Einer, der viele Impulse gegeben hat

Josef „Jupp“ Kobsch begrüßt mich an der Gartentür und bittet herein. Sein erster Gedanke: „Heute hätten wir Kirmesmontag gehabt. In meinem letzten Jahr hatten wir nix an Veranstaltungen“, stellt der 63-Jährige fest, während er zum Gespräch am Gartentisch Platz nimmt.

Wie er vor 13 Jahren Ortsvorsteher von Twisteden wurde, daran kann sich Kobsch noch gut erinnern. „Franz Wustmans warf damals 2007 als Ortsvorsteher hin.“ Dessen Draht zum damaligen Bürgermeister Axel Stibi galt nicht als der Beste. Die Suche nach einer Nachfolge gestaltete sich schwierig, „so wie heute auch“, gesteht Kobsch, der nach seiner Geburt erst in Wetten lebte, dann in Twisteden zur Grundschule ging.

In Kevelaer absolvierte er die mittlere Reife und fand nach zwei Jahren Fachschule den Weg über die Krankenpflegeausbildung hin zum Rettungssanitäter bei der Stadt. Heute ist er als Leitstellendisponent auf der Kreisleitstelle in Kleve. „Da bin ich jetzt 24 Jahre, insgesamt 42 Jahre im Beruf.“

An einem Sonntagabend kam es damals zu einem Gespräch mit seiner Frau Angelika, die Vorsitzende des Ortsvereins der Twistedener CDU war. „Wir tranken zwei Gläschen und ich hab aus Leichtsinn gesagt: „Bevor wir keinen kriegen, mach ich et!“ Kurzerhand wurde an dem folgenden Mittwoch der Twistedener CDU-Vorstand einberufen mit dem einzigen Tagesordnungspunkt „Wahl des Ortsvorstehers“. Die Wahl wurde durchgeführt, Kobsch dem Rat vorgeschlagen und auf der letzten Ratssitzung 2007 zum Ortsvorsteher gewählt.

Dass er überhaupt einen Draht zur Politik hatte, sei aus der Schulzeit gewachsen. „Irgendwann war ich Mitglied in der Jungen Union. Das hat sich halt so ergeben.“ Zunächst arbeitete er sich hoch, ließ die aktive Politik berufsbedingt dann aber ruhen.

Dafür war seine Frau Angelika in der Politik engagiert. Seit 2004 saß sie im Rat, war fünf Jahre lang Schulausschussvorsitzende, sodass der Informationsfluss über die politischen Dinge in Kevelaer für den Ortsvorsteher stets bestand. Kennengelernt hat Kobsch seine Frau 1983 zu Altweiber in Wemb, wo diese wohnte. „Da ist sie mir ins Auge gefallen – und dort geblieben“, lächelt er. Auch wenn die gelernte Verwaltungsfachangestellte in Düsseldorf arbeitet, habe beide die Großstadt nie gereizt. „Wir sind Niederrheiner und hiermit verbunden – Dorfkinder halt.“

In dem Geist zu handeln, „als wenn ich ein normaler Bürger wäre“, so habe er sein Amt verstanden. „Ich wurde viel angesprochen, zu Veranstaltungen eingeladen.“ Anfags sei es ungewohnt gewesen, seinr nicht selbst bezahlen zu müssen. „Ich hab mir an der Hauptschule einmal eine Stange Biermarken gekauft, was die Schulleiterin total irritiert hat.“

Auch als er das erste Mal am Ehrenmal stand, sei das ein neues Gefühl gewesen: „Da hat mich jeder angeguckt, weil man was von dem neuen Ortsvorsteher erwartet.“ Er schlug sich tapfer, und sogar sein alter Lehrer Winfried Janssen und Helmut Leurs „schlugen mir auf die Schulter“, erinnert er sich.

Befürchtungen, er bilde mit seiner Frau ein „Küchenkabinett“, versuchte er zu zerstreuen. Vorbehalte gab es. Bei seiner ersten Sitzung im Rat kam FDP-Fraktionschef Klaus Sadowski auf ihn zu. „Für Sie als ,neutrales‘ CDU-Mitglied haben wir mit Bauchschmerzen abgestimmt“, hörte er da. Ein halbes Jahr später meinte die gleiche Person zu ihm: „In Twisteden läuft es wieder – und das ist gut so.“

Wichtig sei ihm gewesen, „für alle Twistedener da zu sein, egal welches Parteibuch.“ Vieles sei damals eingeschlafen gewesen. „Ich hab vieles gemacht.“ Dass er in seiner Funktion den Besuch des Bundespräsidenten in Kevelaer 2017 erleben durfte, „war das Highlight“ für ihn. „Und die Bischofsweihe von Tebartz-van-Elst war damals was Besonderes.“

In den 13 Jahren gab es viele Aufreger und Ereignisse – von der Debatte um die Aufnahme von Flüchtlingen über die späteren Ereignisse um Tebartz-van-Elst. die Insolvenz des „Plantaria“, die Projekte zur Weiterentwicklung der Ortschaft, viele schöne Feiern. Und es vollzogen sich Entwicklungen, die es woanders auch gibt. „Alle Kirmesveranstaltungen hatten Schwund, weil zu viel angeboten wird. Das war früher ein Highlight, weil es nichts anderes gab. Heute sind die Menschen oft übersättigt.“

Sorgen um das Fest macht er sich angesichts von Corona. „Wenn es zwei Jahre lang keine Kirmes gibt, dann sehe ich schwarz, dass es noch einmal eine gibt. Das ist für das Gemeinschaftsverständnis vor Ort einfach wichtig.“

Worauf er im Nachhinein stolz ist? „Das erste Baugebiet Elisabethstraße, da läuft gerade jetzt der zweite Bauabschnitt.“ Da gebe es diverse Anfragen für, lässt er durchblicken, wie wichtig Neuansiedlungen für die Perspektive des Ortes sind.

„Für den Kunstrasenplatz hab‘ ich mich sehr ins Zeug gelegt“, erinnert er sich gern an die Eröffnung im Jahr 2017. Und auch die Verkehrsberuhigung der Dorfstraße habe Sinn gemacht. Wichtig sei ihm zuletzt der Anstoß für den Umbau des Dorfplatzes gewesen, der aufgrund von Corona gerade „auf Eis“ liegt. „Wann er eröffnet wird, mal sehen.“

Die Besuche bei den Menschen, die waren ihm immer ein Anliegen, und so hofft er, dass sein Nachfolger das weiterführt. „Ich bin stolz auf das, was ich dreizehn Jahre gemacht habe“, sagt er – auch und gerade als „Quereinsteiger“ in das Amt. „Vielleicht kriegt man ja eines der Ratsmitglieder dazu, das Amt wahrzunehmen.“

Seit Januar ist bekannt, dass er und seine Frau aufhören werden, da die jeweiligen Ämter auslaufen. „Da müssen auch mal andere ran.“ So wird mehr Zeit sein, sich als Fahrer im Bürgerbusverein zu engagieren, den er mit gegründet hat, sich dem Garten und seiner Frau zu widmen. Und wenn in 282 Tagen der berufliche Ruhestand beginnt, werden die Spielräume dafür noch größer sein.