Ein Wohnkonzept für Jung und Alt

Kevelaer. „Ein bisschen verrückt“ nennt Gottfried Mülders seine Idee. Dabei wären „kreativ“ oder das viel zu oft missbrauchte Wort „innovativ“ sicher die treffenderen Beschreibungen für das, was sich der 64-jährige Kevelaerer überlegt hat: Ein Wohnkonzept, von dem junge Familien, Senioren und die Kommune profitieren können. Erprobt werden soll es in Kevelaer – wenn sich dafür Interessenten und Investoren finden.
Der Grundgedanke ist schnell skizziert. Junge Familien können sich oft kein Eigenheim leisten, besäßen aber gerne eines, um ihren Kindern Platz zu bieten, einen Garten zu haben und privat fürs Alter vorzusorgen. Ältere Leute, deren Kinder aus dem Haus sind, leben oft in Immobilien, die ihnen jetzt eigentlich zu groß sind. „Das geht mir und meiner Frau genauso“, schildert Mülders, „wir haben vier Kinder und leben jetzt zu zweit auf 200 Quadratmetern.“ Hinzu kommt bei vielen Häusern, dass sie eigentlich mal wieder modernisiert oder saniert werden müssten – Aufwand und Kosten, die gerade im Alter abschrecken. Nicht zuletzt dient das Haus als Kapitalpolster für den Fall einer späteren, teuren Pflegebedürftigkeit.
Hier setzt Mülders‘ Idee an: Die „Alten“ verkaufen ihr Haus an die „Jungen“ – aber zum halben Verkehrswert. Die Jungen verpflichten sich im Gegenzug, das Haus zu modernisieren und für 25 Jahre nicht zu veräußern. Die Alten erhalten dafür zum halben Preis ein lebenslanges Wohnrecht in einer attraktiven Seniorenwohnanlage. Der Preis sinkt dabei mit zunehmenden Einzugsalter.
Die Vorteile für Jung und Alt liegen dabei auf der Hand. Aber weshalb sollte ein Investor für das Projekt eine Seniorenwohnanlage bauen und betreiben? Große Renditen seien hier nicht zu erwarten, betont auch Mülders. Aber in Zeiten von Negativzinsen gebe es genügend vermögende Menschen, die eine sichere Möglichkeit suchen, ihr Geld zu investieren. „Ich habe schon mit Leuten gesprochen, die Interesse hätten, sich an der Investition zu beteiligen“, verrät Mülders. Rund fünf Millionen kalkuliert der ehemalige Verwaltungschef von St. Marien für eine Anlage mit 15 Wohneinheiten. Für ihn selbst komme eine Beteiligung finanziell nicht in Frage, versichert Mülders auf Nachfrage.
Infoabend am 20. Februar
Warum aber beschäftigt er sich dann damit? „Ich bin einfach ein Bürger Kevelaers, der sich Gedanken gemacht hat.“ Denn auch die Stadt würde von diesem Modell profitieren: Es müssten weniger Neubaugebiete am Rand der Stadt geschaffen werden, weil die jungen Familien in Bestandsimmobilien in vorhandenen Wohnlagen einziehen könnten. Große Wohnungen und Neubaugebiete sind zudem Mangelware in Kevelaer; viele junge Familien müssen derzeit eine Heimat außerhalb Kevelaers suchen.
Es würde auch nicht neuer Wohnraum geschaffen, der angesichts der demografischen Entwicklung schon in wenigen Jahrzehnten nicht mehr benötigt werden könnte. Sanierungsbedürftige Altbauten würden modernisiert und das Stadtbild verbessert. Nicht zuletzt könnte rund um die Seniorenwohnanlage neue Infrastruktur entstehen, beispielsweise eine Bürgerbushaltestelle, von der auch andere Bürger profitieren. Nicht zuletzt diese Argumente dürften es gewesen sein, die Mülders auch die Unterstützung von Bürgermeister Dominik Pichler gesichert haben. Sogar zu möglichen, zentrumsnahen Baugrundstücken für die Wohnanlage gibt es Ideen.
„Ich hatte vor zwei, drei Jahren schon mal eine verrückte Idee“, sagt Mülders: „Jeder Laterne eine Steckdose“. Kevelaer sollte die erste komplett auf Elektromobilität eingestellte Stadt in Deutschland werden. „Damals habe ich das nicht weiter verfolgt – und jetzt macht Aachen genau das.“ Seine neue Idee verfolgt er daher nun mit Nachdruck.
Wer neugierig geworden ist und weitere Details erfahren möchte, kann das bei der ersten öffentlichen Präsentation durch Gottfried Mülders am Dienstag, 20. Februar, ab 20 Uhr im Forum der Öffentlichen Begegungsstätte tun.