In Kervenheim gibt’s kein Geld mehr

Martin Brandts würde sich selbst nicht zu den Menschen zählen, die schnell aufzubringen sind. Was den CDU-Politiker und Ortsvorsteher von Kervenheim aber momentan umtreibt, das hat das Zeug dazu, ihn auf die Palme zu bringen. „Ich bin da schon sehr verärgert“, meinte er mit Blick auf die Ansage der Volksbank, den Geldautomaten letzten Montag zuzumachen.

Brandts hatte, wie so viele andere, am 18. Januar ein Schreiben der Volksbank an der Niers mit der Überschrift „Bargeldversorgung in Kervenheim“ erhalten. Dort heißt es, dass man einen Käufer für die ehemalige Geschäftsstelle in Kervenheim gefunden habe und mit dem Eigentumsübergang „leider eine weitere Nutzung des bis dato als SB-Standort genutzten Gebäudes nicht mehr möglich“ sei.

Entsprechend stehen der Geldausgabeautomat und der Kontoauszugsdrucker nicht mehr zur Verfügung. „Eine Neuinstallation an einem anderen Standort in Kervenheim ist im Hinblick auf die sowohl geringe als auch rückläufige Nutzungsintensität der bisherigen Automaten betriebswirtschaftlich nicht vertretbar“, heißt es in dem Schreiben.

„Ich bin da vor vollendete Tatsachen gestellt worden“, sagt der Politiker, der vor gut drei Jahren mit der Volksbank schon Diskussion geführt hatte, als diese 2016 – auch da schon unvermittelt – den Filialbetrieb beendete. „Es gab damals schon diverse Gespräche, wo die Volksbank erkannte, dass das von der Kommunikation her unglücklich gelaufen ist“, bemühte sich der Ortsvorsteher im Gespräch mit dem KB um eine sachliche Sprache. In den Folgegesprächen sei die Aussage erfolgt, dass man in Kervenheim dauerhaft einen Automatenstandort erhalten wolle.

Sogar ein Standort sei gesucht worden, um einen Automaten zu bauen „wie in Wetten am alten Schulhof. Das wurde als Muster für Kervenheim bezeichnet“, erinnert sich der CDU-Politiker. Es seien auch andere Standorte wie am Markt oder am Pförtnerhäuschen angedacht worden.

Ungleichbehandlung

Und jetzt komme so ein Schreiben – nicht mal an ihn als Ortsvorsteher, sondern als Kunden –, ohne vorherige Verständigung, einfach aus dem Nichts. „Wir hatten uns damals aus dieser „Kommunikationspanne“ heraus versprochen, dass wir einen offenen Dialog führen, wozu auch Ehrlichkeit gehört, wenn da ein Paradigmenwechsel stattfindet.“ Er sei „verärgert und tief enttäuscht, dass das wieder so passiert“.

„Das hätte man vor zwei Jahren auch schon sagen können“, meint Brandts. „Die Menschen wären vorbereitet gewesen. Offen und ehrlich wäre es gewesen zu sagen, der Automat bleibt, bis es verkauft ist.“ Der Rechtsanwalt spricht von einer „Ungleichbehandlung“ der Kervenheimer: „In Wetten wird er aufgebaut, hier nicht. So einen Umgang haben wir Kervenheimer nicht verdient.“ Damit artikuliere er das Gefühl vieler Kervenheimer, die nach dem Erhalt des Schreibens auf ihn zugekommen sind.

Schlag ins Gesicht

Den Hinweis im Brief, dass man „Ende des vergangenen Jahres (…) umfassend in die Geschäftsstelle Winnekendonk investiert und eine moderne Bankfiliale geschaffen“ habe, empfindet Brandts als einen „weiteren Schlag ins Gesicht“. Zumal man damals die Kervenheimer Filiale auch noch mal ertüchtigt hatte – ehe man sie dann schloss.

Die Ankündigung eines Automatenstandortes der Volksbank in Kervenheim damals sei „offensichtlich der Beruhigungs-Drops“ gewesen, kritisiert Ortsvorsteher Martin Brandts. „Und ich bin darauf reingefallen.“ Damit will es der Kervenheimer aber nicht bewenden lassen. „Das Mindeste, was ich erwarte, ist ein offenes Wort – und zwar nicht nur auf der Ebene Dirk Koppers, sondern auf der Ebene des Vorstandes“, forderte er.

Das in dem Brief enthaltene Angebot eines „Bargeld-nach-Hause“-Lieferservice für Mitglieder über 60, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, hält Brandts für unzureichend. Denn im Brief seien ausdrücklich nur „Mitglieder“ benannt, was im Umkehrschluss heiße, dass der „gemeine Kervenheimer“ das nicht in Anspruch nehmen könne.

Die Volksbank an der Niers nahm auf Anfrage des Kevelaerer Blattes Stellung zu den Aussagen von Brandts. Klaus Wessels von der Volksbank bestätigte, dass das Haus veräußert worden sei und der Neubesitzer Wohnungen hineinbauen möchte. Die Entwicklungszahlen, was die Nutzung der Automaten betrifft, seien seit 2015 rückläufig und „am unteren Ende der Geschäftsstellen“. Man habe immer vermittelt, dass man diese Entwicklung beobachte.

Nach der Filiale bleibt nun auch der Geldautomat in Kervenheim geschlossen. Foto: KB

Es habe die Option eines neuen Standortes gegeben. Aber „rein von den versicherungstechnischen Anforderungen her müssten wir einen Parzelle mit Kosten im mittleren fünfstelligen Bereich da hinstellen, um dem zu genügen.“ Die Investitionen stünden in keinem Verhältnis zu den Nutzungszahlen.

Man habe die gewählten Mitglieder der Vertreterversammlung, die im Herbst neu gewählt worden sind, speziell für Kervenheim, eingeladen und ihnen diese Entscheidung mitgeteilt. „Der Herr Koppers, Christian Hälker, Johannes Janshen und ich haben mit den Vertretern Kervenheims geredet und denen das erklärt.“ Wessels betont: „Unsere ersten Ansprechpartner sind die gewählten Vertreter vor Ort, die haben diese Leute gewählt in Bezug auf die Bank. Die haben wir recht frühzeitig eingebunden und das am 17. Januar bei „Brouwers“ vermittelt.“

Man habe aus der Situation von vor drei Jahren gelernt. In dem Gespräch habe man darauf hingewiesen, dass man den Winnekendonker Standort bewusst komplett modernisiert und sowohl in die Technik als auch in die persönliche Beratung investiert habe. „Danach ist erst das Schreiben rausgegangen, damit die Kunden informiert sind.“

Der Kervenheimer Ortsvorsteher Martin Brandts zeigte sich mit den Aussagen der Volksbank nicht einverstanden. „Das macht die Sache nicht viel besser“, sagte der Politiker in einer ersten Reaktion. Angesichts der Ereignisse aus 2015 hätte es der Volksbank gut zu Gesicht gestanden, den Ortsvorsteher zumindestens mit einzubinden. „Das ist für mich alles neu und ich bin etwas platt. Meine Botschaft von 2015 und die heutige ist nicht gut verstanden worden“, zeigte er sich „eigentlich etwas sprachlos“. Es gehe schließlich nicht um ihn persönlich, sondern um die betroffenen Menschen, die er repräsentiere.