Jung und Alt diskutierten
„Liebe Gäste aus der jüngeren und älteren Generation“, begrüßte die stellvertretende Vorsitzende des Seniorenbeirats, Liesel Ellen Borman, die gut 30 Gäste im Bühnenhaus.
„Wir freuen uns, dass Sie diese Einladung zum Dialog angenommen haben.“ Die Diskussionsebene des Abends – „Wo gibt es Gemeinsamkeiten, was trennt die Generationen?“ – sei eines der Schwerpunktthemen des Seniorenbeirats. „Wir hoffen auf ein offenes Gespräch hier miteinander und auf ein aufrichtiges Verständnis für die Position des anderen“, sagte sie und dankte dem Organisator des Abends, Ulrich Hünerbein-Ahlers.
Auf der Seite der Jugend vertraten Jannik Berbalk, der 12-jährige Nils Brauers und die 17-jährige Veronika Hartmann die „Fridays for future“-Seite. Für die Senioren diskutierten Liesel Ellen Borman, der Kervenheimer André Marchi und Dominik Pichlers Mutter Stefanie, die hören wollte, „welche Ideen sie haben, was wir in unserer Generation konkret tun können, dass sie denken: Jau, das ist ganz gut so.“
Pichler sagte, er habe sich gefragt, warum man ihn für die Rolle des Moderators ausgewählt habe. Die Antwort gab er sich selbst: „Ich gehöre weder dem einen noch dem anderen Lager an – ich bin nicht mehr jung, aber auch nicht alt.“ Im Kevelaerer Rat sei er lange Zeit der Jüngste gewesen, heute ist er 44 Jahre.
Im Anschluss führte er mit recht spontanen Fragen und unterhaltsam durch die zweistündige Gesprächsrunde. In vielen Bereichen stellte sich heraus, dass Jung und Alt zumindest auf dem Podium auf einer relativ gleichen Wellenlänge liegen – so dass Pichler am Ende konstatierte: „Mir war es zu wenig Streit.“
Berbalk drückte seinen Ärger darüber aus, dass seit 1970 über Klimawandel gesprochen werde und seit 1990 mehrere internationale Verträge existierten, um das Klima zu schützen, die Regierung sich aber „nicht auf dem Weg befindet, das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen.“ Er nannte Ernährung, Mobilität, Energie und Heizen als die Elemente, an denen man arbeiten müsse, um die Welt zu retten.
Man habe soviel Windkraft, dass man sie abstellen musste im Sommer, um Braunkohlestrom noch zu verkaufen, der viel früher abgeschaltet gehöre. „Das ist bizarr.“ Das alles mache ihn sauer, „weil wir die Klimaerwärmung schon zu spüren bekommen“ und die Bundesregierung „nicht in die Pötte kommt.“ Vielen sei nicht klar, wie immens der Klimawandel sei, das müsse man deutlich machen, meinte Veronika Hartmann.
Da dauere „das ganze Gedöns zu lang“, pflichtete Borman beiden bei. Man habe die Welt, so wie sie sei, als Generation mit zu verantworten, fügte Marchi hinzu, erinnerte aber auch an die Umweltbewegungen der 70er und 80er Jahre, die auch in Kalkar zum Ende des „Schnellen Brüters“ geführt hätten. Die „Vorstellungen, die wir alle haben, seien „nicht immer von heute auf morgen umzusetzen“, machte er deutlich. „Wir sind uns dessen bewusst sein, dass eine ganze Menge schief läuft, was man nicht aus dem Stand bewegen kann.“
Mobilität mangelhaft
In Sachen Mobilität waren sich die „Fridays for Future“-Vertreter und die des Seniorenbeirats einig, dass in Sachen Radinfrastruktur und öffentlicher Verkehr etwas passieren muss. Beides sei in Kevelaer „nicht besonders gut“. Jannik Berbalk wurde konkret: „Ich verstehe nicht, warum ich für einen Zug von Kevelaer nach Kleve 12 Euro bezahlen soll.“
Das Gleiche gelte für ein Busticket. Er sprach sich für ein „Bus on demand-“System aus, wie man das in Duisburg erfolgreich getestet hat. Die Bürgerbusse seien mit dem Zeitabstand von einer Stunde schon ein Problem und wären kaum besetzt, sagte der 12-jährige Nils. Die Bahnverbindungen seien auch nicht super, „wenn man erst nach Duisburg fahren muss, um nach Emmerich zu kommen.“
Auch beim Thema „Verkehrsberuhigung in der City und am Peter-Plümpe-Platz“ war ein Konsens der Generationen zu erkennen. Weniger Autos in der Innenstadt „unterstütze ich auf jeden Fall, weil alles fußläufig“ zu erreichen sei und Autos nur für schwere Sachen, die zu transportieren sind, benötigt werde, sagte Marchi. Er gab aber zu bedenken, dass man als älterer Mensch mit den schlechten Radverbindungen nicht so ohne Weiteres von Kervenheim nach Kevelaer käme. „Ein Leben ohne Auto ist absolut möglich“, meinte dagegen Borman. Und Stefanie Pichler brachte – ähnlich wie Berbalk – den Impuls eines Sammeltaxis ins Gespräch.
Ein „Quell der Freude“
Moderator Dominik Pichler verließ schließlich beim Thema Bahn kurz seine neutrale Rolle. Bezüglich des RE 10 sprach er ironisch von einem „großen Quell der Freude.“ Die DB mache da leider kaum Anstalten, die Strecke zu modernisieren. „Da kann ich Horrorgeschichten erzählen“, stimmte ihm Berbalk zu. Viele Bahnstrecken seien in der Vergangenheit geschlossen worden, sagte Pichler. Aber Leerfahrten mit Großbussen seien auch nicht wirklich ökologisch, machte er auf die Ambivalenz aufmerksam.
Ellen Borman kritisierte, dass die Bahn Angebote wie das Wochenend-Ticket oder Seniorentickets für fünf Euro einfach habe verschwinden lassen. Aber auch Senioren müssten irgendwie mobil sein. „Da kommt von der Bahn nichts, das ist beschämend.“
Einig waren sich alle, dass man allgemein im Kleinen viel bewirken kann – ob mit „Low Fashion“ und „Second Hand“-Kleidung, wie Veronika Hartmann es formulierte, beim Essen oder beim Reisen: „Ich bin noch nie geflogen, und beim Essen achten wir auf Bio-Qualität, essen nicht jeden Tag Fleisch“, sagte Nils Brauers.
Beim Thema „Verschotterung von Vorgärten“ sprachen sich die Älteren eher für ein Verbot aus. Das könne man in der Bauordnung vorgeben, meinte Borman – um anschließend von ihrer eigenen Wildblumenparzelle zu schwärmen. Positiv den Sinn der Alternativen erklären bringe da mehr, ging Berbalks Ansatz eher in die konstruktive Richtung.