Eine klassische Verwechslung

Die Aufführungen der Oberstufen-Theater-AG des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums sind mittlerweile zum festen Bestandteil des Kulturkalenders der Stadt geworden. Auch in diesem Jahr hatten sich die künstlerisch aktiven Jugendlichen mit „Der Prinz und der Bettelknabe“ von Peter Klusen, einer historischen Satire nach Motiven des gleichnamigen Mark-Twain-Romans, an einen interessanten Stoff gewagt, den sie an zwei Abenden Angehörigen, Mitschülern und interessierten Zuschauern im Bühnenhaus zeigten.
In dem Stück wird von dem Aufeinandertreffen zweier Jungen erzählt, die beide an einem Herbsttag in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in London geboren werden: Tom Canty im Elendsviertel der Stadt und Prinz Edward, der langersehnte Thronfolger, im königlichen Palast.
Rollentausch im Stück
Eines Tages lernen sich die beiden zufällig kennen, als Tom (Finn Kott) vor dem Palasttor auftaucht und ihn der Prinz (Jonas Sieben) einlässt. Sie sind sich sehr ähnlich, tauschen ihre Kleider, doch ehe der Tausch erkennbar wird, wirft die Palastwache den eigentlichen König vor die Tür.
Der erlebt das Leben im Elendsviertel mit Armut und Bettelei hautnah mit – wie die Gewaltandrohungen durch Cantys Vater John (Laura Verhoeven), denen die sorgenvolle Mutter (Jana Theiß) und die beiden Geschwister Nan und Bet (Athena Riegel und Janna Gerlitzki) kaum etwas entgegensetzen können.
Währenddessen erlebt Tom Canty als „Prinz“ in dem Palast, was es dort an Reichtum und Intrigen gibt. Der böse Lord Hertfort (brillant: Max Liebeheim) und dessen Gattin (Hannah Müller) ersticken König Heinrich VIII. (Annika Schwartges) mit einem Kissen und stiften ihre Tochter Landy Jane (Carolin Kösters) an, den Prinzen zu töten.
Die hat aber echtes Herzensinteresse an dem neuen, plötzlich liberal denkenden König – und der kann sie am Ende davon überzeugen, nicht der zu sein, der er scheint. Am Ende klärt sich die Verwechslung auf, als der neue Thronfolger zum König gekürt werden soll – die Intrige tritt zutage und das intrigante Paar landet im Kerker.

Eine Intrige gegen das Königshaus wird gesponnen.


„Wir hatten fünf, sechs Stücke als Vorauswahl und haben uns das ausgesucht“, beschrieb „König Edward“ Jonas Sieben die Entscheidung für das Stück. Das Originalskript „hat aber nicht gehalten, was es versprochen hat“, sodass die Schüler die Fassung eigenständig umgeschrieben hätten, erläutert Oliver Verheyen, einer der diesmal drei AG-Leiter. Er hatte mit Anke Heyn, die dann zwischenzeitlich die Schule verließ, und Eva Cepok die Schüler auf die Aufführung mit vorbereitet. „Das war viel Arbeit, spricht aber für die Kreativität der AG.
Und wir hatten wenig Proben, das sieht man den sehr guten schauspielerischen Leistungen aber nicht an.“ Regisseurin Clara Brezinka zeigte sich in der Pause nicht ganz zufrieden. „Gestern gab es nicht so viele Texthänger“, meinte sie. Gerade das aber machte den Charme des Unperfekten in der Aufführung aus, wo die Schüler mit dem Stilmittel relativ knackig aneinandergereihter, kurzer Szenen fast den Eindruck eines modernen Kinofilms vermittelten.
Dazu kam die optisch ansprechende Inszenierung – mit aufgehängten Lumpen und der Kargheit des Lebens vor der Bühne, dem armen Heim der Betteleltern und dem Palast als Kontrast auf der Bühne.
Getragen wurde das Stück von der Situationskomik, die aus der Konstellation eines veränderten, scheinbar „kranken“ Prinzen und eines sich auf einmal als Snob gebenden Bettelknaben entstand – wenn beispielsweise der „König“ als Bettler auf die Lobpreisungen von Marktfrauen auf den König mit: „Danke Euch, Ladies“ antwortet. Oder der „Bettelknabe“ zum Beispiel über seinen echten Vater mit den Worten „Selbst die Schweine wissen nicht, was er redet“, herzieht – obwohl er „in dem Moment“ der Sohn des Königs Heinrich ist. „Das ist eine tolle Mischung aus einem ernsten Thema, was unheimlich humoristisch verpackt ist“, lobte Lehrer Jens Auerbach die Darbietung der SchülerInnen.
Die stellvertretende Schulleiterin Dr. Astrid Czubayko-Reiß dankte nach dem letzten Vorhang dem Ensemble für sein Spiel, überreichte den beiden anwesenden Theater-AG-Pädagogen Verheyen und Cepok ein kleines flüssiges Genuss-Präsent und nahm die Idee des Stücks gleich auf.
Rollentausch an der Schule
„So einen Rollenwechsel könnten wir auch bei uns an der Schule mal machen“, gab sie einer verdutzten Schülerin das Mikrofon in die Hand und überließ ihr den Satz: „Die erste Schulstunde ist morgen frei.“ Und so konnten die Schauspieler nach der Arbeit der letzten Monate und den beiden gelungenen Aufführungen – zu Recht – etwas feiern.