Gärtnernd durch die Krise

Jüngst lief es mehrfach in verschiedenen Facetten über den Nachrichten-Ticker: „Die Deutschen“ gärtnern wieder mehr – Corona sei Dank. Gerade in Großstädten wären Kleingartenparzellen wohl auf Jahre nicht mehr zu bekommen, glücklicherweise ist diesbezüglich die Lage in Kevelaer noch entspannt. Bester heimischer Seismograph für derartige Entwicklungen ist das Gartencenter Breuer, findet man doch genau dort all jenes, was einem dem Wunsch nach ‚Autarkie in der Gemüsefrage‘ ein kleines Stück näher bringt. Verzeichneten die Supermärkte Umsatzrekorde bei Toilettenpapier, Hefe und Dosenravioli, bestätigt Geschäftsführerin Annemone Breuer, dass während des Lockdowns deutlich mehr Jungpflanzen für Gemüse und Kräuter verkauft worden seien. Hinzu kam die vermehrte Nachfrage nach außergewöhnlichen Pflanzen, die eigens beschafft werden mussten – „Der Deutsche“ hatte ja Zeit, sein privates Reich zu verschönern, was sich auch in der ungewohnt hohen Zahl an Fragen rund ums Gärtnern äußerte.

Vielleicht schließt sich für manch einen an dieser Stelle gedanklich ein Kreis, der sich schon immer fragte, worin die Systemrelevanz von Bau- und Gartenmärkten besteht, die zumindest in Nordrhein-Westfalen während des Lockdowns nie schließen mussten. Über diesen Umstand ist Gartenmarkt-Chefin Breuer verständlicherweise froh. Schon früh suchte man einen Modus, um durch die Krise zu kommen und den Kunden einerseits das gewohnt breite Sortiment an Pflanzen anbieten zu können und andererseits wegen wegbrechender Nachfrage selbige nicht vernichten zu müssen – die bekannten Bilder aus den Blumen-Großmärkten in den Niederlanden waren doch bedrückend.

Beschränkte Kundenzahl

Kommt man dieser Tage zum Gartencenter, läuft es dort genauso ab wie an vielen anderen Orten auch: Die Kundenzahl im Markt ist beschränkt, an den Knotenpunkten markieren Pfeile den Weg und es werden kontinuierlich die Einkaufswagen desinfiziert, so dass jeder Kunde definitiv immer einen sauberen Wagen in die Hand bekommt.

In der Hochphase des Infektionsgeschehens bestand auch die Möglichkeit, in einem speziellen Bereich eine Auswahl an Gemüse-, Kräuter- und Blumenpflanzen kontaktlos zu kaufen – so eine Art „Kohlrabi to-go“. Und die Kasse des Vertrauens hat auch immer gestimmt, darüber ist Annemone Breuer froh. Weniger froh ist sie über den Umstand, dass Diebe in der Anfangszeit des Masketragens die damit einhergehende „Anonymität“ ausnutzten und es auf im Auto deponierte Wertsachen absahen, während die ahnungslosen Kunden beim Einkaufen oder Beladen ihres Fahrzeugs waren. Zum Glück hat man diese Lage inzwischen im Griff und auch die Polizei geht der Angelegenheit nach, die in dieser Art nicht nur in Kevelaer auftrat.

Aber allen Mühen zum Trotz gilt besonders in Deutschland: „Irgendwas ist immer“. Und so bekam das Team vom Gartencenter nicht nur Applaus für seine Mühen, einen reibungslosen Betrieb aufrechtzuerhalten. Annemone Breuer berichtet von einzelnen Anfeindungen für die Tatsache, dass das Gartencenter durchgängig geöffnet blieb und besonders in den Sozialen Medien legte mancher Zeitgenosse ein Zeugnis mangelnden Benehmens ab – auf Facebook pöbelt es sich leider angenehm leicht.

Rückblickend auf die vergangenen Wochen bleibt dennoch ein bitterer Nachgeschmack, denn trotz aller Bemühungen war die Kundenzahl in den Hauptumsatzmonaten des Frühjahrs spürbar niedriger, auch wenn der Umsatz pro Kunde in der Tendenz etwas höher war. Inwieweit es zu Nachholeffekten kommt, wird die Zeit zeigen. Letztlich sind diese auch nur bedingt möglich – die Vegetationsperiode im Rahmen des Konjunkturpaketes nach hinten verschieben, kann noch nicht einmal die Kanzlerin. Dafür gibt es ab Juli eine Mehrwertsteuersenkung für ein halbes Jahr. Annemone Breuer ist Willens, diese an die Kunden weiterzugeben, auch wenn ihr derzeit die dafür notwendigen Anpassungen in Warenwirtschaft, Kassensystem und Buchhaltung noch einiges Kopfzerbrechen bereiten – der Aufwand ist nicht unerheblich und zum Jahreswechsel heißt es „Rolle rückwärts“.

Weniger Anlässe

In Summe über alle Maßnahmen ist es ein ziemlicher Mehraufwand, der für den Betrieb des Gartencenters entsteht, bei geringeren Umsätzen. Und erschwerend kommt hinzu, dass beispielsweise das Geschäft mit Floristik für Hochzeiten und besondere Anlässe stark zurückgegangen ist.

Wenn eine bleibende Konsequenz aus der Corona-Krise ist, dass „die Deutschen“ wieder mehr Zeit und Aufwand in ihre Gärten investieren, so wäre das gewiss etwas Positives, schlussendlich auch für das Gartencenter Breuer. Sogar Uli Hoeneß teilte jüngst der Öffentlichkeit via YouTube mit, die Corona-Krise zur vermehrten Gartenarbeit genutzt und dabei acht Kilo abgenommen zu haben – und den Effekt gibt’s sogar steuerfrei.