Gewinne für die Grünen bei der Europawahl in Kevelaer
Im Kevelaerer Rathaus trafen am Tag der Europawahl Bürger und Vertreter der politischen Parteien ein, um auf einer Leinwand die TV-Bilder und die Ergebnisse für die Wallfahrtsstadt einzuordnen. Schnell wurde deutlich, dass es für die Sozialdemokraten ein ungemütlicher Abend werden würde. Sowohl hinsichtlich der Bundesergebnisse der Europawahl, die einen Absturz auf 15 Prozent schon andeuteten, als auch mit Blick auf die Ergebnisse in Kevelaer und die absehbare Niederlage bei der Bremer Bürgerschaftswahl.
Auch der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Angenendt verfolgte das Verkünden der Ergebnisse. „Einfach nur traurig“, war der knappe Kommentar, den er dazu abgeben konnte. „Da muss man langsam wach werden“, ergänzte er in Richtung Berlin.
Pichler:„Eine derbe Niederlage.”
Ausführlicher äußerte sich in einem frühen Stadium der Auswertung der Kevelaerer Bürgermeister. „Wir haben derzeit auf Bundesebene eine schwache Performance. In den letzten Monaten ging es um Klimaschutz“ – und da seien die Grünen halt glaubwürdiger vertreten gewesen. „Eine derbe Niederlage“ nannte Pichler das Ergebnis, „nicht völlig überraschend.“ Es liege ihm fern, kluge Ratschläge an seine Partei zu geben. „Dass das die eine oder andere Konsequenz haben muss, liegt auf der Hand“, ließ er offen, ob diese eher inhaltlicher oder personeller Natur sein sollen.
Positiv bewertete er den Trend, dass die AfD im Vergleich zur Bundestagswahl verloren hat. „Wenn die Flüchtlingspolitik nicht gehypt wird, verliert sie Wähler“, und dass ihr der eine oder andere Spendenskandal auf die Füße falle, das komme halt noch dazu.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Paul Schaffers meinte, es handele sich hier um keine Kommunalwahl, sondern um eine Europawahl, die man nicht so ohne Weiteres übertragen könne. Die eigenen CDU-Verluste – sowohl in Kevelaer als auch im Bund bei der Wahl – hätten ihre Ursache in dem alles überlagernden Thema Umweltschutz gehabt, so Schaffers. „Da haben die Grünen unberechtigterweise ein Alleinstellungsmerkmal. Wir müssen besser erklären, dass wir es da besser können.“ Und „so schnell“, wie die Grünen das mit dem ökologischen Wandel versprechen würden, „wird es nicht gehen.“ Der SPD-Abwärtstrend sei „schlecht, weil es dadurch schwer wird, politische Mehrheiten zu kriegen“, so wie in anderen europäischen Ländern.
Mario Maaßen (CDU) machte neben der „Fridays for Future“-Bewegung, wo die Grünen „super mit gefahren und aufgesprungen“ sind, für seine Partei einen weiteren Aspekt deutlich. „Da war das Rezo-Video, da haben die Jüngeren eine Reaktion darauf erwartet“, sah er die Schwäche der eigenen Kommunikation gerade in dem Segment als problematisch an.
Verantwortung für den Klimaschutz
Entspannt konnten die Grünen als klarer Wahlsieger den Abend verfolgen. „Das ist ein Riesenerfolg für uns heute“, erklärte Birgitt Höhn, Ratsmitglied und Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion im Kreistag. „Das bestätigt unsere Arbeit. Mit den Themen der Jugend laufen wir seit 40 Jahren rum“, zeigte sie sich angesichts der noch offenen Zusammensetzung der europäischen Bewegungen und der Frage, ob es einen Rechtsruck in anderen europäischen Ländern gibt, verhalten. Man trage für die Themen Klimaschutz und die ökologisch-soziale Transformation Verantwortung. „So macht´s noch mehr Spaß – Grüne sind ja immer Überzeugungstäter“, war ihre Freude verständlich.
Bei der FDP hielt sich die Freude über das Ergebnis in Grenzen. „Wir waren grundsätzlich nie eine Riesenpartei, waren immer eine Partei, die ihre Akzente gesetzt hat“, meinte Ratsmitglied Jan Itrich. Es habe Trends gegeben, wie das Klima, wo die Grünen es geschafft hätten, Wähler anzusprechen. „Es gibt die Erwartung, dass diese Themen mit mehr Nachdruck verfolgt werden.“
In Kevelaer war die Wahlbeteiligung mit 13.238 Wählern und somit 63,07 Prozent höher als vor fünf Jahren mit 53,08 Prozent.