Investor will Rewe-Markt erhalten
Nun ist der Weg frei: Der Kevelaerer Immobilien-Investor Josef Schoofs kann das von ihm erworbene Rewe-Areal mitsamt der Parkplätze gestalten. Die Mehrheit im Rat der Stadt bestätigte am vergangenen Donnerstag im nicht-öffentlichen Teil die Dringlichkeitsentscheidung zum Verzicht der Stadt auf das Vorkaufsrecht für das Areal. Zuvor hatten die Grünen öffentlich diesen Entschluss als „undemokratischen Coup von CDU und KBV“ bezeichnet. Und auch die FDP hatte bemängelt, dass diese Debatte nicht öffentlich geführt worden sei. Doch wie bewerten die anderen Parteien und die Verwaltung diese Entscheidung und welche Perspektive soll das Areal jetzt in Zukunft haben?
Bürgermeister Dominik Pichler sieht die Situation pragmatisch. Ein Vorkaufsrecht wäre juristisch nicht ganz einfach gewesen, der Abriss auf dem Areal hätte sicher „ein Schweinegeld“ gekostet. „Wir müssen mit den Gegebenheiten umgehen, die sich ergeben haben und gucken, was möglich ist“, sagt der Erste Bürger der Stadt. Es gehe da „um eine vernünftige Lösung. Investoren müssen Geld verdienen, klar. Wir haben aber auch unsere Interessen. Wenn das übereinander geht, gibt es Möglichkeiten, wie man das zusammenbindet.“ Man wolle natürlich jetzt wissen, was Schoofs konkret vorhat. Denn je nachdem was ansteht, müsse man ja auch unter Umständen den Bebauungsplan ändern. „Man kann gegen einen Investor eine Bebauungsplanänderung machen, aber das ist nicht Sinn der Übung. Aber wenn sich die Interessenlagen decken“, könne man sich verständigen.
Natürlich habe man als Stadt ein Interesse daran, dass die Parkplatzsituation gesichert bleibe und der „extrem hässliche Klotz“ eine Verbesserung erfahre. In Sachen Parkplätze seien natürlich auch die Öffentliche Begegnungsstätte und die Frühförderstelle betroffen, sodass das Interesse bestehe, dass die Parkplätze offen bleiben. Der Roermonder Platz sei das Eingangstor der südlichen Innenstadt, an dem jetzt „ein architektonischer Schandfleck“ stehe. „Da muss man kein Tuch drum binden.“ Da sei es sicher mit ein bisschen Farbe nicht getan. „Ein Teilabriss oder den Kasten weg“, lautet da Pichlers Ansage für Schoofs. Solche Ideen habe er hier und da von ihm gehört, sagt Pichler. Klar sei auch, dass das Ganze „nicht in der Hinterkammer ausdiskutiert“ werde. Die Diskussionen werde es geben, wenn der Bebauungsplan anstehe und alle Behörden beteiligt sind.
