Generationswechsel in Twisteden
Die Gründung eines neuen Unternehmens ist für sich eine anspruchsvolle und in jeglicher Hinsicht fordernde Angelegenheit – eine bestehende Struktur in geordneter Weise an die nächste Generation weiterzureichen, bedarf jedoch keines geringeren Aufwandes. Dieser Prozess ist bei Gartenbau Janßen aus Twisteden in vollem Gange, wo zweite und dritte Generation derzeit gemeinsam im Unternehmen aktiv sind.
1964 gegründet
Der 1964 von Matthias und Margarethe Janßen gegründete Betrieb ging 1998 in die Hände des Sohnes, Hubert Janßen und dessen Frau Gabi über – Hubert Janßen einen „Seniorchef“ zu nennen, möchte einem Dank seiner agilen Art allerdings nicht recht einfallen. Es gehört zum Plan der Familie, eben nicht sich einst ergebenden Zwängen die Führung zu überlassen, sondern in Ruhe ein allmähliches „Herüberwachsen“ der Verantwortung an die Nachfolgegeneration zu gestalten.
Hubert Janßen erinnert sich genau an die verglichen mit heute damals für ihn gänzlich andere Situation: Der Führungsstil war ein vollkommen anderer und bot ihm wenig Einblick in Planung und Bücher – alte Schule eben. Genau das wollte er nicht machen und fing früh an, Verantwortung im Betrieb auf weitere Schultern zu verteilen, zunächst auf ausgewählte Mitarbeiter und später auf seine Söhne Raphael und Marek – Tochter Lavinia steht bereits in den Startlöchern.
Die letzten beiden Jahrzehnte waren für die Janßens von einem rasanten Wachstum ihres Betriebes geprägt. Ein paar Zahlen sprechen Bände: Die Zahl der festen Mitarbeiter wuchs von fünf auf etwa 40 Festangestellte an, die in den jahreszeitlichen Spitzen durch nochmals 25 Saisonkräfte unterstützt werden. Permanent vier Auszubildende runden das Team ab – qualifizierter Nachwuchs ist überlebenswichtig. Die bewirtschaftete Fläche verzehnfachte sich auf nunmehr 25 Hektar. Damit einhergehend wuchsen auch die qualitativen Anforderungen an die Unternehmerpersönlichkeit, wie Hubert Janßen ausführt.
Neuem und auch zunächst Unwägbarem war er immer aufgeschlossen und wagte den Einstieg als Lizenznehmer bei den „Beauty Ladies“ – eine der beiden großen Produktlinien im Bereich der „Calluna vulgaris“. Das Wagnis ging auf, und der von Sohn Raphael geführte Jungpflanzenbetrieb zählt heute zu den wenigen zugelassenen und qualitativ streng kontrollierten Vermehrungsbetrieben in diesem Bereich – 25 Millionen Stecklinge allein dieser Art werden jährlich bei Janßens in Twisteden produziert. Von einem „Hidden Champion“ am Niederrhein zu reden, ist gewiss keine Übertreibung.
Bei aller Planung braucht manches auch ein Quäntchen Glück. Die Vererbung der „Unternehmergene“ vom Vater an den Sohn Raphael dürfte dazuzählen, entdeckte dieser doch schon früh sein Herz für den heimatlichen Betrieb. Da wirken Ausbildung zum Gärtner im Zierpflanzenbau, Meisterschule, sowie eine kaufmännische Ausbildung beinahe wie logische Konsequenzen. Hubert Janßen betont, dass er den Sohn nie drängen musste, Führungsaufgaben zu übernehmen, sondern dieser sich selbige immer allein heranzog – er ließ ihn gern gewähren.
Alle Kinder im Betrieb
Dennoch ist es dem Vater wichtig, die Last der Verantwortung nicht auf die Schultern eines Einzelnen zu legen. Und so spürt man eine gewisse Freude, dass es Sohn Marek schließlich auch „angesteckt“ hat und er nach erster Ausbildung zum Tischler den Weg in den Gartenbau gefunden hat – er besucht momentan die Meisterschule und soll perspektivisch die Betriebsleitung in der Produktion übernehmen. Fehlt noch die Dritte und Jüngste im Bunde, Tochter Lavinia. Sie absolviert derzeit eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich und soll auch genau in diesem Aufgabenfeld einst ihre Bestimmung finden.
Es sitzt also tatsächlich die ganze Familie in einem Boot und der Begriff „Familienbetrieb“ bekommt geradezu wortwörtliche Bedeutung. Es war nun viel von starken Männern die Rede, daher sei nicht vergessen, dass hinter diesen meist auch eine starke Frau steht. Hubert Janßens Frau Gabi war von Anfang an im Betrieb tätig, leitet in der Saison die Versandarbeiten und ist täglich mit vielfältigen Aufgaben im Unternehmen beschäftigt. Für jeden Unternehmer ist die Unterstützung des Lebenspartners existenziell. Sohn Raphael gesteht sich ein, dass er für seine derzeit noch studierende Freundin eher wenig Zeit hat. Auch das treibt ihn an, bestehende Abläufe zu optimieren, um auch noch Privatmensch bleiben zu können.
Um im Bild des Gartenbaus zu bleiben: Der Boden für gedeihliches Wachstum auch in den nächsten Jahrzehnten ist also bereitet. Ein Wachstum um jeden Preis ist es aber nicht, was die Janßens anstreben; vielmehr soll die Optimierung vorhandener Strukturen und die Perfektionierung des bereits Begonnenen zunächst im Vordergrund stehen. Die Herausforderungen der Zukunft sind vielfältig. So sind Automatisierung und Digitalisierung auch im Gartenbau längst Alltag und werden weiter an Bedeutung gewinnen – Gärtnern 4.0 gewissermaßen.