Mit rund 1.940 Anliegen haben sich die Menschen aus dem Kreis Kleve im vergangenen Jahr an die Verbraucherzentrale gewandt.
„Ob ungewollte Vertragsabschlüsse, Probleme im Onlinehandel oder entgangene Urlaubsfreuden nach der FTI-Insolvenz: Anfragen erreichten uns aus allen Bevölkerungsgruppen und zur ganzen Themenpalette des Verbraucheralltags“, berichtet Carmen Hesse, Leiterin der Verbraucherzentrale Kreis Kleve mobil und digital. „Besonders viel Beratungsbedarf bestand zudem weiterhin rund um das Thema Energie mit seinen vielen rechtlichen und wirtschaftlichen Facetten.“
Manchmal sind es teure Ärgernisse wie kostenpflichtige Retouren nach Übersee oder ungewollt abgeschlossene Abonnements, häufig aber auch existenzbedrohende Probleme wie drohender Verlust des Krankenversicherungsschutzes, verweigerter Zugriff auf Pfändungsschutzkonten oder Energiesperren, weshalb die Menschen die Beratung der Verbraucherzentrale Kreis Kleve in Anspruch nahmen.
„Wir unterstützen individuell, um Verbraucherrechte durchzusetzen oder unberechtigte Forderungen abzuwenden. Falls nötig legen wir Widersprüche ein oder vereinbaren Ratenzahlungen. Damit tragen wir auch zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Betroffenen bei und entlasten sie von oftmals großem psychischen Druck“, erklärt Hesse.
„Die Resonanz auf unser Angebot, das im Juli 2023 gestartet ist, hatte schon nach einem Jahr alle Erwartungen übertroffen und ist bis heute anhaltend hoch. Die Menschen bestätigen uns immer wieder, wie sehr sie die konkrete Hilfestellung bei verbraucherrechtlichen Fragen und Nöten schätzen.“
Vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Nachfrage sei es daher besonders erfreulich und wichtig, so die Leiterin der Verbraucherzentrale im Kreis, dass der Stellenanteil für den Kreis Kleve im zentralen digitalen Verbraucherservice von einer halben auf eine Dreiviertelstelle aufgestockt werden kann. Die Aufstockung wird ab dem 1. Juli 2025 umgesetzt und zu 100 Prozent vom Kreis Kleve gefördert. „Die damit verbundene Wertschätzung und Anerkennung unserer Arbeit freut uns sehr. Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet das einen noch besseren und schnelleren Zugang zu unseren Angeboten.“
Glasfaser: Aufdringlicher Vertrieb
Zum Weltverbrauchertag 2024 rückte die Beratungsstelle das Thema Glasfaser-Ausbau in den Fokus. Da der Ausbau in NRW nicht zentral erfolgt, sondern größtenteils dem Markt überlassen bleibt, zeigt sich vor Ort ein regelrechter Ausbaukampf unterschiedlicher Anbieter, der nicht selten an den Haustüren der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgetragen wird. Dementsprechend erreichten die Beratungsstelle immer wieder Beschwerden.
„Wir haben Gespräche mit dem örtlichen Breitbandbeauftragten, Netzbetreibern sowie ausbauenden Unternehmen geführt und auch schriftlich nachgefragt: Welche Netzbetreiber bauen wo aus? Wird der Ausbau öffentlich gefördert? Können die Leitungen auch von anderen Anbietern genutzt werden? Was kostet der Anschluss Verbraucherinnen und Verbraucher jetzt und zu einem späteren Zeitpunkt?“, berichtet Carmen Hesse. Der wichtigste Rat für Betroffene: Keinen Vertrag unter Druck abschließen und sich zunächst schriftliche Angebote geben lassen, um sie vergleichen zu können.
Beratungsbedarf zu Energiefragen
Sind die Energierechnungen für das Lieferjahr 2023 korrekt? Sind die „Energiepreisbremsen“ für Strom, Gas und Fernwärme richtig berücksichtigt worden? Ist die Erhöhung der Abschlagszahlung meines Energieversorgers rechtmäßig? Habe ich wirklich einen neuen Liefervertrag geschlossen oder ist mir während eines Telefonats oder an der Haustür etwas untergeschoben worden?
Ein großer Anteil der Anfragen entfiel auch 2024 auf den Bereich Energie. Besonders negativ fielen dabei die Anbieter primastrom, voxenergie und nowenergy auf.
