Eine Frau für das Landratsamt
Als der Kreisvorsitzende Günther Bergmann das Ergebnis der Wahl bekanntgab, hielt Silke Gorißen die Hände gefaltet vor ihr Gesicht und fiel der Landtagsabgeordneten Margret Vosseler in die Arme. 409 Stimmen entfielen auf die 48-jährige selbstständige Rechtsanwältin aus Bedburg-Hau, die die CDU dort als Partei- und Fraktionsvorsitzende führt. Damit setzte sie sich bei der Abstimmung im Kevelaerer Bühnenhaus recht deutlich gegen ihren Konkurrenten Dominik Feyen aus Kleve durch. Auf den 46-jährigen verheirateten Klever entfielen am Ende 199 Stimmen.
Vor der Entscheidung hatte Gorißen sich noch als „schon ein bisschen nervös“ geoutet. „Total tiefenentspannt, das wäre auch komisch“, nahm sie dann mit ihrem Kontrahenten in der Reihe vor der Bühne Platz, bevor es in eine einstündige Präsentations- und Fragerunde mit den beiden Kandidaten ging.
Der Kreisvorsitzende Günther Bergmann hatte bei der Begrüßung die große Resonanz der Parteimitglieder als „starkes Zeichen“ für die CDU, den Kreis und den anstehenden Kommunalwahlkampf gewertet. In einer jeweils sechsminütigen Vorstellung legten dann die beiden Kandidaten ihre politischen Vorstellungen und Ziele für den Kreis Kleve dar.
Verwaltungserfahrung gegen Leidenschaft
Feyen – von Beruf schulfachlicher Dezernent bei der Düsseldorfer Bezirksregierung – hatte auf seine Fachkompetenz als Leiter verschiedener großer Behörden verwiesen, unter anderem als Schulrat für den Kreis oder eben aktuell in seiner Tätigkeit in Düsseldorf. Er hatte seine Vision für den Kreis mit der Überschrift „Kreis Kleve 2030 – auf in eine nachhaltige Zukunft“ überschrieben, alle politischen Bereiche von Wirtschaft bis Kindergartenplätze gestreift, die Bedeutung der interkommunalen Zusammenarbeit betont und „offene und zugewandte Kommunikation“ gegenüber der Politik und der lokalen Wirtschaft angekündigt. „Ich möchte nicht Bedenkenträger sein, sondern vorwärts gehen.“ Man solle „prüfen, ob Teile der Kreisverwaltung ihren festen Platz auch in Geldern finden können“, sagte Feyen, der dazu aufrief „,den amtsmüden Bürgermeister von Bedburg-Hau in den Ruhestand zu verabschieden“ – eine Spitze gegen den Landratskandidaten von SPD, FDP und Grünen, Peter Driessen.
Silke Gorißen betonte dagegen in ihrer sehr präsenten Rede ihre Fähigkeiten als Volljuristin für den Landrats-Job, und erwähnte, wie wichtig es sei, „raus zu den Bürgern“ zu gehen und zu wissen, „wie die Kommunalpoliker arbeiten und was die Bürger von uns erwarten.“ Sie betonte die guten Verbindungen und Vernetzungen zu den wichtigen CDU-Politikern in Land und Bund, nannte die Digitalisierung als wichtigen Bereich und machte klar, dass sie „die Kreisverwaltung im Team weiter entwickeln“ wolle. Gorißen machte auch deutlich, dass sie das Amt wesentlich politischer führen möchte. „Wer denkt, dass es ein „Weiter so“ wie bisher gibt, wo die Position von Landrat zu Landrat vererbt wird, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.“ Die politische Landschaft habe sich verändert, eine Kandidatur sei „alles andere als ein Selbstläufer“, da sich auch die FDP gegen die CDU positioniert habe. „Wir müssen besser werden.“
„Gegenentwurf“ zu Peter Driessen
Mit einem „offenen, zugewandten Kurs“ könne sie gegenüber den Mitbewerbern die Grundlage schaffen, „den Kreis in eine gute Zukunft“ zu führen. Sie habe als Fraktionsvorsitzende in Bedburg-Hau gelernt, „Brücken zu bauen und Mehrheiten für die CDU zu gewinnen”, positionierte sie sich als klaren „Gegenentwurf“ zu Peter Driessen. „Mit diesen Eigenschaften kann ich auch Wähler gewinnen, die nicht uns angehören“, vermittelte sie den Anwesenden auch so etwas wie Leidenschaft. „Ich brenne dafür, unseren schönen Kreis Kleve weiter zu entwickeln. Lassen Sie uns geschlossen dafür sorgen, dass der Kreis Kleve unter starker CDU-Führung in eine gute Zukunft geht.“ Als „agiler und frischer“ bezeichnete sie nach der Wahl der Kevelaerer CDU-Vorsitzende Paul Schaffers.
