Experiment geglückt

Dass einem beim Betreten des Dachstudios der öffentlichen Begegnungsstätte mal Kuheuter ins Auge fallen würden, allein das war für die gut 80 Besucher des Abends schon die erste große Besonderheit.

Rund um die Stuhlreihen für die Gäste waren entweder auf Staffeleien, einer Leinwand oder auf den Tischen mehrere Kuhbilder des Kevelaerer Malers Paul Wans zu entdecken. Und im kleinen Foyer hatte Gertrud Aengenheyster von der gleichnamigen Kevelaerer Buchhandlung einen Tisch mit einigen Büchern von Wans aufgestellt.

Tierischer Maler

Sie begrüßte die Gäste zunächst einleitend zu dem besonderen Experiment, gab dann das Mikrofon an den „tierischen“ Maler Wans und den SWR-Rundfunkjournalisten Ulrich Lund weiter.

Der 61-jährige Maler, dessen Werke schon in Peking und New York zu sehen waren, erläuterte kurz, was den Zuschauer und Zuhörer erwartete: eine Melange aus der visuellen Wucht der Bilder und der akustischen Wirkung der Musik, Töne und dem gesprochenen Wort des Rundfunkfeatures „Melkroboter machen auch Mist“.

Dann gab Wans das Startsignal, um das 55-minütige Radiostück einzuspielen. In dem ungeheuer dichten, durchaus spannenden Werk schwangen die Kritik an der extensiven, ausbeuterischen Landwirtschaft der Großbetriebe und dem Sterben der kleinen Betriebe mit – und der Wunsch nach Rückbesinnung auf die natürlichen Werte des Lebens und den Wert von Lebensmitteln wie Milch.

Lund hatte dazu mit Schwarzwaldbauern gesprochen, mit Landwirten in hochtechnisierten Milchviehbetrieben und mit mongolischen Nomaden, die die Milch als etwas sehr Kostbares betrachten. Und auch Wans, den Lund bei einem Besuch in Kevelaer ausführlich interviewt hatte, kam in dem Feature mit seinen Gedanken zu Wort.

Im Anschluss boten Wans und Lund den Anwesenden an, Fragen zu beantworten – das Bedürfnis erwies sich nach dem ausführlichen Höreindruck allerdings als nicht so besonders groß. Lund berichtete aber nochmal aus seiner Sicht ausführlich, wie man so ein Hörfunkstück entwickelt und wie man es letztendlich so zusammenfügt.

Am Ende war Wans von dem Abend positiv überrrascht. „Ich fand´s gut, eine sehr gute Resonanz“, meinte der Künstler. „Viele konnten mit dem Begriff Radiofeature nicht so viel anfangen, viele sind schlauer geworden und es war für viele spannend, so ein Ding zu hören.“

Im Publikum ergab sich ein durchaus differenziertes Bild. „Es gibt keine Wertschätzung mehr fürs Tier – mein Vater hat auf seinem Bauernhof für die Tiere Musik gespielt und kannte jeden Namen“, erzählte Christel-Johanna Schönen-Schlootz aus Rheurdt. „So zu tun, als wollten Kühe lieber an Maschinen als auf die Wiese: I don´t believe it“, fand die 55-Jährige das Format des Abends „ganz spannend.“

Ähnlich sah es der in Kevelaer tätige Geographielehrer Matthias Schuba aus Rees. „Spannend die Kombination aus den Bildern und dem Sound – die Komposition, die Computergeräusche und die landwirtschaftlichen Sounds mit dem Fernöstlichen, hab ich so noch nicht erlebt“, meinte der 26-Jährige.

„Nix gemacht“

Der Kevelaerer Daniel Wouters fand’s dagegen nicht ganz so gelungen. „Er kommt auf die Bühne und hat nix gemacht“, hätte er „das Radiofeature lieber zuhause im Sessel gehört“ als in dem Saal. Und Sonja Mietz, Unternehmensberaterin für Milchviehbetriebe bei der Landschaftskammer NRW, gefiel die ganze Ausrichtung der Botschaft nicht.

„Da war nur Klischee-Quote – dieses Bild von großen bösen Milchviehhaltern ist mir noch nicht über den Weg gelaufen“, kritisierte sie das inhaltliche Konzept. „Die leben für ihre Kühe genauso 365 Tage im Jahr. Die so an den Pranger zu stellen, dass die ihre Tiere ‚ausquetschen‘, finde ich unglaublich.“

Zwei Ziele erreichte der Abend: Er brachte die Menschen zum Nachdenken und in den Austausch. Und zum zweiten kamen für die Stiftung Kerpenkate aufgerundete 450 Euro zusammen.