Einst ein Zentrum für Polychromeure

Bei ausgefallenen Dingen ist das Kevelaerer Blatt immer gerne vor Ort, um seinen Leserinnen und Lesern davon zu berichten. Mein Auftrag diesmal war das „Berufsbild Polychromeur“. Mich begleitete Gottfried Mülders, der durch seine berufliche Tätigkeit häufig Kontakt zu Polychromeuren hatte und das Treffen organisierte.

Ich betrete die Werkstatt von Hans Rommen und fühle mich in der Zeit um 100 Jahre zurückversetzt. Der 79-jährige Polychromeur-Meister sitzt an einer uralten Werkbank. Ihm gegenüber sitzt der 78-jährige Alfred van Schayck, ebenfalls Meister des Faches. Sie bemalen eine Heiligenfigur und ein Relief des Kreuzweges.

Eine bunte Kiste mit zahlreichen Fächern und gemahlenen Farben (Pigmente), Schellack, Spiritus und Nitro stehen herum. Die Einrichtung der Werkstatt ist noch so wie um die Wende des 19. Jahrhunderts, als die erste der bereits drei Generationen der Familie von Hans Rommen als Polychromeure tätig war.

Polychromie ist ein Begriff, der in der Kunst verwendet wird, um die farbige Gestaltung in Malerei und Kunsthandwerk, insbesondere bei Bildern und Strukturen, zu beschreiben. In der Antike und im Mittelalter wurde sie viel ausgeübt. Im 19. Jahrhundert wurde die Polychromie wiederentdeckt und wiederverwendet. Es entstand im Handwerk der Lehrberuf als Polychromeur, der in dreijähriger Ausbildung in Werkstätten und Berufsschule (meistens zusammen mit den Malerlehrlingen) das notwendige Wissen vermittelte.

In und um Kevelaer siedelten sich zahlreiche Polychromeure an, weil hier durch die Wallfahrt viele Grossisten für Devotionalien und Gipsfiguren ihren Standort hatten. Werkstätten für Figurenmalerei mit Meister, Gesellen und zahlreichen Hilfskräften waren keine Seltenheit und es war ein Beruf, mit dem man seinen Lebensunterhalt finanzieren konnte. Mit Zunahme der Automatisierung und der Importe (besonders aus China) von Heiligenfiguren brach das Berufsbild ein und verschwand; ebenso die Werkstätten, nicht nur in Kevelaer.

Heute ist das Berufsbild, soweit nicht noch alte Meister ihr Fach ausüben, in die Ausbildung zum Restaurator mit Spezialisierung Kunstgattungen übergegangen.
Für die zwei alten Polychromeur-Meister war und ist ihr Beruf immer mit Leidenschaft verbunden und deshalb sind sie auch heute noch mit Pinsel und ruhiger Hand dabei.

Krippenmarkt

Auf dem Kevelaerer Krippenmarkt 2018 werden Hans Rommen und Alfred van Schayck beim Stand von Christliche Kunst Bauer einen Tisch haben, um den Besuchern einen kostenlosen Dienst anzubieten. Man kann mit seinen gegebenenfalls beschädigten Heiligenfiguren kommen um zu erfahren, ob diese restauriert werden können und ob sich dies noch lohnt.