Heribert Hölz dankt Frauengemeinschaft

Wenn Heribert Hölz erzählt, geht das meist nicht ohne Emotionen, bewegende Worte und tränenerstickte Stimme. Seit 25 Jahren engagiert sich Heribert Hölz unermüdlich in der Bosnienhilfe. Und immer wieder muss er die Frage nach der Notwendigkeit beantworten. „Zu Recht“, antwortet dann der Mann mit der Brille, „aber die Menschen in Bosnien brauchen unsere Hilfe“, versichert der 74-Jährige dann mit Nachdruck.
Gerade erst ist Heribert Hölz von seiner 86. Reise nach Bosnien zurückgekehrt. Mit vielen Eindrücken und Erlebnissen. Mit Bildern, die ihn erneut fesseln, nicht loslassen. 70.000 Euro habe er erst jüngst verteilen können. „Das sind keine Gelder aus Berlin, München oder Hamburg“, berichtet Hölz, „nein, es sind Gelder hier vom Niederrhein und nicht zuletzt aus Kevelaer“, erklärt der Helfer. Denn einmal mehr trug die Frauengemeinschaft St. Marien Kevelaer mit einer beachtlichen Summe zur Hilfe bei. Warum das so ist? Auch darauf kann Heribert Hölz eine klare und verständliche Antwort geben.
„Alle Spender wissen, dass ich das Geld zu 100 Prozent zu den bedürftigen Menschen nach Bosnien gebe“, versichert Hölz. Und die Bedürftigkeit ist groß. Auch wenn der Krieg schon seit mehr als 20 Jahren vorbei ist, herrsche jetzt ein „Krieg mit anderen Waffen“. Ein „Wir“-Gefühl suche man unter den kroatisch-serbischen und bosnischen Einwohnern vergebens. Korruption sei an der Tagesordnung und ziehe sich bis in die Regierungsspitze.
Erhalte ein Rentner gerade mal 50 Euro Rente im Monat, protze ein Politiker mit seinem Geld. „Wer hier lebt, lässt die Flügel hängen, es gibt kaum Perspektiven, schon gar nicht für junge Menschen“, weiß Hölz zu berichten. Und diejenigen, die das System anprangerten, würden mundtot gemacht. Mittlerweile sei Bosnien „das größte Altenheim Europas“.
Heribert Hölz ist einer der letzten Helfer, die sich für die Menschen in den zerstörten Regionen einsetzen. Er eröffnet Suppenküchen, Krankenstationen, Kindergärten. Hölz gründet eine landwirtschaftliche Genossenschaft, organisiert Schaffamilien, treibt damit die Hilfe zur Selbsthilfe an. „Eine fünfköpfige Schafherde kann eine ganze Familie ernähren, sie kann sich damit etwas aufbauen, etwas schaffen“, weiß der Helfer zu berichten. Während seiner Bosnienbesuche sucht er Familien auf, gibt ihnen Anleitung zur Selbsthilfe. Als er im Mai dieses Jahres gemeinsam mit seiner Frau Ursula, die ihm eine unerlässliche Stütze ist, wieder in der Region um Sarajevo unterwegs ist, ereilt ihn die Nachricht, er möge doch bitte eine Familie in der kleinen Stadt Visoko aufsuchen. Heribert Hölz besucht die muslimische Familie. Denn für ihn ist die Religionszugehörigkeit nicht wichtig.
„Es gibt keinen katholischen Hunger“, sagt er mit fester Stimme. In Visoko wird Hölz von Alijha und seiner Familie erwartet. Und drei Schafen. Warum drei Schafe, will Hölz wissen, worauf eine lange und bewegende Geschichte des Familienvaters folgt. Diese macht selbst eine Richterin, die Alijha wegen Diebstahl von Holz verurteilen sollte, betroffen; sie lässt diese in einer Zeitung veröffentlichen. Arbeitslosigkeit, ein schwerstbehinderter Sohn, ein marodes, vom Unwetter zerstörtes Zuhause und ein erbärmlich kalter Winter zwingen Alijha zum Stehlen von Holz. Die Ordensschwester Kata liest vom Schicksal des Familienvaters, sammelt Geld, kauft eine Kuh. Ein weiteres Unwetter trifft die Familie erneut, Erspartes und der Verkaufserlös für die Kuh werden für nötige Reparaturen aufgebraucht.
Wieder greift Schwester Kata ein, lässt Alijha einen Brief an den Kardinal schreiben. Dieser lädt ihn zu sich ein, verspricht seinem „muslimischen Bruder“ Hilfe. Drei Schafe erhält Alijha. Finanziert von der Frauengemeinschaft St. Marien Kevelaer.
„Sie haben der Familie das Leben gerettet“, sagt Heribert Hölz mit bewegter Stimme, der diese Schaffamilie beim nächsten Besuch aufstocken möchte. Heribert Hölz weiß, dass das Ende der Bosnienhilfe naht. „Dann aber werden sehr viele Menschen in Bosnien um eine Hoffnung ärmer sein“, so Heribert Hölz, der sich gerne an die Worte von Mutter Teresa erinnert: „Was wir bewirken, ist kaum mehr als ein Tropfen im Ozean. Aber wenn wir tatenlos blieben, fehlte dem Ozean gerade dieser Tropfen.“ „Eigentlich machen wir, und da beziehe ich die Spendenbereitschaft der hier lebenden Menschen mit ein, nur das, was uns Christen aufgetragen wurde: Helfen“, betont Heribert Hölz, nimmt seine Aktentasche und macht sich wieder auf den Weg. Ein Weg, der noch lange nicht zu Ende ist