In 80 Tagen durchs Labyrinth

Die Welt ist ein Labyrinth. Und bei ihrer Umrundung findet man sich unversehens auch mal in Sackgassen oder abgelegenen Winkeln wieder. Und manchmal sind das, bei allen von Jules Verne so abenteuerlich aufgeschriebenen Winkelzügen, ein paar Ecken in einem selbst. Das ist so ungefähr die grobe Richtung, die das Bühnenbild des Landestheaters Detmold für die Reise „In 80 Tagen um die Welt“ vorgibt. Und diese Bühnenversion des Buch- und Filmklassikers wartet noch mit ganz anderen Überraschungen auf.

Hinter dem Labyrinth-Teppich auf dem Bühnenboden ein Labyrinth quasi an die Wand zu werfen und zur weiteren bespielbaren Fläche zu machen, die in den Raum hineinragt, ist nicht neu. Aber es macht in diesem Falle gleich mehrfach Sinn: Es schafft einerseits eine weitere Ebene im Bühnenraum – in der man nun sinnvollerweise auf die sattsam bekannten und gerne assoziierten Ballonperspektiven des Films verzichten, aber viele andere bewegliche Beförderungsmittel symbolisieren kann. Und es macht es – neben dem Hauptfiguren – auch anderen möglich, aus ihren Kisten zu springen und aus der Reise ein bewegliche Roadmovie-Adaption für die Bühne zu machen.

Die Hauptfiguren – den Snob Phileas Fogg (Henning Bormann), seinen lebenslustigen Diener Passepartout (Hartmut Jonas), die liebliche Mrs Aouda (Jorida Sorra) und den hartnäckigen Verfolger Fix (Heiner Junghans) – in anderem Licht erscheinen zu lassen, wagt die Inszenierung von Ingo Putz für das Landestheater Detmold nicht – dazu sind die Figuren mittlerweile dank Film und Fernsehen zu eingefahren. Doch alles drumherum, die Abenteuer, die neuen Welten, die Verne gerne basierend auf dem Boden der Tatsachen als Science-Fiction-Welten überhöht, die werden dargestellt, dass der Autor wohl wahrlich seine Freude hätte.

Was wir heute wissen

Denn mal ehrlich: Dass man Freunde haben sollte, dass man für Geld nicht alles kaufen kann, oder dass ein Mindestmaß an Selbstdisziplin nicht unbedingt zu grenzenloser Langeweile führen muss – also das, was Fogg und Passepartout auf ihrer Reise lernen – wissen wir doch heute längst.

Deshalb beschränkt sich ihre innere Reise ein wenig. Dafür aber fördert der Blick aus den Fenstern der Züge und Bullagen der Schiffe umso unendlichere Weiten zutage, die dem Zuschauer in grellen Farben vor Augen geführt werden. Manche Kostümierung der umfangreichen Statisterie, die gemeinsam mit den Sprechrollen immer wieder kleine Gruppen bildet, lassen Szenen wie nachträglich handkolorierte Holzschnitte wirken – und die Holzschnitt-Artigkeit scheint durchaus gewollt. Das mag der solche Szenerien durchaus schnörkeling schreibende Verne vielleicht so nicht beabsichtigt haben – doch auch er hätte wohl seine Freude an augenzwinkernder Kolionalismus-Kritik oder aktuellen Anspielungen auf Donald Trump gehabt, um nur zwei Beispiele zu nennen. Hinzu kommt eine musikalische Ausstattung, die gleich zum Start der Reise beispielsweise mit einem live gesungenen „I want to break free“ von Queen beginnt und zwischendrin immer wieder Orte und Themen des Stücks anhand bekannter, aber noch nicht abgehangener Evergreens der 80er und 90er Jahre aufgreift.

Gegen ein Filmdenkmal

Manch einem wird das alles ein wenig zu überhöht, zu grell, zu bunt, vielleicht auch zu albern erscheinen – vielleicht ist auch nicht jeder Griff in die Regie-Kiste zu 100 Prozent gelungen. Aber insgesamt ist diese Inszenierung eine beeindruckende Demonstration dessen, was man am Theater mit einem spielfreudigen Ensemble und üppiger Ausstattung einem Filmdenkmal entgegen zu setzen hat.

Viele Kevelaerer Theaterfreunde im nicht ganz ausverkauften Bühnenhaus jedenfalls fanden am Sonntagabend Gefallen daran und spendeten