Hannes Selders wird 70 Jahre alt

Bevor Hannes Selders in die Kommunalpolitik einstieg, hatte er sein privates und berufliches Feld bestellt. Er wurde Büroleiter eines Vermessungsunternehmens in Geldern, schloss sich den Bürgerschützen an und engagierte sich in der DLRG, u.a. 20 Jahre lang als Bezirksvorsitzender. Die Lebensretter zeichneten ihn mit dem Ehrenkreisvorsitz und dem nur selten vergebenen Verdienstabzeichen in Gold des DLRG-Landesverbandes aus. An diesem Donnerstag, 10. August 2017, wird Hannes Selders 70 Jahre alt.
Der Kevelaerer war mit sechs Geschwistern als Sohn des Metzger-Meisters Ludwig Selders und dessen Frau Gerta in der Marienstadt aufgewachsen. Er hatte eine überschaubare Zukunft vor sich, als er 1979 zum ersten Mal Mitglied des Stadtrats von Kevelaer wurde.
Seine Parteifreunde von der CDU übertrugen ihm 1983 den Vizevorsitz im Stadtverband und machten ihn im Jahr darauf zum Vorsitzenden der CDU-Fraktion. Er folgte Hans Broeckmann nach, der die „Seinen“ eher lässig geführt hatte. Selders hielt es anders. Besonders in seinen ersten Jahren als Fraktionschef galt er als straff leitender Vormann mit bisweilen eigensinniger Führung.
Selders arbeitete sich mit Disziplin bis in letzte Details politischer Themen ein. Wenn einer umfassend Bescheid wusste, dann war es neben Klaus Sadowski (FDP) und Winfried Janssen (SPD) immer Hannes Selders. Er konnte aus den umfangreichen Unterlagen, die er zu jeder Sitzung mitschleppte, auf Anhieb die passenden Informationen zu Tage fördern. Das kreideten ihm Zeitgenossen als Detailversessenheit an. Immer wieder hakte Selders auf der Verwaltungsbank nach. Er wollte alles genau wissen und vertraute vor allem dem Sachverstand. Das musste nicht unbedingt sein eigener sein. Wenn Politikerkollegen seinem hartnäckigen Nachbohren nicht folgen konnten oder mochten, hielten sie ihm vor, er solle sich lieber um die große Linie als um Peanuts kümmern.
Selders konnte und machte beides. Allerdings ließ er sich nicht, wie er einmal sagte, „von bunten Plänchen“ beeindrucken, die es zuhauf von der Verwaltung in die politischen Gremien schafften. Er scheute sich nicht, gegen den Strom zu schwimmen. Als 1988 der Rat über ein Konzept für das B&B-Gelände (heute LuGa) debattierte, das den etablierten Einzelhandel schwer belastet hätte, argumentierte Hannes Selders konsequent gegen diese „Dampfwalze für die heimische Wirtschaft“. Martin Willing kommentierte später im KB: „Niemand in der CDU-Fraktion hat so frühzeitig und so engagiert gegen die nun beschlossene Massiv-Bebauung des B&B-Geländes zu kämpfen gehabt wie ihr Vorsitzender Hannes Selders. … Er hat sein Eintreten gegen das Projekt standhaft durchgehalten; alles andere wäre für ihn eine politische und menschliche Unerträglichkeit gewesen.“
Bei der folgenden Kommunalwahl stürzte die CDU im Vergleich zur vorangegangenen Wahl um 10 Prozentpunkte ab, Hannes Selders in seinem Wahlbezirk um 22 Prozentpunkte. Eine Abstrafung für den Frontmann, der für die verunglückte B&B-Politik verantwortlich gemacht wurde? Sicher nicht allein. Landes- und kreisweit hatte die CDU desaströse Ergebnisse eingefahren.

Hannes Selders (r.) 1992 mit Stadtdirektor Heinz Paal über einem Modell der Innenstadt im Ratssaal.

Hannes Selders (r.) 1992 mit Stadtdirektor Heinz Paal über einem Modell der Innenstadt im Ratssaal.


