interessengemeinschaften sowie im Handlungsfeld Einzelhandel/Innenstadt des neuen Wirtschafts- und Verkehrsvereins „intensiv mit der aktuellen Satzung auseinandergesetzt“. Dabei habe man durchaus auch die Gefahr gesehen, „dass Kevelaer sich ohne diesbezüglich klare Regeln zu einer der vielen, unschönen Innenstädte mit schreiend bunter Neonreklame, mit Kundenstoppern und Werbeflaggen zugestellten Laufwegen und ausufernden Warenpräsentationen mit Europaletten vor den Gebäuden entwickelt und damit seinen einzigartigen, unverwechselbaren Charakter verliert.“ Eine Vision, die übrigens nach Meinung einiger Experten dem Ist-Zustand bereits entspricht.

„Genau das wollen wir als Händler definitiv nicht, schreibt Tobias Kocken in seinem Antrag weiter. Deshalb habe man den betreffenden § 5 der Sondernutzungssatzung überarbeitet und Regeln definiert „die es uns Innenstadthändlern weiterhin ermöglichen, innerhalb klarer Grenzen sowohl Werbetafeln als auch Warenständer vor unseren Geschäften zu positionieren, aber auch den Verkehrsfluss oder gar ein- und ausziehende Pilgergruppen nicht zu behindern oder ein unschönes Bild abzugeben.“