KB-Reporter Jörg von der Höh als Schiedsmann im Landesvorstand

Streit vor Gericht ist nicht nur teuer; nach der Urteilsverkündigung gibt es immer nur einen Gewinner und einen Verlierer. Gerade bei Streit zwischen Nachbarn wird das Miteinander nach einem Gerichtsprozess oft noch schwieriger. Eine gute Alternative dazu ist ein Schiedsverfahren. Dieses wird ehrenamtlich durch Schiedsmänner und Schiedsfrauen geleitet. Durch Ausschluss der Öffentlichkeit und die Verpflichtung zur Verschwiegenheit aller Parteien und der Schiedspersonen dient es auch dazu, dass Streit nicht weiter eskaliert. Es wird eine für beide Parteien einvernehmliche Lösung gesucht und meist gefunden. KB-Reporter Jörg von der Höh arbeitet schon seit dreieinhalb Jahren als Schiedsmann in Kevelaer. Am 15. September 2018 wurde er als Beisitzer und Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit in den Landesvorstand des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e. V. (BDS) gewählt. Das KB nahm dies als Anlass, mit Jörg von der Höh über das noch nicht überall bekannte Schiedsamt zu sprechen.

Gebürtig aus Remscheid

Gebürtig kommt Jörg von der Höh aus Remscheid. Dass er nicht in Kevelaer geboren ist, findet er manchmal hilfreich für sein Amt, das ihn zur Unparteilichkeit verpflichtet. Voraussetzungen für das Schiedsamt sind darüber hinaus ein gesunder Menschenverstand und eine reiche Lebenserfahrung. Diese konnte sich Jörg von der Höh durch sein langjähriges Diakonenamt in der evangelischen Kirche und durch 36 Jahre Berufstätigkeit als Krankenpfleger erwerben. Sieben Jahre leitete er eine Wohngruppe der Lebenshilfe, zehn Jahre lang hielt er Dauernachtwache im Haus Golten in Geldern, 16 Jahre arbeitete er als Pfleger in der Psychiatrie – Jörg von der Höh blickt auf ein langes und abwechslungsreiches Berufsleben zurück. Als er wegen Berufsunfähigkeit aus dem Beruf ausscheiden musste, suchte er nach einer sinnvollen Beschäftigung. „Ich wollte etwas für die Allgemeinheit tun, etwas Erfüllendes“, meint er. Da in der Zeit gerade auch eine Schiedsstelle frei war, bewarb er sich und wurde prompt durch den Stadtrat im April 2015 zum Schiedsmann in Kevelaer-Ost gewählt und durch den Amtsgerichtspräsidenten vereidigt. Daneben ist er auch als Schöffe am Landgericht Kleve und als ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht Duisburg tätig.

Keine juristische Ausbildung

Ein Jurastudium braucht es für das Schiedsamt nicht, im Gegenteil: Es dürfen nur Personen dieses Amt ausüben, die keine juristische Ausbildung besitzen. Bei einem Schiedsfall wird auch grundsätzlich kein Urteil gesprochen. „Im Schiedsamt möchten wir schlichten statt richten. Das Schiedsamt soll Konfliktparteien an einen Tisch bringen und eine Lösung suchen. Mit dem Ergebnis des Schlichtungsprozesses sollen beide Parteien zufrieden sein. Unsere Aufgabe ist die Mediation“, sagt Jörg von der Höh.

