Gesundes Misstrauen ist ratsam

Es war nur eine Handvoll von Seniorinnen, die auf Einladung der Pfarrcaritas St. Marien den Weg in das Petrus-Canisius-Haus gefunden hatten. Dort ließen sie sich zu den Themen „Enkeltrick“und „falsche Polizisten“ aufklären.
„Wir haben mit mehr Zuspruch gerechnet. Aber wenn wir hier die Botschaft rüberbringen und Sie alle was mitnehmen, dann ist das ein Anfang“, begrüßte Silvia Rommen-Ahlbrecht von der Pfarrcaritas die Damen und die Seniorenbeauftragte der Klever Kreispolizei, Stefanie Bodden-Bergau.
Die Kriminalhauptkomissarin, die zuvor schon in anderen Deliktbereichen tätig war, hielt anschließend einen rund einstündigen Vortrag, der sehr aufschlussreich die aktuellen Bedrohung organisierter Banden mit Hilfe des „Enkeltricks“ und der Masche des „falschen Polizisten“ auch im Kreis Kleve darstellte. „Wir können Sie sensibilisieren“, lautete ihr Ansatz für die kommenden Ausführungen.
Die Deliktzahlen zum Nachteil der Senioren seien stark angestiegen, verdeutlichte die Kommissarin und nannte für den Kreis Kleve die Schadenssumme von 663.229 Euro. „Die können wir wegen der Dunkelziffer locker verdoppeln“, versicherte sie. Betroffene würden sich sehr oft schämen und solche Delikte gar nicht erst anzeigen.
Der Enkeltrick sei bereits seit 20 Jahren auf hohem Niveau existent, so die Fachexpertin. Oft suchten sich die Täter ihre Opfer über älter klingende Vornamen wie „Gertrud“ im Telefonbuch aus und sprächen geschickt die Person dann direkt mit „Hallo Oma/Opa“ an.
Opfer werden unter Druck gesetzt
Wenn die Person dann den Vornamen des vermeintlichen Enkels wie „Andreas“ nennt, schlüpfe der Anrufer geschickt in diese Rolle. „Und wenn er fremd klingt, heißt es, ich bin verschnupft oder es besteht eine schlechte Telefonleitung“, so die Kommissarin.
Der Anrufer verlange dann Geld, um aus einer Notsituation herauszukommen und setze das Opfer mit Sätzen wie „Sonst rufe ich Dich nie wieder an“ subtil-aggressiv unter Druck. „Aber sag es niemandem, ich schäme mich“ und die Aufforderung, den Bankbeamten zu belügen, komme anschließend dazu. Und ein „bester Freund“ komme dann, um das Geld abzuholen.
Die 53-Jährige zeigte das Beispiel einer Anrufliste, wo der Teilnehmer mit dem Senior 3.345 Sekunden lang geredet hat und auch danach immer wieder anrief, um den Druck aufrechtzuerhalten: „Und das Opfer aus dem Kreis Kleve hat dem Täter eine fünfstellige Summe gezahlt.“
In Sachen „falsche Polizisten“ seien die Kreisbehörden Anfang diesen Jahres förmlich von Anrufen „überschwemmt worden“. Die Zahlen seien da von 33 (2016) auf 112 (2017) angezeigten Fällen gestiegen. Da sei die Suchtechnik ähnlich. Die Masche sei, sich am Telefon als Polizist, von Interpol, als Richter oder dessen Sekretärin auszugeben. Oft riefen die Täter über 110 an, ließend das Ganze über Internet-Telefonie laufen. „Das ist immer ein Fake!“
Diese Leute behaupteten dann solche abstrusen Dinge wie, dass es eine Einbruchserie gebe und die besagte Frau auf einer Liste von potenziellen Opfern stehe. „Die Täter fragen dann nach der Hausbank und behaupten, der Bankangestellte sei ein Spitzel. Der angebliche Täter ruft oftmals an, baut zu der Person Vertrauen auf und sagt dann: Sie müssen Ihr Geld von der Bank abholen.“
Sogar mit „rechtlichen Konsequenzen“ werde dann den Opfern am Telefon gedroht. Und dann wird ihnen suggeriert, dass das Geld bei der „Polizei“ besser aufgehoben sei. Eine Frau aus dem Kreis Kleve sei so verängstigt gewesen, dass sie das Geld abgeholt und in eine Plastiktüte an die Tür gehängt habe. Nach einem Tipp habe die Polizei die Täter aber festnehmen können.
Ein stark organisierter Gegner
Man müsse sich vergegenwärtigen, dass es sich um organisierte Banden und somit einen „starken Gegner“ handelt. Verwandtschaftlich geprägte Familien, die vom Ausland aus verdeckt aggressiv agierten und vor Ort jeweils einen Anrufer, einen Logistiker, ein Abholteam mit Fahrer, einen Observanten und einen Geldabholer hätten.
Dabei setzten die Täter auf die Hörschwächen der Opfer, ihre Vereinsamung und ihre Obrigkeitshörigkeit, die Überforderung durch die spontane Situation sowie die Gutgläubigkeit. „Sie sind so erzogen worden zu helfen. Das nutzen die Täter aus“, sagte die Beamtin. Das habe aber nichts mit Dummheit oder Naivität zu tun.
Bodden-Bergau gab noch ein paar nützliche Tipps. Wenn es geschieht, sollte sich keiner scheuen, die Polizei anzurufen. „Man sollte seine sozialen Kontakte beibehalten, mit seinem Geldinstitut eine Vereinbarung für Anrufe bei Verwandten treffen“, und nach Möglichkeit keine Angaben über sich, sein Vermögen und seine persönlichen Verhältnisse machen.
„Seien Sie wieder ein Stück misstrauischer“, nannte sie das Beispiel einer angeblich schwangeren Frau, die nur ein Glas Wasser wolle und dann dem Komplizen umbemerkt die Gelegenheit zum Durchsuchen der Räume gebe. „Bringen Sie ihr das Wasser vor die Tür und lassen Sie sie dort trinken.“ Auch eine Türkette bringe in der Beziehung „ein Stück Sicherheit“. Und wenn sich jemand ohne Namen am Telefon melde, müsse eins gelten: „Dann legen