„Entsprechend groß war auch der Andrang Ratsuchender bei der Verbraucherzentrale Kreis Kleve, um dort Hilfe bei Rechnungsfragen, Rückforderungen oder Abwehr untergeschobener Verträge zu erhalten“, sagt Carmen Hesse.
FTI-Insolvenz
Weiterhin sorgten zudem Schreiben des Düsseldorfer Telekommunikationsanbieters 1N Telecom für Irritation. „Dieser forderte Verbraucherinnen und Verbraucher unter einem vermeintlichen Anbieterwechselauftrag zur Rufnummer-Mitnahme auf. Damit suggerierte der Anbieter, dass bereits Verträge abgeschlossen wurden, obwohl die Betroffenen erklärten, zuvor keinen Vertrag abgeschlossen zu haben“, erklärt die Leiterin der Verbraucherzentrale Kreis Kleve. Manche Ratsuchende wurden auch mit Schadensersatzforderungen konfrontiert. „Wir haben Betroffenen mit Informationen über Widerrufsmöglichkeiten und Musterbriefen geholfen.“
Weiteres Ärgernis des Jahres 2024: Trotz Abschaffung des so genannten Nebenkostenprivilegs versuchten eine NRW-weit vertretene große Wohnungsgesellschaft und ein Telekommunikationsanbieter, Mieterinnen und Mieter ohne wirksame Zustimmung in Kabel-TV-Verträgen zu halten. Auch hierzu gab es viele Nachfragen und Beschwerden.
Und im Juni brachte die Insolvenz des Reiseanbieters FTI Touristk GmbH für Betroffene eine Menge Fragen mit sich – etwa ob und wie sie Geld zurückbekommen.
Präventionsarbeit
Minderwertige oder falsch beziehungsweise gar nicht gelieferte Waren, unseriöse Vertragsbedingungen oder überteuerte Online-Dienste: Gerade im Internet gibt es für Verbraucherinnen und Verbraucher viele Fallstricke.
„Die Maschen der Anbieter sind oft schwer zu durchschauen. Im Betrugsfall ist dann schnelle Hilfe gefragt“, so Hesse. Zugleich werde aber präventive Verbraucherinformation immer wichtiger. „Durch Bildungsarbeit, unterschiedliche Informationsformate sowie interaktive Tools im Web fördern wir kritisches Bewusstsein und wirken Desinformation entgegen. Damit stärken wir die Menschen in turbulenten Zeiten.“
Beispielsweise klärten die Beraterinnen Verbraucherinnen und Verbraucher kreisweit mit Online- und Präsenzvorträgen, Workshops und Infoständen über ihre Möglichkeiten auf, hohe Rücksendekosten und zusätzliche Bearbeitungsgebühren zu vermeiden.
Beratung zu Heizungsplanung
Die Wahl und Planung der eigenen Heizung war vor allem für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer eines der prominentesten – und umstrittenen – Themen des vergangenen Jahres. Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes und die kommunale Wärmeplanung warfen die Frage auf, welche Heizung zukünftig die beste, passende beziehungsweise noch erlaubte Lösung sein würde. Besonders im Blick: die Wärmepumpe. In zahlreichen Vorträgen, Online-Seminaren, individuellen Beratungen und an Infoständen erläuterte die Energieberatung die Vor- und Nachteile verschiedener Heizsysteme.
„Wir bieten unabhängige und sachgerechte Informationen und können so auch manche Ängste nehmen“, erklärt Carmen Hesse.
Aber auch Photovoltaik und die erleichterten Möglichkeiten, als Mieterin und Mieter mit Steckersolar-Geräten auf Balkon und Terrasse selbst Strom zu erzeugen, stießen auf großes Interesse und Beratungsbedarf.
Sobald ein Mensch pflegebedürftig wird, stellen sich viele Fragen: Welche Leistungen übernimmt die Pflegeversicherung? Erfolgt die Abrechnung durch den Pflegedienst korrekt? Die Pflegerechtsberatung unterstützte Betroffene und ihre Angehörigen mit juristischem Fachwissen, insbesondere bei abgelehnten Anträgen durch die Pflegekassen oder Unstimmigkeiten bei Abrechnungen. Zudem vermittelte sie regionale Unterstützungsangebote.