Integration bedeutet auch Arbeit

Die Unternehmervereinigung Kevelaer hatte zu einem Informationsabend ins Hotel „Zur Brücke“ an der Bahnstraße eingeladen. „Ich hätte mir gewünscht, es wären mehr gekommen“, meinte Gregor Janßen von der UVK, der den Abend maßgeblich mitgestaltet hatte. Unter den 16 Anwesenden im Hotel „Zur Brücke“ an der Bahnstraße waren nur gut die Hälfte Unternehmer gekommen, die sich dafür aber sehr ernsthaft und engagiert mit der Thematik „Flüchtlinge“ beschäftigten, wie die Debatte zeigen sollte. Dazu kamen zwei Vertreterinnen der Caritas Kevelaer-Weeze mit zwei Flüchtlingen, Georg Joosten vom Jobcenter der Stadt und die beiden Protagonisten des Abends: Christian Parnitzke, Teamleiter Integration Points der Agentur für Arbeit Wesel, und Martin Nowak, Vermittler Arbeitgeberservice am Integration Point Kleve.

Es sei wichtig, dass sich auch die Unternehmerschaft mit der Flüchtlingsfrage auseinandersetze, „um zu entscheiden, Flüchtlinge, die hier gestrandet sind, einzustellen“, warb Rudi Beerden in seiner Eigenschaft als einer der UVK-Sprecher für die „Riesenchance“, die das Potenzial an fähigen Menschen biete.

Es gebe sicher viele nicht bekannte Regeln für Flüchtlinge, was die Einstellung anbetrifft, und „viele Stadien zu durchlaufen“, die eine Einstellung erschweren könnten, erläuterte Gregor Janßen. Deshalb wolle man in die gesetzlichen Rahmenbedingungen einführen, wie Flüchtlinge auf welchem Weg in Beschäftigung zu bringen sind.

Diese recht komplexe Aufgabe übernahmen in der folgenden Stunde Christian Parnitzke und Martin Nowak. „Die, die kommen, sind sehr motiviert, zuverlässig und pünktlich“, unterstrich Paritzke die bislang guten Erfahrungen mit den vermittelten Personen. Asylbewerber, geduldete Personen – oder der Arbeitgeber mit Vollmacht des Bewerbers – könnten mit Aufenthaltsdokument, Arbeitsvertrag und Stellenbeschreibung einen Antrag auf Erlaubnis zur Beschäftigung bei der zuständigen Ausländerbehörde stellen.

Die hole die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) ein. Die BA nehme abhängig von der Aufenthaltsdauer in Deutschland eine Arbeitsmarkt- und Vorrangprüfung vor, ob die Stelle nicht deutsche oder europäische Arbeitnehmer wahrnehmen könnten. „In der Regel sollte die Erlaubnis in drei bis vier Wochen da sein. je nachdem, wieviel die Behörde zu tun hat“, so die Einschätzung der Experten.

Was eine Ausbildung betrifft, könnten Asylbewerber frühestens ab dem vierten Monat nach der Registrierung eine betriebliche Ausbildung beginnen, Geduldete direkt eine Ausbildung anfangen. Für den konkreten Ausbildungsplatz sei die Beschäftigungserlaubnis der Ausländerbehörde einzuholen. „Wenn man aus einem sicheren Herkunftsland kommt, gibt es keine Erlaubnis“, so Parnitzke. Dazu gebe es in den Papieren einen entsprechenden Vermerk, ergänzte Gregor Joosten vom Job Center Kevelaer.

„Oft gibt es eine Duldung für drei Monate, so dass man sich fragt: Was ist im vierten Monat?“, sprach Martin Nowak konkrete Alltagsfälle an. Da gebe es keine klare Vorgabe und man müsse mit der Ausländerbehörde reden. Dann sei auch eine Ausbildung über sechs Monate oder ein Jahr möglich.

„Sie dürfen aber generell nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen beschäftigt werden als vergleichbare inländische Arbeitnehmer“, so Parnitzke. Zeitarbeit sei frühestens nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland möglich. Auch für Minijobs brauche man die Erlaubnis zur Beschäftigung von der Ausländerbehörde, Montagearbeiten sind anzugeben.

Eine ganz konkrete Liste mit der jeweiligen Qualifikation der Bewerber gebe es nicht, wohl aber die Daten von gut 130 bis 150 Personen, die stetig wachse, ging Nowak auf Nachfragen ein. Man schaue dann, was gehe. „Aber die bringen natürlich ihr Schippchen mit“, verdeutlichte er die Probleme, die diese traumatisierten Menschen auch haben.

Interessiert diskutiert wurden auch die Möglichkeiten von Hospitanzen, die behördlich ohne Genehmigung gehen und dazu dienen können, den Flüchtling kennen zu lernen, und von Praktika, bei denen Ausländerbehörde und BA ihr Okay geben müssen – und Mindestlohnpflicht besteht. Dazu kam noch die Frage nach Möglichkeiten für berufsbegleitende Sprachangebote und verschiedener Fördermöglichkeiten.

Anschließend berichtete Daniel Hennig, kaufmännischer Leiter der Herbrand GmbH in Kevelaer, von den Erfahrungen des Unternehmens mit der Berufsausbildung dreier junger somalischer Flüchtlinge seit August letzten Jahres. „Wir sahen uns in der Verantwortung“, man sei mit den neuen Mitarbeiterm im Werkstattservice, im Bereich IT und der Verwaltung sehr zufrieden. „Das Wichtigste ist, dass man einen Fuß in die Tür und Kontakt bekommt, das ist Integration“, hob er die „fantastische Arbeit“ der Ehrenamtler hervor, über die man eine pensionierte Lehrerin für Deutschkurse gewinnen konnte. „Man braucht Zeit und Vertrauen. Dafür muss man investieren.“

Der Impuls bei den Unternehmern war jedenfalls gesetzt. „Ich würde das gerne mal mit einem in Ausbildung ausprobieren“, meinte Ludwig Beckers von ABS-Safety. Sebastian Görtz, Inhaber eines kleinen Handwerksbetriebs, hat seit dem 1. März einen Flüchtling aus Guinea angestellt. „Freundlich, pünktlich, leistungsbereit, war für meine Firma positiv“, lautete sein Fazit. „Ich kann jedem nur raten, das zu tun.“ Alexander Florié-Albrecht