In grauer Vorzeit, genauer gesagt 1972, als die heutige Nordstraße noch Neuenkaulenweg hieß, hatte man von dort aus noch freien Blick über alle Wiesen und Felder und konnte ohne Anstrengung erspähen, wenn kurz vor Weeze ein Heuballen in Brand geriet. Das war dann aber auch schon so ziemlich einer der eher seltenen Momente, in denen der Puls hochschlug, denn das Leben am Rande Keylaers war, mal abgesehen vom jährlichen Fest der Hubertusgilde, doch recht beschaulich.
Auf Brautschau
Wer beizeiten auf Brautschau wollte und dabei nicht die Tochter von nebenan im Auge hatte, musste zwangsläufig das heimatliche Terrain verlassen. So tat es auch der damals 19-jährige Walter Ripkens, der sich zur Kirmes nach Twisteden aufmachte, wo man, wie er wusste, zu feiern verstand und wo ihn – wen wundert‘s – sodann Amors Pfeil traf, und zwar heftig und mitten ins Herz, man könnte sagen: ‚Es war um ihn geschehen!‘
„Ganze sechs Wochen“ gab die damals 16-jährige Irmi Mülders dem bis dato Unbekannten, der sie zum Tanz aufforderte. Aber Pustekuchen, irgendwas an dem angehenden Tischler faszinierte die lebhafte junge Frau nachhaltig, und das war nicht nur sein aufgepimpter alter Kadett mit schwarz-gelben Streifen, mit dem er sie fortan, wenn eben möglich, vom Textilhaus Sieben an der Marktstraße abholte.
Dort war Irmi in der Lehre und verkaufte neben Wäsche aller Art auch noch Taschentücher aus Stoff, und zwar einzeln oder als Dreier-Set im schmuck…