„Man hätte seinen Einfluss geltend machen können“
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Norbert Baumann machte deutlich, dass die Politik in Sachen Kaufcenter relativ spät von der Verwaltung informiert worden sei. „Das ist ja so eine Sache, wann man sie einbezieht. Das war hier zu spät.“ Man habe sich für das Vorkaufsrecht ausgesprochen, auch für die Prüfung des Vorkaufsrechtes durch einen Gutachter. Das wäre auch nach dessen Angaben möglich gewesen. „Und wenn es nur für den hinteren Teil gewesen wäre. Man hätte seinen Einfluss geltend machen können.“ Allerdings wäre es für die Stadt finanziell schwierig gewesen, das Areal zu kaufen – nicht zuletzt auch wegen Corona, so Baumann. „Und wir haben ja noch andere Sachen, die wir in Angriff nehmen können.“ Aus seiner Sicht sei es wichtig, „dass das jemand angreift. Das ist ja nicht das schönste Gebäude in Kevelaer.“ Wichtig seien auch die Parkplätze „nicht nur für das Kaufcenter, sondern für die Besucher und die ÖBS. Die müssen möglichst für die frei sein.“ Da müsse man auf den Investor einwirken. „Das wäre sonst eine Katastrophe.“
Baumann geht davon aus, dass dort wieder ein Einzelhandelsgeschäft an den Standort kommt. „Der Einzelhandel muss in der Innenstadt bleiben, davon bin ich überzeugt. So hat sich der Investor auch geäußert.“ Er habe in der Fraktionsvorsitzendenrunde vor einigen Wochen mal vorgestellt, was er ungefähr geplant habe. Baumann könnte sich auch Wohnungen im Obergeschoss vorstellen. „Wohnungen brauchen wir in Kevelaer ohne Ende. Das fände ich auch ganz gut.“
Keine „Vorentscheidung der Gestaltung der Fläche“
Für den Grünen Ulrich Hünerbein-Ahlers richtet sich der Blick nach vorne, auch wenn er wie sein Parteikollege Röhr im Ausschuss die Dringlichkeit für den Verzicht nicht gesehen hat. „Hätte die Stadt ein Vorkaufsrecht und gesagt, der Bereich ist uns so wichtig, da grätschen wir rein und kaufen das Kaufcenter mit den Parkplätzen – dann ist die Situation eine andere. Dann wäre die Stadt der Eigentümer der Immobilie und hätte einen größeren Gestaltungsrahmen, was damit passiert.“ So sei jetzt der Rahmen klar. Von einer „Vorentscheidung der Gestaltung der Fläche“ nach dem Kauf von Schoofs würde er noch nicht sprechen. „Wenn einer diesen sensiblen Bereich kauft, ist die erste Frage: was passiert mit dem nicht ansehnlichen Kaufcenter – Abriss, Umbau – und was kommt da hin?“
Der zweite Punkt sei aus seiner Sicht: „Was passiert mit den Parkplätzen, weil sie ja mit dem Peter-Plümpe-Platz verbunden sind. Wenn die da wegfallen, sollten sie als Ausgleich auf dem Rewe-Parkplatz genutzt werden können.“ Verwaltung und Politik müssten ausloten, welche Vorstellungen Schoofs nun hat und inwieweit sie sich mit denen von Rat und Verwaltung decken.
Am Montagabend hatten die Grünen und Schoofs bereits die Gelegenheit zum Gedankenaustausch zu dem Projekt. „Wir haben uns das zeigen lassen und darüber diskutiert“, bestätigte der Grüne Wolfgang Röhr. Klar sei geworden, dass Schoofs das vorhandene Gebäude renovieren wolle. „So detailliert hat er dazu noch nicht Stellung genommen.“ Klar sei auch, dass er Rewe als Mieter erhalten und Parkplätze zur Verfügung stellen wolle, die zeitlich begrenztes, aber kostenfreies Parken ermöglichen sollen. „Da sind natürlich noch ganz viele Zwischenschritte zu tun, da müssen Genehmigungen der Stadt da sein. Jetzt ist da erstmal das Bauamt dran.“ Dass der Kevelaerer Gestaltungsbeirat in die Diskussion um die Gestaltung des Areals einbezogen wird, halte er für selbstverständlich, sagt Röhr.
Auch CDU-Fraktionschef Mario Maaßen blickt nicht lange auf den Rat zurück. „Wir hätten das Zepter gerne direkt abgegeben, weil wir in den letzen Jahren von Verwaltung und Politik keine realisierbaren Umplanungen in dem Bereich gesehen haben.“ Das Konzept von Stadtplanerin Verena Möller für einen offenen Platz hätte zur Folge gehabt, dass es da kein Kaufcenter mehr gegeben hätte. „Und in den jetzigen Zeiten fünf Millionen Euro oder so dafür in die Hand nehmen“, sei vielleicht auch nicht die beste Idee.
