„Hier sind alles Verrückte“

Mit einem ökumenischen Wortgottesdienst, gehalten von Pfarrerin Karin Dembek, Pastor Manfred Babel und Bezirkpräses Michael Wolf sowie mit musikalischer Begleitung durch Kirchenchor und Musikverein, wurde der Hauptfesttag der Kirmes in Winnekendonk eröffnet. Hans-Gerd Frerix, der durch den festgebenden Verein, die St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Winnekendonk zum Festkettenträger (FKT) 2018 ausgerufen wurde, erhielt als besondere Ehrung für das ganze Dorf die Festkette überreicht.
Der Adventskranz
Bei 30 Grad im Schatten der richtige Moment für Pastor Babel, seine Predigt über einen Adventskranz zu halten. Die volle Aufmerksamkeit aller Anwesenden war ihm spätestens ab diesem Zeitpunkt sicher. Er machte dann aber aus den vier Kerzen „Glaube-Sitte-Heimat und Hoffnung“. So bezeichnet, zeigten sie an, dass der Glauben in der westlichen Kirche immer weniger werde und offenbar nur ein Angebot unter vielen Angeboten sei. Also könne man sie auspusten. Die Sitte verfalle in vielen Bereichen, obwohl sie als Moral und Brauchtum einen hohen Wert darstelle und es bereits als etwas verrückt angesehen werde, wenn man sich in einer Gemeinschaft im Glauben – in einer Bruderschaft – engagiere. Also könne man diese Kerze auch auspusten. Bei der Heimat sähe dies nicht anders aus. Viele Neubürger sind Flüchtlinge und heimatlos und die, die aus dem Osten vertrieben wurden, könnten dieses Gefühl sicher noch nachempfinden, was es heißt, keine Heimat mehr zu haben. Auch diese Kerze könne man deshalb löschen. Aber mit der vierten Kerze, der Hoffnung, käme die Botschaft, alle Kerzen anzulassen. Mit Blick auf die Seligpreisungen und die Hoffnung, die diesen inneliegt, sagte Babel: „Die Seligpreisungen sind zwar keine Kirmeswünsche, aber sie machen Hoffnung, dass durch das Wirken der Bruderschaft und ihrer Werte Glaube, Sitte und Heimat erhalten bleiben.“
Zusammen mit der Wachmannschaft, die die Freiwillige Feuerwehr Winnekendonk gestellt hatte, gab es für einen kleinen Kreis um den designierten FKT und seinen Adjutanten Johannes Looschelders einen Empfang im Pfarrhaus, wo mit Kirmesschnaps angestoßen wurde.
Im Bürgerpark war eine Bühne aufgebaut und unter dem Dorfwappen empfingen Hans-Gerd Frerix mit seiner Ehefrau Bärbel, sein Adjutant Johannes Looschelders mit Ehefrau Hildegard, Bürgermeister Dr. Dominik Pichler, Ortsvorsteher Hansgerd Kronenberg und Rüdiger Goebel, Präsident der Geselligen Vereine Winnekendonk, die Abordnungen der Vereine. Platzkommandant Werner Tebart, der diese Funktion seit 30 Jahren ausführt, meldete: „Alle Geselligen Vereine zur Festkettenübergabe angetreten“ und Rüdiger Goebel begrüßte mit einer großen Anzahl Winnekendonkern mit Bewohnern des Katharinenhauses und allen Anwesenden:
„Wer Pastor Babel genau zugehört hat, der weiß jetzt, dass wir schon als verrückt gelten, wenn wir uns nicht nur mit Fernseher, dem Handy oder dem PC beschäftigen, sondern die in aller Frühe wecken, die schon angezogen vor uns stehen und uns in den Geselligen Vereinen einsetzen. Ich bin gerne zusammen mit Ihnen verrückt, mit Jung und Alt in Winnekendonk.“
Mit Leib und Seele
