Erhalten durch Aufessen

Erst verschwand das Kuchenangebot, dann eröffnete Miriam Etzold ihren eigenen Hofladen und zog sich vom Rheinischen Bauernmarkt Winnekendonk zurück. Doch wer glaubt, das für die übrigen Marktbeschicker die Zeichen auf Abgesang stehen, der unterschätzt das Angebot, das es jeden Freitag von 14 bis 17 Uhr auf dem Alten Markt in Winnekendonk gibt. „Fünf Sorten Kartoffeln, acht Sorten Äpfel und Birnen, Eier, Rübenkraut, Honig, Brot aus der Biobäckerei, Fleisch von Ziege, Lamm, Rind und Schwein, 40 Sorten Ziegenkäse und Kuhkäse…“, zählt Biobauer Bernd Verhoeven aus dem Stand einige der Produkte der Marktbeschicker auf.

„Wir sind soweit zufrieden“, erklärt der Betreiber des Kervendonker Rouenhofs. Der Umsatz stimme und die allwöchentlichen Gespräche mit den vielen Stammkunden machten immer wieder Spaß. „Das haben Sie an der Supermarktkasse nicht“, wirbt Verhoeven für die Atmosphäre des Bauernmarktes. Auch den nun fehlenden Kuchenverkauf sieht Verhoeven nicht als Mangel. „Menschlich war das eine sehr nette Kollegin“, doch nur wenige Kuchenkäufer hätten auch bei den Bauernständen eingekauft. Der vorübergehende Umzug auf den Neuen Markt allerdings, der habe massiv Kunden gekostet. Viele hätten den Bauernmarkt nicht mehr gefunden, manche glaubten bis heute, es gäbe ihn nicht mehr.

Eine andere Sache aber ärgert Verhoeven noch mehr und das seit Jahren: „Wir haben Kunden von Oberhausen bis Xanten, die die Regionalität unserer Produkte schätzen. Wenn Sie die Winnekendonker fragen, findet dort auch jeder Regionalität wichtig. Aber nur wenige Winnekendonker kaufen auf dem Bauernmarkt ein.“ Viele Vereine legten großen Wert auf den Heimatgedanken. Zu den Kunden der Erzeuger in ihrer Nachbarschaft zählten dennoch die wenigsten ihrer Mitglieder. „Wir würden uns freuen, wenn sich die Heimatvereine auch mal um dieses Thema kümmern. Heimat bedeutet auch regional einkaufen“, wünscht sich der Biobauer. Die regionalen Erzeuger bieten so manchen Arbeitsplatz und kaufen ihr Gerät bei heimischen Anbeitern, doch das können sie nur, wenn sie auch ihre Produkte vermarkten können.

Durch das gemeinsame Angebot auf dem Bauernmarkt können die Kunden einen Großteil ihres Wocheneinkaufs dort erledigen. Auch preislich müssen sich die Marktbeschicker nicht verstecken. „Ein großer Teil der Preise im Supermarkt ist die Gewinnspanne des Händlers. Die entfällt bei uns Direktvermarktern.“ Zwar könne man sich mit den Discountern preislich dennoch nicht ganz messen, wohl aber qualitativ. „Und was Sie dort sparen, zahlen Sie letztlich über Umwelt- und Gesundheitskosten an anderer Stelle“, sagt Verhoeven.

Grundsätzlich freue ihn als Imker, dass auch Stadtverwaltung und Politik jetzt etwas für den Schutz der Bienen tun wollen. Blühstreifen aber brächten da nur wenig, denn Bienen bestäubten sortenspezisch. Große zusammenhängende Flächen seien wichtig. „Wir bewirtschaften die größten Naturschutzflächen in Kevelaer“, betont Verhoeven. Der seltene Neuntöter sei hier inzwischen ebenso wieder heimisch wie manche Orchidee. „Sie können Naturschutz und Einkaufsverhalten nicht trennen.“ Erhalten durch Aufessen nennt er das.

Als Kritik an seinen konventionell wirtschaftenden Kollegen vom Bauernmarkt möchte der Kervendonker das aber nicht verstanden wissen. „Auch bei einem konventionellen Direktvermarkter finden Sie eher 50 Schweine, die im Heu wühlen, und nicht 2000 Tiere wie in der Mast für den Großhandel.“

Kritik übt Verhoeven auch an der Kevelaerer Stadtverwaltung. „Ich stehe das ganze Jahr auch bei Frost in Kevelaer auf dem Markt und sichere die Grundversorgung.“ Da könne es nicht sein, dass jemand, der nur im Sommer Erdbeeren verkauft, sich mit seinem Stand dazwischendrängen dürfe. Auch dass die Stände der „Fiesta Europa“ schon zu Marktzeiten verkaufen und den kleinen Umsatz manches Kollegen weiter schmälern, finde er nicht in Ordnung. „Wir machen das nicht für uns – wir retten ein Allgemeingut.“