Man habe das Thema in der Fraktion lange erörtert. „Man kann jetzt sagen: Was wäre wenn? Wenn man zum Beispiel Parkplätze rausgenommen hätte, wäre es für den Investor nicht attraktiv gewesen. Das Ergebnis war: Das muss durch einen Investor gestemmt werden, weil wir das Geld im Moment für was anderes brauchen.“ Man müsse den Erhalt der Nahversorgung in Kombination mit der Feldstraße sehen, wo Schoofs auch aktiv ist. „Das Kaufcenter als Magnet in Kevelaer behalten“, dafür spricht sich Maaßen aus.
Der Investor müsse „jetzt mit uns über die Parkplatzfläche sprechen, dass das Bühnenhaus angeschlossen ist.“ Die CDU wolle den „Status quo“ erhalten, aber man sehe auch, dass die einzelnen Parkplätze aktuell zu klein sind und bei einer Vergrößerung Plätze wegfallen würden. Als Ausgleich für die wegfallenden Parkflächen am Peter-Plümpe-Platz könne man das Areal nicht mehr betrachten. Eine Tiefgarage unter dem Kaufcenter sei eine Option.
Eine Stütze für Norma
Die CDU habe aber nicht nur das Kaufcenter-Areal im Blick. „Es gibt ja noch andere Entwicklungsmöglichkeiten in dem Bereich. Wir haben an der Marktstraße ja noch einige Häuser“, sagt Maaßen. „Es ist ein Ratsbeschluss da, diese Gebäude zu veräußern.“ Die seien besonderes interessant, wenn der Peter-Plümpe-Platz fertig sei. Bislang sei „Norma“ in Kombination mit Rewe für die Nahversorgung eine Stütze gewesen, sagt Maaßen. „Auch Norma muss gestützt werden.“ Beide Läden lebten seit Jahrzehnten ganz gut. Norma müsse sich zukunftsorientiert anpassen. Das wird auch geschehen“, sagt Maaßen. Denkbar sei in der Landschaft hinter der Marktstraße, dass wenn man drei, vier Häuser nebeneinander hätte, ein Geschäft entwickeln könnte, was großräumiger wäre. So könne man Marktstraße, Busmannstraße und Hauptstraße beleben, sagt Maaßen. „So sehen wir die Entwicklung in der CDU auch, dass da unten Verkaufsfläche und oben drüber altersgerechte Wohnmöglichkeiten wären – mit Aufzug zum Beispiel – gerade für unsere Älteren.“ Auch da müsste sich ein Privatinvestor engagieren.
In Sachen Grünen-Kritik hat der kommissarische CDU-Chef Michael Kamps eine klare Haltung. „Undemokratisch ist, wenn es gegen die Mehrheit geht. Mehrheitsentscheidung ist Mehrheitsentscheidung. Auch wenn das nicht einer gewissen Partei entspricht, ist es nichtsdestotrotz demokratisch.“ Das Kaufcenter-Gelände sei erstmal „ein Gelände mit einem großen Gebäude“, sagt Kamps. „Es kann nur schöner werden.“ Seine Vorstellung ist, dass sich Investor, die Stadt und Teile der Politik an einen Tisch setzen und sehen, wie es weiter geht. Es seien Gespräche nötig um auszuloten, was machbar und nicht machbar ist. Gespräche mit dem Investor „im Vorfeld“ hätten ergeben, „dass sich eine gemeinsame Lösung finden wird.“ Soweit es Veränderungen betrifft, „braucht der Investor die Stadt – und die Stadt braucht den Investor.“ Auch die Parkplatz-Frage spiele eine Rolle. „Am Marktplatz bauen wir Parkplätze ab, da kämpfen wir um jeden Parkplatz.“ Es sei für Rewe wichtig, dass die Kunden vernünftig parken können. Das Wichtigste aber sei, dass man einen Markt an dem Standort erst mal halte. „Ich fände es schön, wenn er Rewe heißen würde.“
Was sagt der Investor?
