Eine Frau, die gerne macht

Schon als Kind erfuhr die gebürtige Wuppertalerin Raphaele Feldbrügge so etwas wie künstlerische Förderung. „Da durfte ich auf eine Kinderkunstschule in Elberfeld“, erinnert sich die heute 60-Jährige, die mit ihrem Mann vor über 35 Jahren ein schönes Haus am Steensweg erwarb und nach und nach ausgebaut hat.
Wo die Wupper einen Bogen macht

Sie wächst mit sieben Geschwistern im idyllischen Beyenburg, einem Ortsteil von Wuppertal auf. „Da ist es so schön, da macht die Wupper sogar extra einen Bogen“, kommt ihr das Bild wieder in den Sinn. Der Vater war Bankangestellter, die Mutter Erzieherin. Beide achteten auf die Begabungen ihrer Töchter und Söhne. „Einer meiner Brüder ist sehr musikalisch und singt. Eine Schwester ist Goldschmiedin geworden, eine hat viel mit Holz gearbeitet.“ Das Umfeld, in dem sich eine künstlerische Ader entwickeln konnte, war also durchaus vorhanden. Die junge Raphaele, die sich gerne „Ela“ nennen lässt, erhielt ab und an von ihrem großen Bruder die Kamera. „Das war aber eher so spielerisch.“
Nach dem Abitur in Elberfeld wollte sie Textildesign in Krefeld studieren, landete aber in Mönchengladbach im Studiengang „Technik“ mit Schwerpunkt Gestaltung. Bei der Aufnahmeprüfung in Krefeld gab sie zwar auch künstlerische Nachweise ab. „Ich hatte aber immer das Gefühl, ich bin dafür zu ordentlich.“ Kurz zuvor hatte sie ihren Mann geheiratet. Beide gingen zusammen nach Aldekerk, ihr Mann übernahm eine Stelle als Polizist in Krefeld. Ihr Sohn wurde 1982 geboren. „Da habe ich meinen ersten Fotoapparat, eine „Petri“-Kamera, geschenkt bekommen“, erinnert sie sich.

Foto: AF


Aus dem Gleichgewicht

Kurz danach kam sie erneut ins Krankenhaus – diesmal aber nicht aus freudigem Anlass. Die Ärzte diagnostizieren Gebärmutterkrebs – mit 23 Jahren. „Das bringt einen aus dem Gleichgewicht“, bekennt Feldbrügge offen. Das halbe Jahr mit Chemo und letztendliche Entfernung der Gebärmutter hinterließen Spuren. „Danach habe ich definitiv bewusster gelebt und wusste das Leben zu schätzen.“ Das Studium war passé, der Sohn wichtiger. „Es war eine gemeinsame, bewusste Entscheidung, in erster Linie Mutter zu sein.“ Die kreative Umbauarbeit im eigenen Haus in Schravelen beförderte aber die in ihr „schlummernde“ künstlerische Ader. Mitte der 80er begann sie einen Aquarell-Malkurs in Geldern, die erste Ausstellung folgte. „Ich hab gemerkt, dass es mir was bringt und gut tut.“
Drei Jahre später stellte sie erstmals im privaten Rahmen ihre Werke aus. Noch waren die Bilder Ton in Ton und zeigten Landschaften, Türen, Blumen. „Ich erhielt von vielen Seiten die Ermunterung, auf dem künstlerischen Weg weiterzumachen.“ Und Feldbrügge machte weiter: sie begann, auf Seide zu malen und stellte unter anderem mit Kevelaerer Künstlern für die Mazedonienhilfe in der Kevelaerer Sparkasse aus. Zu der Zeit arbeitete sie auch in einer Gelderner Rahmenwerkstatt. „Das war eine Berufung für mich und ich hatte die Möglichkeit, meinen Bildern den richtigen Rahmen zu geben.“
In Sachen Malerei wurde sie abstrakter, farbiger und fantasievoller. Sie nahm an Ausstellungen teil, begann 1997, selbst Künstler zur „Kunst im Zelt“ in den eigenen Garten zu holen. „Da wurde ich dann auch computeraffin und habe angefangen, eigenständig Einladungskarten zu gestalten.“ Das nächste Kreativ-Mosaik in ihrer Künstler-Palette entstand. Nach einem Kurs bei der Künstlerin Minou Ghedina in Wetten begann sie, großformartige Acrylbilder zu machen. „Daher stammen auch die großen Mohnblumenbilder.“ Die Motive werden wieder „gegenständlicher“. Mit dem „deutsch-niederländischen Künstlerdorf“ wurde ab 2001 Neuland beschritten. „Da war wirklich kunstinteressiertes Publikum.“ Und sie wagte den Schritt in die Fotografie, als sie an den Straßenkreuzungen im Kreis die Kreuze am Straßenrand fotografierte. „Das muss mal gesammelt und in der Menge gezeigt werden“, war ihre Überzeugung. Mit ihrem Mann fuhr sie die Punkte ab, wo die Kreuze stehen. Feldbrügge zeigte die Kreuze auf Ausstellungen in Kleve, Bergisch-Gladbach, Düsseldorf und beeindruckt dabei mit Behrens und Wolff zwei NRW-Innenminister.
Eigen-artig

Ab 2007 gibt es unter dem Namen „Atelier Eigen-art“ und später im „Atelier der EIGENen ART“ wieder Ausstellungen zuhause. Die Fotografie ist heute dominanter Bestandteil ihres Wirkens. „Ich habe seit fünf Jahren nicht mehr gemalt“, bekennt die 60-Jährige. Sie macht Makroaufnahmen zum Beispiel von Wasser- und Tautropfen. „Die Fähigkeit, auch kleine Dinge wahrzunehmen“, will sie damit schärfen. „Was die Natur uns bietet, das ist so viel.“ Und sie ist im IMAGO-Kunstforum aktiv, organisiert zusammen mit Anne von Rennings die mit dem Marketingpreis der Stadt Kevelaer 2018 ausgezeichnete „Landpartie“. Das Vorbild stammt aus dem Wendland, wo ihr Sohn nach 4 Jahren Wanderschaft als Tischler „hängengeblieben“ ist. Als beide gemeinsam unterwegs waren und abends am Lagerfeuer saßen, stand für sie fest: „Es gibt bei uns so viele Künstler. Das müssen wir in Kevelaer machen.“ Damit hat sich für beide ein Traum erfüllt. „Und wenn ich sehe, was wir für ein tolles Netzwerk geschaffen haben, freue ich mich. Dieses Jahr gibt es 20 Ausstellungsorte – und es werden immer mehr.“
Wirksam

Damit ist Feldbrügges Lust am Tun noch lange nicht ausgefüllt. „Jetzt wollen wir über den Verein wirKsam e.V. noch mehr bewegen.“ Trotz der vielen Aufgaben achtet Feldbrügge auf das innere Gleichgewicht – denn es soll die Ruhe und Zeit für das Eheleben und die drei Enkelkinder bleiben.