Bürgermeister Pichler griff in seinem Grußwort auch das Thema auf: „Wenn ich mir diesen Heimatminister aus Bayern ansehe, frage ich mich allerdings, wer bekloppt ist, dann doch sicher er und nicht andere.“ Und mit Blick auf den FKT: „Er hat sich mit Leib und Seele für den Ort und den Bezirk eingesetzt. Er hat für seine Sache gebrannt und dies wird sicherlich auch keine Feuerwehr löschen. Ich bleibe noch ein wenig hier und freue mich auf die Gemeinschaft.“
Die Laudatio auf den FKT Hans-Gerd Frerix und seinen Adjutanten Johannes Looschelders hielt Ortsvorsteher Hansgerd Kronenberg. Er wies auf die hohe Wertschätzung auch auswärtiger Schützenschwestern und Schützenbrüder hin, die der Bruderschaft, dem Bundesgolddorf Winnekendonk und dem zu ehrenden FKT entgegengebracht werden. Grund hierfür sei es, dass die Bruderschaft und der FKT die Bereitschaft aufgebracht hätten, sich immer wieder zu Glaube, Sitte und Heimat zu bekennen und durch ein tatkräftiges Beispiel für die Menschen eingetreten seien. „Die höchste Auszeichnung der Ortschaft soll heute einem Bürger zukommen, der sich in besonderer Weise um die Dorfgemeinschaft und die Ideale der festgebenden Bruderschaft verdient gemacht hat. Diese Ehrung wird Hans-Gerd Frerix zuteil.“
Kronenberg beschrieb den Werdegang des FKT, der bereits mit 16 Jahren in die Schützengemeinschaft eingetreten ist, seit 1979 als gewählter Offizier mit verschiedenen Aufgaben des Vorstandes betraut wurde, dem 1986 der Königsschuss gelang und der sich als Fahnenschwenker bis zum Landesfahnenschwenkermeister „hochgearbeitet“ hatte. Kronenberg erwähnte Frerix‘ Präsidentschaft und Ehrenpräsidentschaft in der Bruderschaft sowie zahlreiche Ehrungen. Er beschrieb sein wertvolles Mitwirken in der Freiwilligen Feuerwehr, im Heimatverein „Ons Derp“, im Förderverein St. Urbanus sowie im Martinskomitee. „Diese enge Heimatverbundenheit ist bei dem FKT deutlich geprägt von persönlicher zurückhaltender Bescheidenheit, Freundlichkeit und stetiger Hilfsbereitschaft.“ Als wahres Aushängeschild in einem weiten Umfeld habe sich Frerix die höchste Auszeichnung verdient, nämlich die Festkette der Ortschaft.
Dank an die Ehefrau
Nach der Festkettenübergabe bedankte sich Frerix bei den Geistlichen und Rednern, bei dem Adjutantenehepaar und allen, die mit viel Arbeit den Heimatabend und die Kirmes vorbereitet und gestaltet haben. Besonders aber galt sein Dank seiner Ehefrau Bärbel, die ihm der Herrgott geschenkt habe und ohne die seine aufwendige Vereinsarbeit gar nicht möglich gewesen sei. Frerix zeigte sich sehr berührt, dass er genau 20 Jahre nach seinem Vater nun die Festkette tragen könne und seine Plakette neben der seines Vaters hänge. Er führte aus, dass Tradition oft als verstaubt angesehen werde, dies aber nicht sei. „Tradition muss gelebt werden, aber auch, wenn es hier und da immer wieder Änderungen gibt, ist das kein Traditionsbruch.“ Ein Satz, dessen Autor er leider nicht mehr kenne, drücke dies aus und erinnere ihn immer wieder: „Wenn alles so bleiben soll, wie es ist, muss sich was ändern.“
Abschließend forderte er alle Anwesenden auf: „Nehmen Sie jetzt bitte jeder Ihren rechten und linken Nachbarn – egal ob sie ihn kennen oder nicht – bei der Hand.“ „Und jetzt wünsche ich uns völ Glöcks in de Kermes.“
Nach dem Gedenken an die Gefallenen mit Kranzniederlegung am Ehrenmal und einem Umzug durch das Dorf wurde dann bis spät in den Abend gefeiert.