Forschende bitten um Hinweise zum „Atelier für Malerei und Kunststickerei Leo Peters“ aus Kevelaer
Himmlische Mode im Jugendstil
Dennis Hartjes und Pia Wontorra forschen zur Geschichte des Kevelaerer Ateliers Leo Peters. Foto: SMNKG – Jana Haack
„Der Karneval ist vorbei!“ – so soll sich Papst Franziskus unmittelbar nach seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Kirche und noch vor seinem ersten öffentlichen Auftritt auf der Loggia des Petersdomes über den Kleidungsstil seiner Vorgänger geäußert haben. Als er dann noch am dritten Tag seiner Amtszeit die unmissverständliche Erklärung abgab, dass er sich eine arme Kirche für die Armen wünsche, ließ dies die zahlreichen Paramentenschneider, die stets von der klerikalen Vorliebe für wertig hergestellte Gewänder profitiert hatten, endgültig aufschrecken. Denn mit dem neuen Papst setzte eine Trendwende im klerikalen Kleidungsstil ein. Teure und aufwendig hergestellte liturgische Gewänder waren plötzlich nicht mehr gefragt, der Kleidungsstil sollte fortan ärmer und essenzieller werden.
Wie die weltliche Mode, ist auch die kirchliche Mode dem Zeitgeschmack unterworfen. Wurden beispielsweise im Barock noch überwiegend prunkvolle, mit Gold und Edelsteinen besetzte Gewänder aus schweren Brokatstoffen bevorzugt, so zeichnete sich bereits im Biedermeier eine gewisse Leichtigkeit nicht nur in der Art der verwendeten Stoffe, sondern auch in der Gestaltung der Paramente ab. Heute sind es in der Regel schlichte und einfache Stoffe, die seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Eingang in die Paramentenwerkstätten gefunden haben und dort zu Messgewändern verarbeitet werden.
Eine bedeutende Paramentenwerkstatt war das 1896 von dem Niederländer Jacob Leonard Lambert Peters (1870 – 1936) in Kevelaer gegründete „Atelier für Malerei und Kunststickerei Leo Peters“. Wie für die damalige Zeit typisch, wurden in der Werkstatt an der Venloer Straße zunächst noch detailliert bestickte Paramente und Vereinsfahnen im neogotischen Kunststil gefertigt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verlagerte der Firmeninhaber jedoch den Schwerpunkt seiner künstlerischen Gestaltung auf den gerade neu aufkommenden Jugendstil (Art nouveau). In einer eigenen Interpretation dieses Kunststils entstanden zahlreiche Messgewänder und Fahnen im sogenannten geometrischen Jugendstil, der sich bei Peters vor allem durch aufwendige Bildstickereien in Kombination mit Schnörkeln und Spiralornamenten auszeichnet.
Gerade die exponierte Lage des Ateliers im Herzen der Wallfahrtsstadt sorgte schon früh dafür, dass zahlreiche Würdenträger ihre Messgewänder dort in Auftrag gaben und dementsprechend viele Kirchen im Rhein-Maas-Gebiet auch heute noch Paramente aus dem Atelier Leo Peters in ihrem Bestand verzeichnen können.
Hier setzt auch die Studie eines Teams von der Universität in Münster an, das zurzeit zum Atelier Leo Peters forscht. Ziel der Studie ist es, nicht nur die Geschichte des Ateliers aufzuarbeiten, sondern darüber hinaus auch die noch erhaltenen Paramente und Fahnen aus dem Œuvre (Gesamtwerk eines Künstlers) des Ateliers zu lokalisieren und zu erfassen, um sie anschließend in verschiedenen Publikationen der Forschung zugänglich zu machen. Hierbei sind die Forschenden allerdings auch auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen, da es kein systematisches Verzeichnis darüber gibt, in welchen Kirchen und Kapellen noch Paramente aus dem Kevelaerer Atelier verwahrt werden.
Hinweise aus der Kirche und Bevölkerung
Insbesondere von den Küsterinnen und Küstern der Kirchen im Bistum Münster erhofft sich das Forschungsteam neue Hinweise auf bislang unbekannte Paramente. Aber auch die Kevelaerer Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, zum Projekt beizutragen, wenn sie über Informationen und Bildmaterial zum Atelier Leo Peters verfügen.
Nachdem Jacob Leonard Lambert Peters – vermutlich aus Altersgründen – um 1920 in die Niederlande zurückgekehrt war, übernahm sein Sohn Leo Engelbert Friederich Peters (1898 – 1963) die Leitung des Ateliers. Zu dieser Zeit hatte sich die Produktion allerdings bereits auf künstlerisch gestaltete Wandbehänge verlagert; Messgewänder aus der Zeit nach 1920 sind nicht bekannt. Anfang des Jahres 1950 wurde das Atelier aufgelöst.