Erlesene Qualität
Dass die Jazzkonzerte im Goldenen Löwen immer gut besucht sind, ist kein Geheimnis. An diesem Abend passte aber wirklich kaum noch ein Mäuschen in die Gaststätte, wo die Gäste bis weit hinten in dem großen Saal saßen.
Der Grund für das große Interesse war durchaus berechtigt, denn mit Brenda Boykin (Gesang), Jan Luley (Piano, Gesang) und Torsten Zwingenberger (Schlagzeug und Percussion) waren drei Musiker gekommen, die jeder für sich schon einen Musikabend verdient gehabt hätten.
Luley gilt mit seinem Pianospiel als einer aus der europäischen Spitzenklasse, was traditionellen Jazz, Blues, Gospel und New Orleans-Jazz betrifft. Torsten Zwingenberger ist nicht nur der Bruder des weltberühmten Boogie-Pianisten Axel Zwingenberger, sondern auch seit Jahrzehnten eine Größe in der europäischen Jazzszene, was sein differenziertes Schlagzeugspiel angeht.
Und dazu kam dann noch mit Brenda Boykin eine besondere Stimme. Die 1957 in Kalifornien geborene Sängerin lebt seit 2004 in Wuppertal und wurde ein Jahr später beim renommierten Montreux Jazz Festival als beste Sängerin ausgezeichnet.
Nie so zusammen gespielt
Sie verfügt nicht nur über eine ausgezeichnete, mit Wärme und tiefem Timbre ausgestattete Stimme, sondern auch über eine fröhliche, mitreißende Bühnenpräsenz, der man sich – trotz der Tatsache, dass sie sich aufgrund körperlicher Einschränkung auf einen Stock gestützt bewegen muss – auch an diesem Abend nicht entziehen konnte.
Die drei repräsentierten eine besondere Konstellation – so hatten sie in der Formation noch nicht zusammen gespielt, auch wenn Luley und Boykin schon länger zusammen arbeiten. „Ein fantastischer Laden, volles Haus, gute Akustik – was will man mehr?“, meinte Zwingenberger.
Für ihn und Luley war es die erste und einzige musikalische Zusammenkunft in diesem Jahr. Dass daraus ein besonders schöner Abend mit sehr erlesenem Sound werden würde, war fast folgerichtig.
„Wir spielen heute abend viele Songs gegen den Regen“, eröffnete Luley das Konzert solo am Piano mit Jerry Roll Mortens „New Orleans Joys“ aus dem Jahr 1923, was dem Opener mit seinem erfrischend-vitalen Spiel den passenden Leichtigkeitscharakter und einen modernen Drive verpasste.
Dem schloss er ein kreolisches Volkslied an, bis er dann den „variabelsten Schlagzeuger des Swing“ mit auf die Bühne holte. Beide Musiker zeigten dann blendendes Timing und großartiges Klangverständnis – und machten aus dem „St. Louis Blues“ ein hochabwechslungsreiches Stück aus melodischem New-Orleans-Sound und Bossanova.
Dem folgte mit „Sunny side of the street“ ein weiterer Klassiker im New Orleans-Style mit rhythmisch dichtem Spiel und fettem, swingendem Zug.
Seine große Kunstfertigkeit durfte Zwingenberger dann zeigen, als er einen Zug auf seinem Instrument losfahren ließ – und zusammen mit dem Pianisten einen Boogie Woogie mit fetzigem Tempo und Feuer entwickelte, den Luley spontan „Boogie für the golden lion“ nannte. Nach der Pause betrat dann Boykin, gestützt auf einen Stock, die Bühne, setzte sich auf einen Stuhl – und mit ihrer Vitaliät, dem ansteckenden Lachen, ihrer warmen Art und der sanften, vielseitigen Stimme packte sie das Publikum.
„Für dich und mich“
So geriet „Sweet home Chicago“ zum eher ruhigen Blues, „Take the A-Train“ zum intimen Swing mit Mitklaschanimation und Feeling. Bei „Blue Skies“ von Irving Berlin zeigte sie tolle Phrasierungen, emotionalen Touch und intonierte auf deutsch: „Für dich und mich“, was in ihrer Klangfarbe einfach herrlich rüberkam.
Zwischendurch shakerte sie mit dem Publikum, brachte mit ihren musikalischen Partnern mit „Something you got“ einen lässigen Swing-Boogie auf die Bretter, bekannte „We live our freedom – Jazz is free“ und brachte mit Luley den Ellington-Klassiker „Mood Indigo“ mit tiefen, sehr natürlich dargebotenen Tonmodulationen zu Gehör.
Dann gab´s noch „meine Lieblingsrichtung Boogie und Woogie“ von ihren zwei Solisten am jeweiligen Instrument dargeboten – und durch den „High Heel Sneakers“- Gesang ihrerseits veredelt.
Und spätestens nach dem dritten Teil des Konzerts musste man dann vollends Fan des Trios sein, das für Begeisterung sorgte – und sich hoffentlich nochmal die Zeit nimmt, in Kevelaer vorbeizuschauen und die Gäste mit einem Spiel auf allerhöchstem Niveau zu verzaubern.