Selders blieb seiner Linie im neuen Rat treu. Hatte er sich einmal für einen gangbaren Weg entschieden, hielt er daran fest. Das hatte für ihn mit Haltung und Verlässlichkeit zu tun.
1993 streckte Hannes Selders seine Fühler zur Kreisebene aus (Mitglied im CDU-Kreisvorstand), im Jahr darauf wurde er Kreistags-Abgeordneter und zugleich erneut Fraktionschef im Stadtrat Kevelaer.
Als er 1997 im Kreis ungezählter Politiker seinen 50. Geburtstag feierte, lernte mancher Selders neu kennen. Entspannt, gesellig und witzig kommentierte er die unterschiedlichen Standpunkte zur Lokalpolitik.
Wenige Wochen später wurde Selders in das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden der Kreis Kleve Abfallwirtschaft GmbH gewählt. Damals sagte er dem KB, er wolle die Geschäftsführung der kreiseigenen Firma konstruktiv und kritisch begleiten, damit gute wirtschaftliche Ergebnisse erzielt würden. Sie sind für Selders gleichbedeutend mit Entwicklung und Investition. Bis heute hat er das Amt ohne Unterbrechung inne und ist in der sehr komplexen Thematik bestens bewandert.
1997 wurde der CDU-Politiker im parteiinternen Wahlkampf um die Bürgermeisterkandidatur zur Kommunalwahl 1999 bei einer ersten Abstimmung böse ausgebootet. Heinz Paal machte das Rennen. Selders, der Pflichtbewusste, blieb bei der Stange.
Im November 1997 drohte nach jahrelanger Hängepartie das „Balnearische Kur- und Erholungszentrum“ zu scheitern. Das KB fragte Selders: „Was passiert, wenn es zwischen der Stadt und Kurzentrumsentwickler Wolfgang Dömkes zu keiner fruchtbaren Zusammenarbeit kommt?“ Selders vorsichtig: „Für den Fall plädiere ich dafür, dass wir erst einmal eine vernünftige Datenbasis erstellen und die Machbarkeit prüfen.“ Das war sein Weg: erst ein Fundament legen.
1998 sagte Hannes Selders in seiner Haushaltsrede über das Kur- und Erholungszentrum: „Vielleicht muss man den Mut haben, die durch die erfolgreiche Bohrung entstandene Perspektive einer anderen Generation zu überlassen.“ Recht hatte er. Wie so oft in seinen 20 Jahren Ratsarbeit! Stolz ist er darauf, dass die Verschuldung der Stadt unter seiner 15-jährigen Fraktionsführung von 1984 bis 1999 gestoppt wurde und dann sogar leicht rückläufig war. Für ihn sind solide Finanzen die Grundlage jeder weiterführenden Arbeit. Nach seiner Zeit, sagt er, habe sich die Verschuldung in wenigen Jahren verdoppelt.
18 Jahre lang kümmerte er sich an vorderster Stelle im Planungsausschuss um die großen Themen der Stadt. Der Rat debattierte hitzig über zweite Niersbrücke, OW1, Fluglärm, Realschule und Schulentwicklung, B&B, Blumen- und Vogelpark, Hallen- und Freibadsanierung, Bauhofneubau, Bauleitplanung, Wirtschaftsförderung, Traberpark und vieles mehr. Selders blieb bei manchen umstritten und Spielball der Machtinteressen anderer.
„Parteifreunde“ kritisierten 1998 plötzlich, das Doppelmandat von Selders auf Stadt- und Kreisebene sei nicht mehr tragbar. Selders war wie vor den Kopf gestoßen: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Arbeit schlecht beurteilt wird. Durch die Verzahnung stellen sich Synergieeffekte ein.“ 1999 zog Selders die Konsequenz. Er verzichtete auf eine Kandidatur für ein Stadtratsmandat, trat bei der offiziellen Nominierung des CDU-Bürgermeisterkandidaten nicht mehr an (Paal wurde gewählt) und steckte seine politische Kraft erfolgreich in seine Arbeit auf Kreis-Ebene. Das tut er bis heute.
Seit 1994 sitzt er im Kreistag. Seit 17 Jahren arbeitet er im wichtigen Kreisausschuss und ununterbrochen im Ausschuss für Umwelt und Strukturplanung mit.
Auch in der Kreispolitik sind Finanzen und Planung seine Steckenpferde.
Seit 2004 engagiert er sich im Verkehrsausschuss des Regionalrats Düsseldorf. Hier kommt immer mal wieder das Thema „zweiter Bauabschnitt der OW1“ zur Sprache. Die never ending story dieser Straße empfindet er bei allem Einsatz für das Projekt seit 1980 als eine der größten Enttäuschungen seiner politischen Laufbahn.
Es spricht für Selders, dass er das über ein Sachthema sagt und nicht über negative persönliche Erfahrungen. Davon gibt es reichlich.
2012 kam es zur „Fax“-Affäre. Am 17. September schickte ein Unbekannter Bürgermeister Dr. Axel Stibi und lokalen Medien ein Fax. Darin wurden Vorwürfe gegen das Vorstandsmitglied des CDU-Kreisverbands, Dr. Frank Wackers, erhoben. Der Urheber des Faxes stellte die Rechtmäßigkeit einer damals noch vorgesehenen Ratsmitgliedschaft von Wackers in Kevelaer infrage. Das Schreiben stammte, wie das Protokollsystem des Rathauses trotz Rufnummernunterdrückung festhalten konnte, von einem Anschluss, der Hannes Selders zugeordnet ist.
Hannes Selders bestritt vehement, Urheber des Faxes zu sein. Rückendeckung bekam er von CDU-Generalsekretär Bodo Löttgen, der sagte: „Ich schicke Ihnen jedes Fax mit jeder Nummer zu.“ Als Kriminalpolizist, der mit IT-Sicherheitsfragen beschäftigt war, könne er das beurteilen. Heute sind solche Manipulationen fast an der Tagesordnung. Die wahren Hintergründe konnten nie ermittelt werden. Obwohl die Unschuldsvermutung zu gelten hat, wurden immer wieder Verdächtigungen gegen Hannes Selders laut. Sie machten dem Mann, der stets für Korrektheit gestritten hat, sehr zu schaffen.
Sein sicherer Rückzugsort waren und sind seine Familie, sein riesiges Anwesen auf Hüdderath, das dank voranschreitender Auskiesung inzwischen malerisch auf einer Halbinsel liegt, und Freunde wie der verstorbene Sparkassenchef Gerd Blombach. Ihre Verbindung wuchs, als Selders von 1984 bis 1999 in Sparkassengremien aktiv war. Sie hielt, als Blombach schwer und schließlich lebensbedrohlich krank war.
Mitten im Leben steht Hannes Selders mit seinen vier Enkelkindern – Sophie (geboren 2008) und Laurenz (2011) von Tochter Verena (1979) sowie Clemens (2015) und Klara (2017) von Sohn Thomas (1982). Wenn er mit dem Rad unterwegs ist oder mit seiner Frau Gerti zum x-ten Mal nach Portugal reist oder im eigenen Garten Kartoffeln erntet, ist er ein dankbarer und glücklicher Mensch.