Hüte, Hemden und Hosen seit 95 Jahren

Schon im Alter von 20 Jahren unterstützte Richard Opwis seinen Vater in dessen Bekleidungsgeschäft für Herrenmode. Mit 39 Jahren übernahm er den 1924 eröffneten Laden und feiert in diesem Jahr 95-jähriges Bestehen des Geschäfts.
Der Weg ging für Richard Opwis schon früh in Richtung des Einzelhandels. In seiner Jugend absolvierte er eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in Kempen. „Früher war das eine Schneiderei“, erinnert Opwis sich noch an die Anfänge des Ladens. „Schneidern ist hier gar nicht mehr“, fügt Sohn Peter Opwis zum heutigen Stand hinzu.
Anfangs betrieb die Familie den Laden noch an der Amsterdamer Straße in Kevelaer. 1934 kaufte Josef Opwis, Vater von Richard Opwis, das Haus an der Hermann-Göring-Straße 11, der heutigen Bahnstraße. In diesem Haus befindet sich das Geschäft bis heute.
Aus der Schneiderei wurde ein Laden mit einem breiten Sortiment an Herrenmode. Vom Hut über Hemden und Poloshirts bis hin zu Hosen ist Opwis gut aufgestellt. Auf die Frage, ob Hüte denn heute noch getragen werden, lächelt Richard Opwis und erzählt, dass sie wohl in letzter Zeit wieder mehr gefragt seien. „Von uns hat aber nie jemand ‘ne Mütze getragen“, erzählt Peter Opwis von seinem damaligen Umfeld. „Aber wir haben auf Hochzeiten noch Zylinder getragen“, entgegnet Richard Opwis.

Richard (l.) und Peter Opwis


Sohn Peter arbeitet heute, anders als sein Bruder, mit im Geschäft. Mittwochs ist er alleine dort. „Da hab‘ ich meinen freien Tag“, sagt der Senior. An diesem Wochentag kommen immer wieder Leute vorbei, die nach Richard Opwis fragen, erzählt Sohn Peter. Ein klares Zeichen dafür, dass er längst als Gesicht zum Laden gehört.
Doch nicht nur er gehört fest zum „Inventar“. Die Kasse, die den Tresen schmückt und auch heute noch in Gebrauch ist, ist 90 Jahre alt. Sie war ein Hochzeitsgeschenk für Richard Opwis‘ Eltern, die im Jahr 1929 geheiratet haben. Von der Reichsmark bis zum Euro hat sie schon ein paar Währungen mitgemacht, erzählt Sohn Peter.
In seinen nun 62 Jahren im Geschäft hat Richard Opwis viel erlebt. Allein durch den täglichen Umgang mit Menschen habe man wohl oft außergewöhnliche Erfahrungen gemacht. Doch die vielen Begegnungen und Erlebnisse im Laden seien meist sehr positiv gewesen, erzählt Opwis. Sogar aus einer Begegnung, die viele wohl als sehr unangenehm empfinden würden, macht der Inhaber des Ladens eine positive Geschichte. Vor zwei Jahren habe man nämlich einen Marder im Geschäft gehabt. Nachdem ein Jäger ihm alle Hoffnungen nehmen wollte, das Tier loszuwerden, legte er sich nachts auf die Lauer, um das nachtaktive Wesen zu erwischen. Und so gelang es ihm, den Marder aus dem Laden zu jagen und den Schaden auf einen zerstörten Strohhut zu beschränken. „Ein interessanter Kunde“, betitelt Opwis diesen besonderen Besuch.
„Ich habe viele auswärtige Kunden“, macht der Inhaber deutlich, dass der Laden in seinen 95 Jahren auch über Kevelaer hinaus bekannt ist. „Hut- und Mützengeschäfte gibt es ja fast gar nicht mehr“, fügt er hinzu.
In Erinnerungen schwelgend zeigt Richard Opwis ein Maßbuch seines im Jahr 1977 verstorbenen Vaters Josef. In diesem hat der Gründer des Ladens ab 1936 die Maße seiner Kunden festgehalten. Blättert man durch, begegnen einem Namen bekannter Kevelaerer Bürger. Auch wenn der Inhalt des Buches nun nicht mehr benötigt wird, verrät des doch viel über die Sorgfalt und Ordnung von Josef Opwis.
Der Jubiläumswoche vom 21. Juni bis zum 29. Juni sieht der Inhaber gelassen entgegen. Um den Kunden etwas zurückzugeben und das Jubiläum gebührend zu feiern, hat sich Richard Opwis etwas Besonderes einfallen lassen, was die Besucher erwartet.
Und der Inhaber will auch nach dem Jubiläum weitermachen. Weiter im Laden stehen, die Kunden beraten und nette Gespräche führen. „Eine kleine Aufgabe muss man haben“, lächelt er. „Wir wollen hoffen, dass wir die 100 noch vollkriegen.“ Und so lange wird man ihn sicherlich weiterhin im Stuhl vor seinem Laden sitzen sehen.