Streit zwischen Nachbarn

Meistens geht es in den Konfliktfällen um Streit zwischen Nachbarn und die Ursachen dafür liegen oft darin, dass Menschen nicht miteinander reden. Bekommt Jörg von der Höh etwa einen Anruf von einer Person, die mit einer anderen im Konflikt ist, lautet seine erste Frage: „Haben Sie schon mit dieser Person gesprochen?“ Häufig wird diese Frage gleich verneint: „Mit dem rede ich nicht!“ Gerne hilft Jörg von der Höh dabei, dass Personen im Streit wieder miteinander ins Gespräch kommen. Dabei geht es neben den Streitigkeiten bürgerlichen Rechts (Nachbarschaftsstreit) im Strafrecht unter anderem auch um Beleidigung, leichte Körperverletzung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch oder Verletzung des Briefgeheimnisses. Manche Konflikte kann er schon telefonisch durch einige Hinweise und durch ein einziges Gespräch mit beiden Parteien lösen, sogar ohne Schiedsverfahren. Bleibt der Konflikt weiterhin bestehen, kann der Antragsteller beim zuständigen Schiedsamt einen Schlichtungsantrag stellen. Die Zuständigkeit richtet sich immer nach dem Wohnort des Antragsgegners. Die Schiedsperson bestimmt einen Termin für ein gemeinsames Gespräch. Darin können durch die unparteiische Vermittlung der Schiedspersonen sehr oft Streitigkeiten friedlich und außergerichtlich beendet werden. Ein dort geschlossener Vergleich hat 30 Jahre Gültigkeit.

Jede Schiedsperson ist zur Führung eines Kassen- und Protokollbuches verpflichtet, das jährlich durch das Amtsgericht Geldern kontrolliert wird. Für die Schiedspersonen kostet diese ehrenamtliche Tätigkeit vor allem viel Zeit, doch die Mühen zahlen sich aus: So konnten in den dreieinhalb Jahren seiner Schlichtungstätigkeit fast 90 Prozent der Verhandlungen zu einem positiven Abschluss gebracht werden. Ein anderer großer Vorteil gegenüber einem gerichtlichen Verfahren sind die geringen Gebühren, die in der Regel nicht über 50 Euro liegen und als Vorschuss vor Beginn des Verfahrens vom Antragsteller gezahlt werden müssen. Beide Parteien können durch die Vertraulichkeit, Verschwiegenheit und Ehrenamtlichkeit der Schiedsleute ihr Gesicht wahren und es bleiben ihnen hohe Kosten für Anwälte und Gerichtsverfahren erspart.

Sein ehrenamtliches Engagement macht dem 60-Jährigen auch selber viel Freude. „Es ist wirklich genau so eine Tätigkeit, die ich gesucht habe. Ich kann Menschen in Streitigkeiten wieder an einen Tisch bringen, meistens eine gute Lösung für beide finden und gerade Nachbarn können weiterhin gut zusammenleben.“ Jede Schiedsperson wird zunächst auf fünf Jahre vom Stadtrat gewählt. Jörg von der Höh würde sich freuen, auch nach der ersten Amtszeit weitermachen zu können. Als frisch gewählter Beisitzer des Vorstandes im Landesverband NRW des BDS und als Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit möchte er das Schiedsamt auf Landesebene noch bekannter machen. In Kevelaer konnte er gemeinsam mit seiner Kollegin Liesel Borman, die selbst auf 21 Jahre Tätigkeit als Schiedsfrau (davon acht Jahre in Wiesbaden) zurückblicken kann, schon einiges auf den Weg bringen: Auf Antenne Niederrhein wurde schon über das Schiedsamt informiert, am Rathaus hängt ein Schild mit Hinweis auf die beiden Schiedsämter, im KB stehen die Adressen der Schiedsämter wöchentlich vermerkt und vor den letzten Landtagswahlen hatten beide einen Infostand.


Schiedsämter der Stadt Kevelaer

Bezirk West (Stadt Kevelaer bis zur Bahnlinie, Twisteden):
Schiedsfrau Liesel Borman, Am Wasserturm 4, 47623 Kevelaer, Tel. 02832 979923.

Bezirk Ost (Stadt Kevelaer hinter der Bahnlinie, Wetten, Winnekendonk, Kervenheim):
Schiedsmann Jörg von der Höh, Koxheidestraße 104, 47623 Kevelaer, Tel. 02832 977250, E-Mail: joerg.von-der-hoeh@schiedsmann.de