Für das Leben gelernt

Es war eine übersichtliche Anzahl Ehemaliger, die da in einem der gemütlichen Räume des „Goldenen Schwans“ miteinander zusammensaßen, um über alte Zeiten zu reden.
Sechs Schüler des Jahrgangs 1936/37 der späteren Antoniusschule schwelgten gemeinsam in Erinnerungen. „Das nannte sich damals Marktschule und befand sich an dem Ort, wo heute das neue Rathaus ist“, präzisierte Johannes „Jan“ Meurs die Begrifflichkeiten, wie sie damals existent waren.
Gemeinsam mit Richard Opwis studierte er die Liste der ehemaligen Schüler, auf denen sich 67 Jungen und 68 Mädchennamen finden. Im Jahr 1943 wurden die Kinder eingeschult, im Jahr 1952 verließen sie die Schule.
„Mit den Mädchen hatten wir nichts zu tun”
„Mit den Mädchen hatten wir nichts zu tun. Es gab eine Trennung“, erinnerte sich der alteingessene Hutmacher daran, dass schon der Kontakt von Jungen und Mädchen auf dem Schulhof nicht erlaubt war. „Kinder, die da an die Linie kamen, fanden sich damals schnell im Direktorenzimmer wieder.“
Ein Klassenlehrer unterrichtete die 67 Jungen alle gemeinsam. „Wenn man den Enkeln das erzählt, dann herrscht da ungläubiges Staunen“, sagt der 82-jährige Meurs. „Wie die Lehrer das bewältigt haben“, das erstaune auch ihn im Nachhinein.
Lehrer Franz Jaschke kam damals aus Schlesien. „Mit dem haben wir immer ‚Und in dem Schneegebirge‘ gesungen“, stimmten die Männer spontan ein paar Zeilen an, „Das war Ausdruck seiner Heimat.“
Die Lernbedingungen waren von den heutigen naturgemäß Lichtjahre entfernt. „Der Hausmeister Ingenpaß musste in jedem Zimmer den Ofen anmachen“, erinnert sich Meurs. „Wir hatten grob behauene Schiefertafeln, da haben wir mit Nägeln Linien gezogen und mit Schieferstiften geschrieben“, ergänzte Josef Daniels. Rechnen, Rechtschreiben, Erdkunde, Geschichte – das waren damals die Fächer. „Religion machte noch ein Priester, Sport war ganz wenig“, erinnerte sich Daniels.
“Wir haben noch viel Prügel gekriegt”
„Und wir haben noch viel Prügel gekriegt“, erzählte der noch rüstige Rentner. Wer beim Sport in der Turnhalle nicht über den Bocksprung kam, durfte mit dem Lineal Bekanntschaft machen – wenn der Schuluntericht denn stattfand: „Wir mussten ins alte Bürgermeisteramt, wenn die Fliegerangriffe kamen.“
Und die einfachen Lebensbedingungen zwangen stets zur Improvisation. „Wir haben für den Martinszug aus Rüben „Fackeln“ gemacht – da kam eine Kerze rein und dann ging es los“, erzählte Opwis.
Unter solchen Bedingungen waren Kinderstreiche eher selten – aber auch da waren die Jungs ab und an doch „kreativ“ unterwegs. „Der Heini hat mal einen Sack Kastanien in den Ofen geworfen, das knallte anständig“, musste Theo van de Kamp bei dem Gedanken schmunzeln. „Und wir haben mal in die Suppe des Lehrers Schlafpulver getan, was er aber gemerkt hat und sie nicht aß“, berichtete Richard Opwis. „Er sagte oft: „Diese Mariensöhne, wie sie an meinen Nerven zerren.“
Dass die mittlerweile jährlich am ersten Samstag im Mai stattfindenden Treffen mit immer weniger Ex-Schülern stattfinden, sehen die Männer angesichts ihres eigenen Alters gelassen. „Wir werden uns treffen, bis wir auch auf der Seite stehen“, verwies Opwis in seiner Foto- und Dokumentationsmappe auf alle, die nicht mehr leben.