Früherer Kevelaerer macht seine Heimat zur Video-Location
Zwei kleine Blinkleuchten sperrten des Abends das Straßenstück am Gerberweg in Twisteden ab. Ein riesiger Kran leuchtete mit einem Lichtstrahler die Häuserwand an dem Gebäude mit der Nummer 8b aus. Und eine Kameraschiene, die seitlich des Hauses ausgelegt war, verfolgte die Schattenbewegungen am Fenster im ersten Stock. Es war ein besonderer Videodreh, den das beschauliche Twisteden und später auch die Kevelaerer City erleben durfte.
Schon am späten Nachmittag hatte sich die gut 15-köpfige Crew um den ehemaligen Kevelaerer Leeroy Klauhs an dem Haus auf die Aufnahmen mit der jungen 20-jährigen Sängerin Hava vorbereitet, deren Rap- und Hip-Hop-Songs auf Kanälen wie Youtube oder Spotify in den letzten zwölf Monaten Hunderttausende Follower gefunden haben. Immer wieder hatte der 23-jährige Regisseur damit zu tun, die Crew der Düsseldorfer Produktionsfirma „Stories2tell“ einzuweisen, zu fokussieren. „Jetzt ist noch alles relativ entspannt, aber später muss das alles ‚on point‘ sein“, meinte er. Die zur Schau gelegte Gelassenheit des Teams wich später spürbar einer gewissen Anspannung und Konzentration.
Zielgruppe zwischen 12 und 20 Jahren
Schon seit einiger Zeit bewege er sich in der Rap- und Popszene, erzählte der junge Freiberufler am Rande des Sets. „Ich mache das seit vier Jahren, habe mich mein halbes Leben aber schon mit Bewegtbildern und visuellen Methoden beschäftigt.“ Für ihn laufe das Ganze über Mundpropaganda und Social Media. „Ich werde dann von Labels angefragt. Das sind meistens so Künstler für die Zielgruppen zwischen 12 und 20 Jahren. Und wenn man was Gutes abliefert, dann rufen die Leute halt immer wieder an.“ Das hatte ihm unter anderem schon Drehs mit Leuten wie Ardian Bujupi, Daddy Yankee oder Alligatoah eingebracht. Diesmal war es die aufstrebende Sängerin Hava, die mit ihrem Team und einem schwarzen Mercedes am Set vorgefahren kam.
„Im Video erzählen wir eine Art Stalker- und Liebesgeschichte. Die Sängerin liebt einen Mann, der sie aber gar nicht wahrnimmt. Hier machen wir die Szene, wo sie im Wagen sitzt und sieht, wie er eine andere Frau im Schatten des Fensters küsst.“ Erleichterung bestand angesichts der Tatsache, dass man überhaupt drehen konnte. „Das wäre so vor zwei Monaten noch nicht möglich gewesen.“
Neugierige Zuschauer
Alle Beteiligten mussten dabei viel Geduld aufbringen. Denn angesichts der Tatsache, dass die Szene im Abenddunkel gedreht werden sollte, vergingen von der Vorbereitung bis zum Sonnenuntergang ein paar Stunden. Die Sängerin nutzte die Zeit zun Chatten mit dem Handy und zum Plaudern mit ihren Begleitern. Später gab‘s noch eine Pizza zur Überbrückung. Umso spannender war das Ganze für die Familien des Hauses am Gerberweg 8 und für die unmittelbare Nachbarschaft, die das Treiben vor sich natürlich aufmerksam beobachtete. „Wir kennen ihre Musik, die Lieder sind cool – der Beat, die Texte“, meinte die 13-jährige Viktoria, die ihrem Star über Instagram folgt und mit ihrer Freundin Emelie ehrfürchtig schaute, als die junge Frau vorfuhr. „Das ist mein Fenster“, meinte sie stolz. Dort war die Crew zugange, um Jalousien für den Schatten einzuziehen.
Mutig ergriff Viktoria später die Chance und schoss mit ihrem Star vor Beginn des Drehs noch ein gemeinsames Handyfoto. Für die Freundlichkeit, die eigene Hauswand zur Verfügung zu stellen, hatte es seitens des Filmteams ein paar kleine Gutscheine gegeben. Wilfried Winkelmolen fand die Arbeiten „total interessant“ und „sicher so einmalig.“ Er habe sowas noch nie gesehen, gestand der Eigentümer des Hauses 8b.
Der Kontakt sei über frühere Freunde zustande gekommen, ergänzte seine Liebste Mareike Witschurke. „Das war für uns kein Ding, das ist alles sehr aufregend – vor allem für die Kinder.“ Auch die Nachbarn hatten was zu schauen. „Für ein paar Sekunden so ein Aufwand“, staunte Peter van Baal nicht schlecht. Ab und an kamen zufällig auch ganz Unbeteiligte mit dem Rad vorbei. „Wir kommen gerade aus Holland. Das war zwar nicht so spektakulär, aber wir haben dafür das Quaken der Frösche erlebt“, meinte Jürgen Linsen, der mit seiner Frau den Ausflug unternommen hatte.
Weiter nach Kevelaer
Am Ende setzte sich Hava in den Mercedes, es erfolgten mehrere Durchläufe der Szene, bei der im Fernster die Sihilouette des Paares auftauchte, die Kamera den Schwenk von dem Fenster hin zu der Sängerin vollzog. „Ich glaube, das war‘s“, meinte Klauhs gegen halb zwölf zufrieden. Die Crew packte zusammen, machte sich dann noch zu kurzen Drehsequenzen auf nach Kevelaer zur Busmannsstraße, zur Pizzeria „Elio“ und an die Nordstraße.
„Am zweiten Tag hat man noch von Kevelaer den Bahnhof gesehen und die Hüls, wo das neue Hotel steht“, erzählte Klauhs im Nachgang. „Danach waren wir noch in Goch nahe der Tankstelle.“ Alles habe soweit gut gepasst, war sein Fazit der Dreharbeiten positiv. Wen es interessiert, wie sich Kevelaer als Musikvideo-Kulisse so macht, der kann es auf den entsprechenden Kanälen seit heute hören und sehen (Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=8Kgk_otx_as)