Eine erfrischende Verleihung
Drei Preisträger, eine besondere Musikshow, nette Plaudereien auf der Bühne und eine spannende Preisträger-Auswahl kennzeichneten die 32. Ausgabe des Kevelaerer Marketingpreises. Gleich zu Beginn konnte man wahrnehmen, dass die vom Team der Wirtschaftsförderung organisierte Verleihung frischer und unkonventioneller rüberkam.
Denn die „Kevelaer All Star“-Band um das Gitarrenmusik-Ehepaar Markus und Michaela Birkhoff bot mit Sohn Hendrik am Keyboard, Paul Ogundare (Klavier), Felix Helpenstein (Bass) Hans-Gerd van den Wyenbergh (Schlagzeug) und den Sängern Kerstin Sowislo, Ciara Ehren, Lena Hanenberg, Karl Timmermann und Gerrit Quade mit „Still got the blues“ und Gitarren-Solist Levin Ripkens gleich ein rockiges Ausrufezeichen. Später zeigten sie unter anderem mit „Sunshine of your love“ von Eric Clapton oder auch mit dem zum Abend passenden „We are the Champions“ von Queen ihre Qualitäten.
Den nächsten Akzent setzte Bürgermeister Dominik Pichler in seiner Begrüßungsrede, in deren Mittelpunkt er wieder seinen ganz persönlichen Rückblick auf die ihn bewegenden Ereignisse stellte. Dabei erinnerte er an die Jubiläen zweier bedeutender Bücher – das des Grundgesetzes und das Buch der „Pippi Langstrumpf“ von Astrid Lindgren über das „kleine Mädchen aus Schweden, das stark, verwegen, ungehemmt, rebellisch und unbeeindruckt von Autoritäten ist“ und mit ihrer „unkonventionellen Art schier unglaubliche Dinge“ vollbringe.
Hass auf der Facebook-Timeline
Von da schlug er den Bogen zu ihrer „Wiedergängerin“ Greta Thunberg, die mit Durchhaltevermögen und trotz massiver Anfeindungen ihren Weg verfolgt. Anhand ihres Beispiels beschrieb er den „Umgang miteinander“ und die „heutige Streitkultur in und außerhalb der sozialen Medien“ der heutigen Zeit – über Autoaufkleber mit „FCK Greta“, unverhohlenem Hass auf der persönlichen Facebook-Timeline, „unterkomplexen“ Vorwürfen, sich selbst nicht klimaneutral zu verhalten inklusive des „perfiden Versuchs, Greta Thunberg persönlich zu diskreditieren“ mit ihrer Krankheit.
Dabei habe dieses kleine Mädchen „die größten Jugendproteste der letzten Jahrzehnte“ ausgelöst, den Mächtigen der Welt mit ihrem „sicherlich zugespitzten ‚how dare you‘“ die Stirn geboten. Ihr Satz „ihr habt meine Kindheit gestohlen“ sei aus dem Zusammenhang gerissen und sinnentstellt wiedergegeben worden. „So funktioniert heutzutage Meinungsmache und Manipulation.“ Und warum sich „ein Reicher nicht für einen Armen einsetzen dürfe oder ein Gesunder für einen Kranken, weil er nicht in dieser Situation ist“, sei für ihn nicht nachvollziehbar. „Sachlichkeit und Toleranz stehen uns allen gut zu Gesicht. Nicht nur im Umgang mit kleinen schwedischen Mädchen, die uns die Gretchenfrage stellen.“
Später wurde er von dem sehr plauderigen Moderator Christoph Kepser nochmal fragetechnisch „in die Mangel genommen“, was aktuelle Vor-Ort-Projekte wie die Innenstadt oder die OW 1 anbetrifft. Er lobte die „Spätschicht“ auf der Busmannstraße als „sehr gute Aktion“ und blickte auf die Veränderungen am Kapellenplatz und Johannes-Stalenus-Platz. „Da bin ich raus“, machte Pichler in Sachen OW 1 klar, dass die aktuelle „vorläufige Vollziehbarkeit“ nicht direkt schon den ersten Baubagger bedeute, weil man dagegen Rechtsschutz beantragen könne.
