Halber Thron, volle Kirmes

Eine Twistedener Kirmes ohne Königsthron ist möglich. Aber nur halb so schön. Das war auch Siegmund Schlutt bewusst, der zur fortgeschrittenen Stunde schließlich beherzt auf den Vogel schoss und sich damit beim traditionellen Vogelschießen am Himmelfahrtstag die Königswürde sicherte. „Es war kein wirklicher Anwärter auf den Königsthron da“, so das Mitglied der Twistedener St. Antonius-Bruderschaft.
Zwar kann der diesjährige Schützenkönig keine Königin an seiner Seite präsentieren, dafür aber zwei junge Minister, die ihn während seiner Regentschaft den Rücken stärken werden. „Auch wenn wir nur einen halben Thron präsentieren können, werden wir mit den Twistedenern eine volle Kirmes feiern“, versichern Siegmund Schlutt, Daniel Witte und Alexander Hecks.
Als langjähriges und treues Mitglied in der Bruderschaft ist Siegmund Schlutt in Twisteden kein Unbekannter. Im Gegenteil. Schon 1998 vertritt er mit Doris Mierzwa an seiner Seite die Königswürde, begleitete 2002 und 2009 als Minister, ebenfalls mit Doris Mierzwa, das jeweilige Königspaar. Mit 19 Jahren tritt der in Twisteden aufgewachsene Junggeselle der Bruderschaft bei, schließt sich gleichzeitig der Schießgruppe an. Für Siegmund Schlutt ist das Vereinsleben ganz wichtig. „Hier erfährt man Zusammenhalt und Geselligkeit“, weiß der 64-jährige Rentner, der zusätzlich seit über 20 Jahren dem Twistedener Musikverein angehört, im Natur-und Heimatverein vertreten ist und dem DJK Sportverein die Treue hält. „Jetzt aber nur noch passiv“, erklärt der frühere Alt-Herren-Kicker.
Kirmes hat für den Fahnenoffizier und jetzigen Throninhaber eine große Bedeutung: „Diese Tradition sollte möglichst lange erhalten bleiben“, erhofft sich Siegmund Schlutt, der froh und dankbar ist, junge Minister an seiner Seite zu haben. Auch das zeige, dass die Twistedener Bruderschaft nicht an Attraktivität verloren habe. Für den 27-jährigen Daniel Witte und 25-jährigen Alexander Hecks ist es selbstverständlich, ihren Vereinskameraden zu begleiten. „Siegmund hat uns gefragt und wir haben zugesagt“, erklärt der gelernte Gärtner, „diese Zusammensetzung ist mal was anderes“, fügt sein Freund und Vereinskamerad, Alexander Hecks hinzu.
Beide Minister leben mit ihrer Zugehörigkeit in der St. Antonius-Bruderschaft eine lange Familientradition weiter. Denn Familie Witte wie Familie Hecks waren in den vergangenen Jahrzehnten mehrmals beim Twistedener Hofstaat vertreten. „Das möchten wir weiterführen“, so die Fahnenoffiziere. Zum bestehenden Hofstaat kann die St. Antonius-Bruderschaft auch in diesem Jahr wieder einen Jungschützenthron präsentieren. Mit 487 Schuss sicherte sich Michelle Schiedeck die Prinzessinnenwürde. Vor fünf Jahren trat die fast 18-jährige den Jungschützen bei. Die Schülerin am Klever Berufskolleg führt damit ebenfalls eine langjährige Familientradition weiter. Ihre Mutter, Nicole Schiedeck, besetzte vor zwei Jahren als erste Königin in der Geschichte der Twistedener Bruderschaft den Königsthron. Und auch ihr Bruder Niklas, der seiner Schwester als Minister zur Seite steht, gehört den Jung­schützen seit nahezu acht Jahren an.

Prinzessin Michelle Schiedeck mit ihren Ministern Sabrina Hußmann und Niklas Schiedeck.


„Wir hatten nun mal keinen Bock auf Fußball“, gesteht das Geschwisterpaar, „und hier in der Schießgruppe trifft man immer auf nette Menschen“, garantiert der 19-jährige angehende Baustoffprüfer. Zwar liebt Sabrina Hußmann, sie ist die zweite Ministerin an der Seite der Jungschützenprinzessin, den Fußball über alles. Aber auch sie gehört den Jungschützen an und bereichert mit ihrem Können die Fahnenschwenkergruppe. Gemeinsam mit dem Königsthron freuen sich die Jungschützen auf fröhliche Kirmestage. „Wir hoffen auf gutes Wetter und viele Besucher“, sagt Siegmund Schlutt.
Auf entspannte und fröhliche Kirmestage hofft auch das Präsidiumsmitglied Guido Paeßens: „Wir veranstalten dieses Jahr erstmalig ein Oktoberfest im Kirmeszelt“, berichtet Paeßens, der sich damit einen frischen Schwung für den Beginn der Twistedener Kirmes erhofft. „Der Freitagabend hatte bisher immer einen schwierigen Stand“, gesteht der Schützenbruder. Deshalb hat sich das Präsidium mit einem zünftigen Bayerischen Oktoberfest eine Neuerung einfallen lassen.
Bisherige Angebote wie Disco für die junge Generation und einige andere Versuche, die Besucher ins Zelt zu locken, schlugen in den vergangenen Jahren fehl. Das Angebot eines Oktoberfestes mit der Band „Die Lausbuba“, Schweinshaxen, Kartoffelpüree und Sauerkraut, dazu eine zünftige Maß Bier, fand schon im Kartenvorverkauf reichlich Interesse.
„Damit haben wir nicht gerechnet“, freut sich Guido Paeßens, der darauf hofft, dass die weiteren Kirmestage nicht darunter leiden. „Es wäre schade, wenn an den beiden Festtagen, Samstag und Montag die Besucher fern bleiben würden“, so das Präsidiumsmitglied, das dazu einlädt, auch die traditionellen Festgottesdienste, Samstag um 18 Uhr und Montag um 14.30 Uhr in der Twistedener Pfarrkirche zu besuchen.