Einblicke in eine Schlossgeschichte

Viele Autos und zahlreiche Räder säumten die Park- und Rasenfläche vor dem Schlossgelände. Bei strahlendem Sonnenschein waren Theo und Sandra Kamps mit dem Rad aus Kleve „die paar Meter“ rübergekommen, um sich nach Jahren mal wieder umzusehen und sich „überraschen zu lassen“ .
Auf der Schlossmauer begrüßte ein entspannter Schlossherr Raphael Freiherr von Loe die Besucher. Hoch oben startete er den Abriss der Historie des jahrhundertealten Schlosses. Später führte er die Besucher in den großen Saal, an dessen Eingang ein Geburtstagsfeier-Bild mit 111 Nachfahren des Großvaters von Loe zu sehen ist. „Jede Generation hat sich jeweils dem Stil der Zeit und den Notwendigkeiten angepasst“, erinnerte er sich daran, wie er selbst im Jahr 1973 mit 15 Jahren dort einzog. Der Kevelaerer Jan Subicki hörte gerne zu: „Man merkt halt die Erfahrung, das auch mit schönen Geschichten zu erzählen.“
Auf der Terrasse gönnten sich Sascha und Nadine Tschache Waffeln, gebacken von der Krankenbruderschaft Rhein-Maas, die erneut als Veranstalter fungierten, um die Erlöse des Tages für die kommende Krankenwallfahrt 2018 nach Lourdes zu verwenden. Während die 41-jährige Kevelaererin die Natur und das Schloss „einfach nur toll“ fand, hat ihr Mann einen anderen Bezug zum Schloss. Er führte früher in dem ausgetrocknetem Teich unter der Brücke Renovierungsarbeiten aus. Er erinnerte sich gut daran, dass das Ganze gar nicht so einfach war. Den ergänzenden Input bot Führer Paul Hage. Er berichtete anhand von Bildern ausführlich über die Renovierungen der letzten Jahre. Sie wurden unter anderem an der auf Stelen stehenden Kapelle, am Mauerwerk der Vorburg, an der 80 Meter hohen Nordwand und am Torhaus durchgeführt.
„Biste vorne fertig, kannste hinten wieder anfangen“, zeigte sich der Lübecker Martin Beckwerwerth bei seinem ersten Wissen-Besuch von dem Aufwand für den Erhalt des Schlosses beeindruckt. „Das wäre auch fatal, wenn es verfällt.“ Ähnlich sahen das die Walbecker Bernd und Antonie Croonenbrock. „Das hier ist ein Stück Heimat.“
Im Innenhof boten Privatleute und Händler ihren Schmuck, Marmeladen, handbemaltes Porzellan und Kunsthandwerk an. „Gutes Wetter, tolle Stimmung, super verkauft“, bilanzierte Eva Ophey, die Gegenstände aus Haushaltsauflö­sun­gen an den Mann gebracht hatte. Auf der Schlosswiese versammelten sich dagegen die Kinder zum Ponyreiten, ließen sich das Gesicht anmalen oder fuhren eine Runde mit dem Boot.
Einen eigenen Zugang zu dem Gelände bot Bertrand von Löe. Im Rahmen eines Kurzvortrags und einer dreiviertelstündigen Fußtour bis zur früheren Orangerie klärte der heute in Luxemburg lebende Bruder des Schlossherrn über die besonderen, bis zu 200 Jahre alten Baumarten auf. Dazu zählten eine hochgiftige Taxushecke, eine von den Allierten im zweiten Weltkrieg „durchgeschossene“ Lindenallee, alte Platanen und Trompetenbäume sowie einer der größten deutschen Walnussbäume. „Der trug jahrzehntelang keine Früchte, dann kam ein Kind und wollte sammeln. Der Hausherrr sagte: pro Nuss ein Euro“, sorgte von Loe mit zahlreichen Anekdoten für anregende Unterhaltung. Dank mehrerer Kinder wären 1.200 Nüsse in einer Dreiviertelstunde herunter gekommen.
Die Kids durften danach im Verlies einen Einblick in die beengten Verhältnisse der Gefangenen nehmen. Überrascht wurden die Kinder dann, als nach dem Öffnen der Luke aus dem Dunkel zwei „echte“ junge Gefangene in Lumpen herauskletterten und schreiend flüchteten. „Einfach cool“ , fand der 14-jährige Simon seinen Tag aus Kirche, Kuchen, Bootstour und Verlies absolut gelungen.
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