Im Anschluss an die Begrüßung reichte Pichler den „Staffelstab“ des Redners an den Gast des Abends, den langjährigen Vatikan-Korrespondenten Andreas Englisch weiter. Der gab einen kleinen Einblick in sein umfangreiches Wissen über die besonderen Details und Ereignisse rund um die Päpste und den Vatikan. Er berichtete mit Blick auf den Papst-Besuch 1987 von Johannes Paul II. in Kevelaer von der Vereitelung eines von den Russen angeordneten Mordversuchs auf den Pontifex, von dem Koffer mit dem Ghettoblaster und dem Stones-Stück „Sympathy for the devil“, den dieser mit sich führte, um in Zeiten des Ost-West-Konflikts geheime Gespräche führen zu können.
Der Fahrstuhlfahrer mit auf Auslandsreise
Englisch erzählte von dessen „Lieblingskomponisten Bach“, der bis 1945 als Protestant in der Kirche nicht gespielt werden durfte. Geradezu begeistert klangen seine Ausführungen von dem aktuellen Papst Franziskus, der schlagfertig auf „Heiliger Vater“ mit „Heiliger Sohn“ antworte und sich zur Regel gemacht habe, einen einfachen Menschen wie seinen Fahrstuhlfahrer oder seine Wäschefrau mit auf die Auslandsreisen zu nehmen.
Mit einem Schuss Selbstironie verkleidete Englisch die Geschichte von seinem Badeausflug an der Copacabana in den 80er-Jahren als Mitglied der Papst-Delegation. Er beschrieb die „Standparty“ des Gottesdienstes mit Franziskus – und seinen persönlichen „Bekehrungsmoment“ zum katholischen Glauben, als 50 Fotografen angesichts des Anblicks der Parkinsonschen Krankheit des Papstes die Apparate sinken ließen. „Es gibt Wunder“, meinte er.
Besondere Imagefilme
Danach standen die Preisträger im Mittelpunkt, deren Arbeit ausführlich in einem jeweiligen Imagefilm auf die Leinwand gebracht wurde. Den Anfang machten da die Ausbilder der Schulmensa des S.O.S. Kinderdorfes, die den Marketingpreis in der Kategorie „Integration und Inklusion“ erhielten.
Im Anschluss daran erhielten die Gebrüder Heckens aus den Händen von Pichler die Medaille für ihre Bemühungen um eine arbeitnehmerfreundliche Atmosphäre in ihrem Betrieb auf der Hauptstraße, die im Verlauf der Jahre 58 Auszubildende hervorgebracht haben. Die Kategorie dazu nannte sich „Arbeitgeber-Marketing“. Die „Bürgerwind Kevelaer GmbH & Co. KG“ räumte den Preis in der Kategorie „Klima und Umweltschutz“ ab, wobei die Tatsache, dass man nach 34 Millionen Euro Invest schon die Hälfte des gesamten Kevelaerer Stroms abdeckt, für ein Raunen im Publikum sorgte.
Den Sonderpreis 2019 erhielt erstmals ein Sportverein: der „einzige deutsche Meister im Kreis“ (Pichler), die Schießsportgemeinschaft (SSG) Kevelaer, betrat mit der ersten Mannschaft und Lambert Janshen die Bühne, um den Preis entgegenzunehmen. Der erste Vorsitzende und „Vater“ des Erfolges, Rudi Joosten, konnte angesichts seines gesundheitlichen Zustandes nicht kommen, wurde aber von Pichler und den Interviewpartnern selbstverständlich gewürdigt.
Nach zweieinhalb Stunden begann dann die von Pichler angekündigte „dritte Halbzeit“, in der die Ausgezeichneten, die Musiker und alle Gäste an die Theke der Diebels-Brauerei strömten, um bei einem leckeren Gläschen das Jahr und die kurzweilige Veranstaltung selbst nochmal Revue passieren zu lassen.
Eine Bildergalerie zum diesjährigen Marketing-Preis finden Sie hier.