Generalvikar ermuntert Pfarreien, über neue Leitungsmodelle nachzudenken

Seit einem halben Jahr ist Dr. Klaus Winterkamp als Generalvikar im Bistum Münster der Stellvertreter von Bischof Dr. Felix Genn. Über seine Erfahrungen aus den ersten sechs Monaten hat er kürzlich im Kevelaerer Priesterhaus bei der Versammlung des Kreisdekanats Kleve berichtet. Dazu waren Vertreter aus Pfarreiräten, Kirchenvorständen und verschiedener Institutionen in die Wallfahrtsstadt gekommen.
Winterkamp nahm in seinem Bericht kein Blatt vor den Mund. Das beherrschende Thema sei der Missbrauchsskandal in der Kirche gewesen, damit einhergehend die Aufarbeitung der sogenannten MHG-Studie, die sich mit diesem Thema befasst. „Das wird mich auch weiterhin beschäftigen“, sagte er.
Das Bistum habe mit Peter Frings nun jedoch einen Interventionsbeauftragten, der das gesamte Thema künftig koordiniert. Auch weiterhin wird es im Bistum Münster Präventionsschulungen für die Beschäftigten geben. Aaußerdem stellen alle Pfarreien und Institutionen des Bistums ein Institutionelles Schutzkonzept auf. „Das sind gute und vernünftige Wege, die erheblich zur Sensibilisierung beitragen“, erklärte der Generalvikar.
Er betonte, dass die Kirche eine neue Bewertung der Sexualität vornehmen müsse. „Sonst wird das für den kirchlichen Bereich dramatische Folgen haben“, warnte er und wies auf die schon jetzt hohen Austrittszahlen hin. Insgesamt gebe es eine große Unzufriedenheit über den Umgang der Kirche mit den anstehenden Themen. Dazu gehöre auch die Rolle der Frau in leitenden Positionen.
„Wir müssen über neue Leitungsmodelle nachdenken“, sagte der Generalvikar und wies direkt darauf hin, dass es womöglich keine einheitliche Lösung für alle Pfarreien in den unterschiedlich geprägten Regionen des Bistums geben kann. „Da müssen wir vor Ort ausprobieren, was funktioniert“, erklärte er.
Winterkamp ermutigte die Pfarreien, ihre Ideen und Erfahrungen in den Prozess einzubringen. Er stellte jedoch auch klar: „Eine Pfarrei, die das nicht will, muss kein neues Modell entwickeln. Die Frage nach der Leitung wird sich in Zukunft aber immer mehr stellen.“
Im Anschluss an den Vortrag nutzten die Zuhörer die Gelegenheit, ausführlich mit dem Generalvikar zu diskutieren. Dabei gab es zunächst Dank für eine „glasklare Analyse der derzeitigen Situation“, die eine Teilnehmerin Winterkamp attestierte. Es wurde jedoch auch über „Frust“ berichtet, weil viele Prozesse nur sehr langsam ablaufen oder ausgebremst würden. Die Erwiderung des Generalvikars war eindeutig: „Werfen Sie nicht die Flinte ins Korn und machen Sie weiter mit den Experimenten.“
Emotional wurde es zum Schluss der Versammlung. Karl Borkes, der das Kreisdekanat im Diözesanrat vertritt, ergriff das Wort, um sich bei Kreisdekanatsgeschäftsführer Hubert Lemken zu bedanken. Lemken tritt im Laufe des Jahres in den Ruhestand und wurde bei der Kreisdekanatsversammlung mit stehenden Ovationen verabschiedet. Die „offizielle Verabschiedung“, betonte Kreisdechant Johannes Mecking, sei das aber noch nicht gewesen. Diese ist für Donnerstag, 27. Juni, geplant.