Fröhliches altes Operetten-Schlachtross

Kevelaer. Wenn man es nur bunt genug treibt, dann ist am Ende die ganze Welt himmelblau. So himmlisch beschwingt fühlt man sich gern, wenn man gute zweieinhalb Stunden musikalischen Kurzurlaub im Salzkammergut hinter sich hat, wo man bekanntlich gut lustig sein kann. Zum Abschluss der Kultursaison knüpfte Kevelaer Marketing als Kulturabteilung der Stadt an alte Traditionen an und präsentierte mit  „Im weißen Rössl“ eine bekannte Operette.
Die Inszenierung der Konzertdirektion Landgraf mag dabei Traditionalisten vielleicht ein wenig despektierlich erschienen sein – verfügte aber über genug augenzwinkernde Momente, um den Wurzeln als Lustspiel aus der Feder von Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg gerecht zu werden.
Von der Lust am Singspiel
Die prall-glattgebügelte, rund um den Peter Alexanderschen Dackelblick gestrickte Leinwand-Version wurde in knalligen Farben nachgezeichnet und erinnerte damit an den aufstrebenden Farbfilm und handkolorierte Postkartenidylle vom Wolfgangsee. Dabei blieb das Ensemble aber immer auf der Sonnenseite des Singspiels und vermied allzu tiefgreifende Interpretationsansätze in die eine wie andere Richtung. Man könnte sogar sagen: Die Gratwanderung zwischen im Stück durchaus vorhandenen Anklängen an Volkstümelei einerseits und der durch die Nazis verhängten Entartung andererseits verlief ohne Abstürze. Dazu trug neben der teilweisen Überzeichnung der Charaktere auch bei, dass die Betonung immer wieder auf den komischen Elementen des Stoffes lag.
Eine Rössl-Revue
So mochte sich jeder Zuschauer im gut gefüllten Bühnenhaus aus dieser Rössl-Revue das passende mitnehmen für seinen persönlichen Unterhaltungs-Alltag. Und auch den Sängerinnen und Sängern, in den kleineren Rollen mit wandlungsheischenden Mehrfachbesetzungen betraut, merkte man auch am Ende ihrer Tournee, das sie in Kevelaer feierten, deutlich an, dass sie diese Mischung zwischen volksnaher Präsentation und gleichzeitigen Seitenstichen in Richtung allzu glattgebügelter Interpretation immer noch genossen. Eine so gut abgestimmte Mischung zwischen Holzhammer und Skalpell muss man in diesen unseren Musical-Tagen schon suchen.
Doch das störrische Rössl widersetzt sich ja schon lange erfolgreich den vielen Versuchen, es in ein Genre zu pressen. Es muss was wunderbares sein, es so locker-leicht über die Bühne reiten zu dürfen.
Begeisterter Applaus war der Lohn von den Kevelaerer Besuchern des Bühnenhauses, die diesen Abschluss der Bühnensaison mit einem Schmunzeln auf den Lippen beenden durften.