Family Singers: Erfolg mit „Subway-all-ein“

Im Kevelaerer Bühnenhaus wurde das Musical „Subway all-ein“ präsentiert. Die Family Singers aus Pfalzdorf haben sich wieder selbst übertroffen. „Von Gänsehaut bis Tränen in den Augen war alles dabei“, „Ich habe geweint, gelacht, gesungen, mich gefreut, mir Gedanken gemacht“, so schrieben einige begeisterte Zuschauer in das Gästebuch der Family Singers.
Drehbuch und Text stammten aus der Feder von Doro Höing, die Musik wurde von Manuel Hermsen und Daniel Verhülsdonk komponiert. Hermsen leitete auch das eigens zusammengestellte Orchester und den Chor. Mit viel Witz und Tiefsinn wurde die Geschichte des jungen Hans Glück erzählt, den Sänger Jeroen Blok frisch verkörperte.
Vom Land stammend freut er sich, in die große Weltstadt Berlin aufzubrechen, um dort an einem Casting teilzunehmen. Seine Mutter (die Stimme von Annette Verhoeven-Vüllings), warnt ihn ängstlich vor vielen Gefahren. Doch der Sohn lässt sich durch diese Vorurteile nicht abhalten und wagt das Neue.
Anonym und unnahbar
Allerdings muss er in der Berliner U-Bahn auch feststellen, dass er nur einer von vielen ist und oft einfach ignoriert wird. „Wo geht es hier zum Alexanderplatz“, ruft er, doch die Menschen in der U-Bahn starren nur teilnahmslos in ihre Handys. „Wir sind unsichtbar, unnahbar … Wir bleiben anonym, ungeseh’n, ungehört und dadurch ungestört… Wir sind uns nicht vertraut, denn es wird weggeschaut…“
Er erlebt dort den sogenannten Parolendrescher, gespielt von Hans-Peter Bause. Voller Hasskommentare verurteilt er Menschen anderer Herkunft pauschal, würde dieses „Pack“ am liebsten aus dem Land vertreiben, denn „deutsches Geld ist für deutsche Kinder!“ Als er sich lautstark und mit Einsatz von Gewalt mit einem Lehrer anlegt, der ausländischen Kindern Deutschkurse anbietet, kommen sofort Kinder (gespielt von Mitgliedern des Kinderchores Kessel) dazwischen. „Was ist los, warum macht ihr hier so Lärm?“, singen sie und erinnern daran: „Im Grunde sind wir Kinder dieser einen Welt!“ Doch der Parolendrescher scheint nur schwarz-weiß zu denken.
Sentimental wird das Stück, als die Geschichte von Roqia Qazizada erzählt wird. Sie ist aus Afghanistan geflüchtet. Die Zuschauer sehen Bilder aus ihrem Leben, ihrer Heimat und ihrem Kampf für die Rechte der Unterdrückten: Sie möchte in Deutschland Jura studieren, um Frauen ihrer Heimat zu einem besseren Leben helfen zu können. In ihrer Muttersprache schildert sie voller Poesie ihre Hoffnungen.
Teneyo und ihre Tochter Grace Roghmans sind aus der Elfenbeinküste geflohen. Die afrikanische Mutter erzählt, wie sie aus ihrer Heimat floh, weil sie schon als Kind ihrem Nachbarn versprochen worden war: „Meiner Tochter möchte ich dieses Schicksal ersparen!“, sagt sie. Gemeinsam treten sie dem Parolendrescher entgegen. Als dieser sie angreift, tritt ihnen mutig die Karrierefrau alias Sopranistin Annette Regnitter zur Seite: „Seit wann bestimmen Herkunft oder Aussehen über den Wert eines Menschen?“, hält sie ihm entgegen und dieser kann am Ende, weil ihm alle Argumente fehlen, nur noch fliehen und verschwindet von der Bühne.
Ähnlich voller Vorurteile wie der Parolendrescher ist die ältere Dame, die durch Luzia Brakhan gespielt wurde. „Ausländer nehmen uns alle Sitzplätze weg“, meinte sie nur, will aber einem Schwarzafrikaner mit ihrer Tasche selbst den Platz versperren. „Der fährt sicher schwarz“, denkt sie. Als er jedoch die Fahrkarte zückt, weil die Schaffnerin näher kommt, hilft sie der Bewahrheitung ihres Vorurteils einfach nach, schnappt sich die Karte und isst sie auf. Dass eine junge Frau hinter ihr den Schwarzafrikaner kurzerhand auf ihrer Karte mitfahren lässt, beschämt sie. Schließlich ziehen alle anderen, empört über diese unverschämte Tat und mit einem fröhlichen afrikanischen Lied aus der U-Bahn und aus dem Saal. Die ältere Dame bleibt allein zurück: Subway allein!
Es geht auch anders
Dass es aber auch anders geht, nämlich gemeinsam statt allein, das wurde im weiteren Verlauf deutlich. Dass ein Obdachloser mehr vom wahren Leben versteht als ein Schriftsteller, der andere Menschen oft nur für seine Inspirationen missbraucht, aber statt Lebensweisheiten nur leere Phrasen wiedergibt. Es wurde gezeigt, dass man seine Arbeit mit Freude tun kann, auch wenn man nur Straßenkehrer ist; mit Eimern, Flaschen und Besen wurde schließlich ein eigenes Orchester aufgestellt. „Hejo, wir lieben das Leben“, so lautete das Motto der Obdachlosen, die zum Trio vereint sangen: „Was kann es Schöneres geben, als gemeinsam statt einsam unter der Sonne zu leben?“
Zum großen Finale kamen nicht nur die Karrierefrau, die ihren Job an den Nagel hängt, um wieder als Mensch ohne Dauerstress leben zu können, und der Tourist vom Lande zusammen: Außer dem Parolendrescher hatten alle schließlich gelernt, worauf es ankommt: Offen zu sein für andere und ihrer Geschichte und ihnen in Liebe zu begegnen. „Wenn du dich für Liebe entscheidest, dann wird dein Leben reicher und bunter“, so wusste der Obdachlose.
Tosender Applaus und einige feuchte Augen belohnten die Aufführungen und Mitwirkenden für ein vielseitiges, unterhaltsames und zum Nachdenken anregendes Stück.
Am Ausgang wurde von den jugendlichen Tänzern noch für vier verschiedene Hilfsprojekte, darunter auch die Aktion pro Humanität, gesammelt. Hans-Peter Bause, der mit dem Parolendrescher gekonnt den „Bösewicht“ verkörperte, äußerte sich froh und begeistert über all das, was durch die Ideen und das Engagement vieler wieder auf die Beine gestellt wurde. Alles hatte ja einmal mit seiner zweiwöchigen Berlinreise in der Zeit der Flüchtlingskrise begonnen. Seine Erfahrungen hatten schließlich zu diesem bewegenden Musical geführt. Natürlich denkt er im echten Leben nicht schwarz-weiß, sondern hat, auch durch viele Begegnungen mit Flüchtlingen, die auch im Chor mitwirken, gelernt: „Herkunft und Hautfarbe entscheiden nicht über den Wert eines Menschen!“