Auch in der persönlichen Fragerunde stellte Feyen nochmal seine Führungserfahrung und Kommunikationsfähigkeit heraus, benannte Kohl und Adenauer als politische Vorbilder und die Wendezeit von 1989 als Impuls, in der CDU mitzuwirken. Er pries den Mittelstand als wirtschaftliches „Rückgrat der Region“, unterstrich seinen Wunsch nach mehr Kindergartenplätzen und zeigte Verständnis für die Proteste der Landwirte.
Gorißen verwies auf ihre Fähigkeit, sich „in alle Akten einlesen“ zu können, ihre Erfahrung in Verantwortungspositionen von der Schülersprecherin bis zur Arbeit in den Kommunalparlamenten in den letzten 20 Jahren und dem Wissen darum, dass Politik gestalten „dicke Bretter bohren“ und auch Kompromisse schließen bedeute.
Lob für die Klever Hochschule, ein Fragezeichen in Sachen Weezer Airport
Die Kandidatin machte klar, dass es unter ihrer Ägide „keinen Kreisdirektor“ benötige. Sie hob die Errungenschaften der Hochschule Rhein-Waal hervor, die über 7000 Studenten in den Kreis gebracht und das Bild der Stadt Kleve und des Kreises verändert habe. In Sachen Zukunft des Airport Weeze hatte sie keine schlüssige Lösung parat. Man müsse an die Frage „mit Sinn und Verstand rangehen“, sagte Gorißen. Nach den Kommunalwahlen müsse man sich dann der Frage stellen: „Kann er (der Flughafen, die Red.) alleine „laufen“ oder wollen wir einen Flughafen dauerhaft unterstützen müssen – ja oder nein ?“
Bei der Beschreibung der drei wichtigsten Eigenschaften nannte Feyen „Zielstrebigkeit, „Durchhaltevermögen“ und „Kommunikationsfähigkeit“. Als Schwerpunktthemen benannte er Bildungs-, Wirtschafts- und Familienpolitik und die Position des Landrats als „Möglichkeit, viele Ideen, die ich habe, für und mit dem Kreis im Team und für die Kommunen umzusetzen.“
Gorißen nannte „Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Disziplin“ als Eigenschaften, politische Schwerpunkte waren Baurecht, Familienpolitik und Finanzen. Das Amt reize sie als „Möglichkeit, mit ganz vielen Mitstreitern, den Kommunen und Fraktionen Politik zu gestalten – und das in führender Position und nicht nur im Ehrenamt.“
Um 21:29 Uhr war dann das Ergebnis der Wahl recht eindeutig, und die Kandidatin erhielt vom Kreisvorsitzenden Bergmann einen Blumenstrauß. Die 48-Jährige bedankte sich für das „überwältigende Ergebnis. Das berührt mich sehr, freut mich unheimlich. Und sie glauben nicht, mit wie viel Energie, Angriffsgeist, Freude und Inhalt wir in diesen Wahlkampf ziehen werden.“
Gorißen rief die CDU zur Geschlossenheit auf. „Wir schaffen das gemeinsam, haben viel zu bieten, haben Profil und werden mit mir als Kandidatin überzeugen.“