Ein würdiger Abschied

Als Elmar Lehnen auf den Altarstufen an die Kanzel ging, um das Publikum zu begrüßen, geriet er ins Schwärmen. „Es ist eine Freude, ihn spielen zu sehen und zu hören. Ich habe selten einen Musiker mit so viel Leidenschaft und Begeisterung für das Instrument Orgel gesehen“, meinte er mit Blick auf Marco Heise, der neben ihm stand. 

Es sei ihm eine „Herzensangelegenheit“ gewesen, dieses Konzert zu Ehren von Mariä Himmelfahrt nicht allein zu bestreiten und dem jungen Mann, der ihn ein halbes Jahr vertreten hatte, die Gelegenheit zum Spiel zu geben. „In dem halben Jahr lernt man so viel im Dienst. Und er hat ein halbes Jahr lang hier nur gegessen, getrunken, gespielt und geschlafen.“

Ein persönliches Konzept

Selbst wünschte der 20-jährige gebürtige Hesse den Zuhörern in dem gut gefüllten Gotteshaus „viel Freude“ für die kommende Stunde und stellte persönlich sein Konzept vor, in dem er früheren Basilikaorganisten an diesem Nachmittag mit ihren Arbeiten die Ehre geben wolle.

Danach ging es für die beiden Musiker ans Instrument – den Anfang machte der etablierte Maestro Lehnen. Er hatte sich für Johann Sebastian Bach als Komponist entschieden und bot zunächst die „Sínfonia“ aus der Kantate BMV 29 in der Transkription von Alexandre Guilmant.

Eine melodiöse Illusion

Danach machte er sich an Bachs „Triosonate C-Dur“- und tatsächlich gelang es dem Basilika-Organisten, mit seinem flinken, leicht anmutenden und zugleich differenzierten Anschlag die melodiöse Illusion zu erzeugen, „als stünden tatsächlich drei Musiker im Raum und würden musizieren.“ Diese Impression hatte er zuvor angekündigt.

Im Anschluss daran spielte Lehnen eine „Fantasie über den Introitus des Hochfestes Maria Aufnahme in den Himmel“, die in ihrem improvisatorischen Stil fast dem Charakter einer eigenständigen, fast modern anmutenden Filmmusik nahekam. Mit unfassbarer Dynamik und mit Feuer beendete er ein bewegendes Stück Musik.

Nach so einer hohen Messlatte durfte Marco Heise an der Seifert-Orgel sein Können unter Beweis stellen. Zum Einstieg wählte er Gustav Buschs „Passacaglia in f“, ein durchaus eigenständig-dichtes, noch etwas zurückgenommenes Werk, das er am Ende hymnisch „groß“ werden ließ.

Ein großes Talent

Auch Max Regers „Moto Ostinato“ aus dem Op. 69, Nr. 3 wirkte schon etwas komplexer, kontrastreicher, ebenfalls mit einer fast „filmischen“ Klangsprache. Düster, temporeich, dabei flacher im Anschlag als Lehnen interpretierte er die „Toccata B-Moll“ aus dem Opus 53 von Louis Vierne. 

Getragen, aber im Ausdruck noch nicht so stark gerieten dann die beiden Böse-Choralbearbeitungen „Nos autem Gloriari“ und „Viri Galilaei“ über Introitusgesänge aus den thematischen Choralvorspielen.

Wolfgang Seifens „Introduktion“ geriet sehr moll-lastig, der „Choral“ getragen mit versöhnlichem Ende und die „Toccata“ mit klug eingesetztem Stakkato mit spannenden Klangspektren und großer Macht. Höhepunkt des Konzerts wurde aber sein eigenes Finale über „Salve Regina“, bei dem er förmlich eine schäumende Brandung an Klangwellen durch das Kirchenschiff jagte – schnell, flirrend, virtuos, mit großem Feuer und Verve.

Ergriffene Zuhörer

Das Publikum, ergriffen von der Darbietung, quittierte das Ende mit minutenlangem Applaus. Einige gratulierten ihm nach dem Konzert spontan, eine Dame meinte: „Das kommt ja an Lehnen und an Seifen dran.“

Lehnen lobte sein „brilliantes Gehör, seine Aufassungsgabe, seine guten Ideen und seine Selbstdisziplin.“ Und Heise drückte aus, was er aus seiner Kevelaerer Zeit für sein Orgelstudium in Berlin mitnehmen wird: „Die Gelegenheit, diese Orgel zu spielen – und die Bekanntschaft vieler netter Leute.“