Eine Stellungnahme von Josef Schoofs lag der Redaktion trotz mehrfacher Nachfrage bis Redaktionsschluss am Mittwochnachmittag nicht vor. Allerdings äußerte sich die Pressestelle des Unternehmens mit einem Schreiben. Darin heißt es, dass „der auf die Entwicklung von Einzelhandelsimmobilien spezialisierten Schoofs-Gruppe mit Sitz in Kevelaer es nach intensiven Verhandlungen im Jahr 2020 gelungen“ ist, das „Kaufcenter“ samt Stellplatzanlage zu erwerben. „Der Eigentumsübergang konnte noch zu Ende des Jahres 2020 erfolgen.“ Bereits im Vorfeld habe die Schoofs-Gruppe „in Abstimmung mit der Verwaltung und den politischen Fraktionen der Stadt Kevelaer die Ankaufs- und Entwicklungschancen erörtert. Hierbei hat die Schoofs-Gruppe insbesondere deutlich gemacht, dass es keine ‚Denkverbote‘ im Zusammenhang mit der Entwicklung“ gebe.
„Der Schoofs-Gruppe ist die besondere Bedeutung dieser innerstädtischen Immobilie an exponierter Lage bewusst“, heißt es weiter. „Darüber hinaus muss selbstverständlich auch bei der Entwicklung dieses Projektes der wirtschaftliche Aspekt im Fokus stehen.“ Es wurden diverse Varianten diskutiert: „Von einer Aufwertung der vorhandenen Gebäudestruktur im Rahmen der gültigen planungsrechtlichen Vorgaben bis über eine Änderung der Geschossigkeit und damit einhergehenden Erforderlichkeit hinsichtlich der Anpassung des Baurechtes.“ In diesem Zusammenhang werde „auch die von einigen Beteiligten gewünschte Neupositionierung der Immobilie mit einem damit verbundenen kompletten Abriss und Neubau untersucht. Inwieweit die lokalen Gegebenheiten, nachbarschaftliche Belange sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen dieses Szenario zulassen, ist zum heutigen Zeitpunkt noch nicht geklärt.“ Welche Variante dann schlussendlich umgesetzt werden kann oder soll, werde „in den kommenden Wochen in diversen Gesprächen mit allen Beteiligten zu erörtern sein.“
Das Schreiben enthält ein klares Bekenntnis zum Rewe-Standort: „Bei allen Überlegungen hinsichtlich der Entwicklung steht im Vordergrund, einen für die Firma REWE geeigneten, zukunftsfähigen Standort zu schaffen und damit die qualitativ hochwertige Nahversorgung für den südlichen Innenstadtbereich langfristig zu sichern.“ Dazu zähle „sowohl auch eine Verbesserung der Anbindung der Verkaufsfläche an die rückwärtige Stellplatzanlage als auch eine Verbesserung der Erreichbarkeit des Standortes insgesamt.“ Dies stehe auch „im besonderen Zusammenhang mit der geplanten Umgestaltung des Peter-Plümpe-Platzes und der angedachten Verkehrsberuhigung der Marktstraße, da hierdurch Auswirkungen auf die Immobilie des ‚Kaufcenters‘ zu erwarten sind.“
Wohn- oder Büroflächen
Als Ziel formuliert die Schoofs-Gruppe, „über den im Erdgeschoss gelegenen Einzelhandelsflächen eine attraktive und barrierefreie Wohn- oder Büronutzung zu schaffen.“ Unter dem Komplex könnten Autos parken. „Da das Gebäude vollständig unterkellert ist, bietet sich hier auch die Unterbringung einer Tiefgarage für die zukünftigen Bewohner und Nutzer der Immobilie an.“ Was die vorhandenen ebenerdigen Stellplätze angeht, sollten diese „im Zuge der Revitalisierung der Immobilie runderneuert und kundenfreundlicher gestaltet werden“ und „eine zeitgemäße Dimensionierung (Stellplatzbreite/-anzahl) erhalten“, heißt es in dem Papier.
Die Rahmenbedingungen der Entwicklung sollen demnach in den nächsten Wochen besprochen werden und „zeitnah gegebenenfalls die politischen Beschlüsse zur Änderung des Bebauungsplanes gefasst werden.“