Heinrich Lersch – der Mönchengladbacher Arbeiterdichter

Der Vorsitzende des Fördervereins des Niederrhein-Museums, Peter Hohl, begrüßte den Referenten Martin Lersch und dazu genau 15 interessierte ZuhörerInnen, die es am Schluss nicht bereut hatten, dem Enkel des Mönchengladbacher Künstlers, Schriftstellers und Autodidakten Heinrich Lersch zugehört zu haben.

Ein Werk Martin Lerschs hängt in der Museumskneipe. Foto: WiScho


Hohl legte Wert auf die Tatsache, dass „wir nicht nur ein Kevelaerer Museum sind, sondern uns Niederrhein-Museum nennen und daher auch die Verpflichtung haben, niederrheinische Künstler außerhalb Kevelaers zu Wort kommen zu lassen.“ Dazu wies Hohl noch auf drei Gemälde von Martin Lersch an einer Wand der Museumskneipe hin; sie zeigen Kevelaerer Gebäude und Motive von der Entstehungsgeschichte der Wallfahrt (s. Foto).
Martin Lersch, Geburtsjahr 1954, Studium für Design in Krefeld und an der Gesamthochschule Essen, trug Zitate, Gedichte und Texte seines Großvaters mit verhaltener, relativ leiser Stimme vor, die ein konzentriertes Zuhören erforderte. Er begann mit einem plattdeutschen Gedicht aus dem Roman „Hammerschläge“. Auch die weiteren Zitate und Texte ließen immer wieder den rheinischen Ursprung der Sprache erkennen. Sie stammten hauptsächlich aus dem obigen Buch sowie einem Sammelband verschiedener Gedichte und Prosaerzählungen, zusammengestellt 1967, der auch Reiseberichte und die „Hammerschläge“ enthielt; nicht zu vergessen der zweiteilige Roman „Manni“, dessen 2. Teil den Titel „Kinder in der Fremde“ trägt. Interessanterweise, sagt Lersch, habe der erste Teil keine Überschrift.
In „Manni“ kommt autobiographisch deutlich das Lebensschicksal des Großvaters Lersch heraus, der als „Kind der Arbeit“ zeitlebens mit Armut zu kämpfen hatte, zusätzlich zu seiner Asthmakrankheit und einem Lungenleiden, das ihn zu Aufenthalten in der Schweiz (Davos) nötigte.
Seine Texte sind geprägt von Kriegserlebnissen und der Frage, vor allem nach dem 1. Weltkrieg „Was haben wir gelernt?“ nebst der Erkenntnis „Es hat ein jeder Toter des Bruders Angesicht“.
Im Hinblick darauf ist auch ein zweifelnder Gedanke an Gottes Walten zu spüren, wenn er Briefe mit Freunden tauscht und sein berühmtes Gedicht „Soldatenabschied“ verfasst, das ihm falsch ausgelegt wird. Gerade der Refrain dieses Gedichtes war für die Nazis ein gefundenes Propagandafressen: „Lass mich gehen Mutter! Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen!“
Wenn Lersch auch als „Arbeiterdichter“ betrachtet wird, sagt er von sich: „Auch ein Arbeiterkind will nicht immer nur über Arbeit schreiben“.
Hein Lersch, wie man ihn nannte, wurde 1889 in Mönchengladbach geboren. In den gut 46 Jahren seines kurzen Lebens lernte er zunächst von seinem Vater das Handwerk des Kesselschmieds. Dann bildete er sich autodidaktisch weiter und arbeitete in verschiedenen Städten. Schon 1916 erhielt er den Kleist-Preis. Seine Reiseberichte beziehen sich auf Capri 1925, wo er insgesamt drei Jahre verbrachte, und Griechenland 1931.
Rheinischer Literaturpreis

Ab 1935 bis zu seinem Tod in 1936 (Remagen) war er eineinhalb Jahre Mitglied der NSDAP, unterzeichnete gar mit vielen anderen Schriftstellern ein „Treuegelöbnis für Adolf Hitler“, erhielt 1935 den Rheinischen Literaturpreis.
Heinrich Lersch sagte selbst, man habe ihn zum Umformulieren seiner Texte gezwungen und er habe schweren Herzens zugestimmt.
Der OB von Mönchengladbach, Pöschl, bat ihn eines Tages, eine Hymne auf seine Vaterstadt zu dichten, wie es viele Bürgermeister damals taten. Überschrift: „Loblied auf meine Vaterstadt“.
Lersch tut es und schreibt begleitend einen Brief an Herrn Pöschl: „Sie lesen von den Noten eines erschöpften Mannes“, und damit meinte er nicht nur seine fortgeschrittene Krankheit.
Nach zwei Zugaben, die – laut Martin Lersch – „das Publikum soeben aus ihm herausgeprügelt hat“ (Schmunzeln und Lachen im Rund), erkennt man an der Reaktion der Anwesenden (viele interessierte Fragen an den Referenten), dass sie einen unterhaltsamen Vortrag und Vortragenden in der Museumskneipe erlebt hatten.