Immer was zu schreiben

Diese Situation kennt doch jeder von uns: Nie ist einer zur Hand, dort wo man ihn vermutet ,
ist er nicht auffindbar und hat man dann tatsächlich einen gefunden, dann schreibt er nicht. Die Rede ist vom Kugelschreiber. Dennoch gibt es da einen Menschen, dem ist dieses Problem völlig unbekannt. „Tja, ich weiß auch nicht so genau, wie das kann“, schmunzelt Josef Reudenbach spitzbübisch. Josef Reudenbach sammelt Kugelschreiber.
Eigentlich fühlte sich der Kevelaerer von dieser Sammelmagie längst befreit. Aber ein erst kürzlich eingetretenes Ereignis ließ diese Leidenschaft wieder aufflammen: „Mein Versicherungsvertreter schenkte mir einige wunderschöne Exemplare und da war sie wieder da, diese Sammelleidenschaft…“, gibt Josef Reudenbach unumwunden und achselzuckend zu.
Über die neuen Kugelschreiber freute sich Josef Reudenbach sehr.
So sehr, dass er gemeinsam mit seiner Frau Renate die gesammelten Kugelschreiber, (eine Erfindung aus dem 19. Jahrhundert), zum Vorschein holte, um diese doch mal wieder genauer unter die Lupe zu nehmen. „Einige schreiben schon gar nicht mehr“, sagt Josef Reudenbach, der die Menge der vor ihm liegenden Schreibstifte etwas unterschätzt hatte. Denn wie viele Kugelschreiber vor dem Kevelaerer Ehepaar liegen, kann nur geschätzt werden. „Vielleicht 1000 oder gar mehr“, vermutet Renate Reudenbach, die die Sammelleidenschaft ihres Mannes seit 57 Jahren unterstützt.
Das Sammeln in die Wiege gelegt
„Das Sammeln ist meinem Mann, so glaube ich, in die Wiege gelegt worden“, verrät sie schmunzelnd. Das könne wohl stimmen, bestätigt der Sammler. Schon als Kind habe er Döschen aller Art gesammelt. „Aber auch Briefmarken und Bierdeckel“, gesteht die aus Köln stammende Frohnatur. Diese wurden später gegen Kugelschreiber getauscht. Seiner Frau zuliebe zog Josef Reudenbach in die Marienstadt. „Nicht nur Maria zog mich in den Wallfahrtsort“, bemerkt der Kugelschreibersammler, der bis 1995 35 Jahre im Versandlager bei Butzon und Bercker arbeitete. Zum Abschied erhielt er, wie konnte es anders sein, einen in Bronze gegossenen Kugelschreiber. „Den kann man kaum halten“, verrät der Sammler scherzhaft.
Wann diese „Krankheit“ angefangen habe, weiß Josef Reudenbach nicht mehr so ganz genau. „Plötzlich war sie da“, gesteht der sympathische 84-Jährige. Und irgendwie wurden es im Laufe der Jahre immer mehr. Schrieb ein Gegenüber mit einem reizvollen Gerät, wurde dieses besonders gelobt: „Was haben Sie für einen schönen Kugelschreiber!“, berichtet Reudenbach, „und schon wurde er uns ausgehändigt“, fügt seine Frau lachend hinzu.
Erinnerungsstücke, ob als Einzelanfertigung oder im Set, erwarb Josef Reudenbach auf den vielen gemeinsamen Reisen mit seiner Frau. Eine gelungene Überraschung gab es zum 60. Geburtstag. „Eine Kugelschreibergirlande zierte den Gabentisch“, erinnert sich der dreifache Vater. Über ein passendes Geschenk für ihren Vater brauchten sich Manfred, Stefan und Christoph und die neun Enkelkinder keine Gedanken zu machen. Ein Kugelschreiber passte immer.
Sortiert nach Farben und Besonderheiten
Renate Reudenbach hat sich den Spaß und die Mühe gemacht, diese nach Farben und Besonderheiten zu sortieren. „Jetzt haben wir eine grüne, rote, gelbe, blaue und schwarze Kugelschreiberkiste, wir haben Kugelschreiber in bunt, silber und weiß, mit Aufdruck und ohne, mit Sternenbanner, mit Kalender und mit Prilblumen…“, beschreibt Renate Reudenbach die kleine Auswahl. „Eine Eliteauswahl haben wir aber auch“, ergänzt Josef Reudenbach und präsentiert Kugelschreiber aus dem Deutschen Bundestag in Berlin und ein Komplettset namhafter Firmen. „Die schreiben besonders gut“, versichert Reudenbach, der täglich mit dem Rad in die Stadt fährt. Natürlich mit einer Einkaufsliste seiner Frau, die sie selbstverständlich mit einem „Kugelschreiber“ verfasst hat.
„Ein bisschen verrückt ist das schon“, stellen Josef und Renate Reudenbach lachend und angesichts der unzähligen Kugelschreiber fest. Das mag schon sein. Aber es ist eine Sammelleidenschaft mit Herz.